Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD beim Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit eine "Zumutbarkeitsgrenze" vereinbart. In Betrieben bis 200 Beschäftigten soll dieses Recht nicht für alle gelten. "Eine junge Mutter, die ihre Arbeitszeit vorübergehend verkürzen möchte – eine Zumutung?", fragt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach in der Frankfurter Rundschau. Und fordert: "Ein Recht auf befristete Teilzeit mit Rückkehrrecht brauchen alle."
DGB/Simone M. Neumann
Annelie Buntenbach ist Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes. Sie schreibt regelmäßig als Autorin für die Kolumne Gastwirtschaft der Frankfurter Rundschau.
Die Passage zum Rückkehrrecht von Teil- in Vollzeit gereicht dem Koalitionsvertrag wirklich nicht zur Ehre, wörtlich zitiert heißt es da: „Für Unternehmensgrößen von 46 bis 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt, dass lediglich einem pro angefangenen 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Anspruch gewährt werden muss. Bei der Berechnung der zumutbaren Zahlen an Freistellungen werden die ersten 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitgezählt. Bei Überschreitung dieser Grenze kann der Arbeitgeber einen Antrag ablehnen.“
Alles klar? Eine junge Mutter, die ihre Arbeitszeit vorübergehend verkürzen möchte – eine Zumutung? Meint ja wohl: für den Arbeitgeber. Und wer hat sich diese unverständliche Zählweise ausgedacht? Schon in der letzten Legislaturperiode standen die Arbeitgeber auf der Bremse um ein Gesetz zu verhindern, das es ermöglicht und absichert, die Arbeitszeit vorübergehend zu verringern. Nun also ein neuer Anlauf, aber mit großen Stolpersteinen: Wer in einem Betrieb mit bis zu 45 Mitarbeitern arbeitet, bleibt ausgenommen - hat also Pech gehabt. Bei 46 bis 200 Mitarbeitern ist man zwar eine Zumutung für den Chef, kann es aber schaffen. Bei mehr als 200 Mitarbeitern hat man das große Los gezogen: Man darf tatsächlich auf Zeit kürzer arbeiten – wenn nicht betriebliche Gründe dagegen sprechen.
Flexibilität ist immer die Flexibilität der anderen, möchte man den Arbeitgebern zurufen. Sie wollen das Arbeitszeitgesetz durchlöchern, um ihre Flexibilität zu vergrößern, sprich: Arbeitnehmer sollen länger arbeiten und weniger Freizeit haben. Aber wenn eben jene Arbeitnehmer Freizeit und Beruf flexibler gestalten wollen, heißt es: Bloß nicht, Personalplanung macht Arbeit!
37 Prozent der Frauen und 32 Prozent der Männer, die Vollzeit arbeiten, aber Teilzeitwünsche hegen, sind in Betrieben unter 50 Mitarbeitern tätig. Sie blieben also außen vor, wenn das Gesetz so umgesetzt wird. Der Gesetzgeber sollte aber allen Beschäftigten gerecht werden und sie nicht in Pechvögel, Problembären und Glückspilze sortieren. Ein Recht auf befristete Teilzeit mit Rückkehrrecht brauchen alle - ohne Ausnahmen und Quoten für kleine und mittlere Betriebe.
von Annelie Buntenbach