Die Eurozone steuert auf eine Deflation zu. Auf gerade 0,3 Prozent ist die durchschnittliche Inflationsrate gefallen. Besonders betroffen sind die europäischen Krisenländer. Jetzt muss Europa mit öffentlichen Investitionen gegegensteuern, Sparpolitik und Lohndrückerei beenden.
Die Inflationsrate in der Eurozone sinkt weiter. Im November stiegen die Preise nur noch um 0,3 Prozent. die Deflation rückt trotzdem näher, obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldschleusen weit geöffnet hat und der Euro gegenüber dem US-Dollar abgewertet hat. Bislang ist die Zentralbank erfolglos, Preise in Richtung Zielinflationsrate, die bei knapp unter zwei Prozent liegt, zu bewegen. Auch die Kerninflationsrate, bei der die Preisentwicklung von Energie und Lebensmitteln herausgerechnet wird, liegt mit 0,7 Prozent weit unter dem Zielwert. Und selbst die langfristigen Inflationserwartungen sinken.
Diese Entwicklung ist insbesondere in einer Krisensituation gefährlich, denn in Erwartung sinkender Preise werden Kauf- und Investitionsentscheidungen in eine ungewisse Zukunft aufgeschoben. Folge: Der ohnehin geschrumpfte europäische Markt wird noch kleiner. Gewinnaussichten schwinden und damit die Hoffnung auf neue Investitionen. Das Risiko einer „Deflationsspirale“ wird immer größer, die Konjunktur flaut ab, was die Preissteigerung weiter bremst.
Grafik: DGB/Zahlen: EZB
Besonders stark sind die Inflationsraten in den europäischen Krisenländern gefallen: Länder wie Portugal, Griechenland und Spanien wurden in der Krise genötigt, einen harten öffentlichen Kürzungskurs einzuschlagen und Druck auf die Lohnentwicklung auszuüben. In der Folge sank die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen in diesen Ländern, die Volkswirtschaften fielen in eine Rezession. An Preissteigerungen ist in einem solchen Umfeld nicht zu denken. Unternehmen, die ihre Produkte absetzen wollen, müssen Preise eher senken.
Aber selbst in Deutschland, wo die Konjunktur in den vergangenen Jahren verhältnismäßig stabil war, entfernte sich die Inflationsrate weiter vom Zielwert der EZB. Das zeigt, dass sich Deutschland nicht von der Entwicklung in der Eurozone abkoppeln kann. Denn der Konjunktureinbruch in Europa konnte nur begrenzt durch Exporte nach Übersee oder in die Schwellenländen ersetzt werden.
In der gesamten Eurozone ist ein Kern des Problems der Mangel an Investitionen. Gemessen an Wirtschaftsleistung investiert Europa zu wenig. Während Investitionen seit 2010 in den meisten OECD-Staaten steigen, sinken sie in Europa. Aufgrund allgemeiner Unsicherheit und mangelnder Nachfrage werden günstige Kreditbedingungen nicht genutzt, Investitionen in der Realwirtschaft zu tätigen. Die Regierungen beschneiden sich selbst in ihren Möglichkeiten, indem sie trotz Niedrigzinsen Haushaltskonsolidierung über alles stellen und strenge Schuldenregeln erlassen. Von aktiver Fiskalpolitik keine Spur.
Deshalb ist es zwar gut, wenn Europa und Kommissionspräsident Juncker Investitionen auf ihre Fahne schreiben und neue Vorschläge ankündigen. Doch um die Deflationsgefahren in Europa zu bannen, braucht Europa endlich eine ambitionierte öffentliche Investitionsoffensive und eine sofortige Umkehr bei der EU-weiten Austerität und Lohndrückerei.
DGB/EZB/Eurostat