DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach erklärt, wie Werkverträge missbraucht werden und was die Politik jetzt tun muss. "Der Gesetzgeber ist gefragt, einzugreifen", so Buntenbach.
DGB/Simone M. Neumann
Annelie Buntenbach, Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstands:
"Der freie Markt braucht soziale Regulierung, damit sowohl Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer Nutzen aus ihm ziehen. Die Idee, den freien Wettbewerb mit wirkungsvollen Leitplanken zu versehen, die den Verkehr an Arbeit und Gütern regulieren, hat sich seit Beginn der Bundesrepublik Deutschland bewährt. Bei Werkverträgen fehlen bis heute eindeutige Leitplanken. Das führte in den vergangenen Jahren dazu, dass sich ihre Zahl vergrößert, weil sie vermehrt dazu eingesetzt werden, um Löhne massiv zu drücken, die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schwächen oder Mitbestimmungsrechte von Interessenvertretungen zu umgehen.
Werden aber Werkverträge missbraucht, können die WerkvertragsnehmerInnen nicht mehr über die Art bestimmen, wie sie den Auftrag erfüllen. Sie sind vielmehr voll und ganz in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingebunden, das den Auftrag erteilt hat. Und denjenigen, die bei einem Werkvertragsunternehmen beschäftigt sind, fehlen oft Tarifverträge und Interessenvertretungen. Der Gesetzgeber ist gefragt, einzugreifen.
Auch nimmt der Trend zu, dass Unternehmen ihre Tätigkeit immer weiter aufteilen, zahlreiche Unterfirmen gründen oder per Werkvertrag beauftragen, die sie dann gegeneinander ins Rennen schicken, um Kosten zu senken. Besonders am Ende dieser Subunternehmerketten werden Beschäftigte häufig extrem ausgebeutet. Der DGB will erreichen, dass Werkverträge nur dort eingesetzt werden, wo sie sinnvoll und notwendig sind, um Produkte oder Dienstleistungen einzukaufen, die mit eigenen Beschäftigten nicht erstellt werden können. Dafür muss der Gesetzgeber klare Regeln erlassen.
Die Große Koalition hat im Koalitionsvertrag vereinbart, dieses Problem anzugehen und rechtswidrige Vertragskonstruktionen zulasten von Beschäftigten zu verhindern. Die Prüftätigkeiten sollen ausgeweitet werden und die Unterrichtungs- und Mitbestimmungsrechte der Betriebs- und Personalräte verbessert werden. Eine solche gesetzliche Regelung fordern wir mit Nachdruck ein.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund dokumentiert in einer Broschüre eine Reihe von Fällen, die zeigen, wie dringend der Gesetzgeber handeln muss, damit in Zukunft Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr in unsichere, befristete und oft massiv unterbezahlte Arbeitsverhältnisse ohne ausreichenden arbeitsrechtlichen Schutz und Mitbestimmungsrechte abgedrängt werden können. Dazu hat der Deutsche Gewerkschaftsbund konkrete Lösungsvorschläge entwickelt. Sie sind ein gangbarer Weg, um missbräuchliche Konstruktionen von Werkverträgen endlich zu unterbinden."