Deutschlands Führungskräfte wünschen sich weniger Hierarchie und mehr Beteiligung der Beschäftigten im Betrieb. Das zeigt eine Studie der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA). "Wer Mitbestimmung zum Teil der Unternehmenskultur macht, hat die DGB-Gewerkschaften auf seiner Seite", erklärt der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann – und fordert mehr Schutz von Betriebsräten, besonders in Kleinunternehmen.
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Die meisten Führungskräfte in Deutschland lehnen die klassische "Linienhierarchie" von oben nach unten klar ab und sehen sie gar als Gegenteil guter Führungskultur. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der INQA-Studie "Führungskultur im Wandel".
Die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt lassen sich aus Sicht der befragten Führungskräfte nur bewältigen, wenn Betriebe die "kollektive Intelligenz" ihrer Belegschaft nutzen, um so "kreative Impulse" zu setzen und eine "höhere Innovationskraft" zu erreichen.
Die Führungskräfte selbst sehen deutlichen Bedarf für einen Wandel der Führungskultur in Deutschland. "Die Bereitschaft, sich auf einen gemeinsamen Entwicklungsweg einzulassen, ist groß", erklärt Prof. Dr. Peter Kruse, einer der Autoren der Studie. Noch fehle es aber an einem klaren Zukunftsmodell. Die Studie zeige, "dass die Chancen für einen intensiven gemeinsamen Diskursprozess zur Neudefinition von 'guter Führung' groß sind."
"Die Studie zeigt: Führung ist erfolgreich und sinnstiftend auch für Manager, wenn Mitbestimmung gelebt wird. Und dieser Führungsstil ist zukunftsweisend für den Standort Deutschland", sagte dazu der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. Gute Führungskultur und mitbestimmte Arbeit dürften aber nicht von der Betriebsgröße abhängen, forderte Hoffmann: "Was in großen Unternehmen und in weiten Teilen des Mittelstands etabliert ist, muss endlich auch in kleinen Betrieben selbstverständlich werden. Besonders in kleinen und mittleren Betrieben werden Beschäftigte oft gesetzeswidrig daran gehindert, Betriebsräte zu gründen", so Hoffmann. Der DGB fordere deshalb im Betriebsverfassungsgesetz einen Kündigungsschutz für Kleinbetriebe schon vor der Betriebsratswahl: Haben sich drei Beschäftigte gefunden und zur Wahlversammlung eingeladen, müssen sie ab diesem Zeitpunkt einen Kündigungsschutz wie Wahlvorstandsmitglieder nach dem Betriebsverfassungsgesetz erhalten – das hat der DGB-Bundeskongress im Mai 2014 gefordert.
"Die Ergebnisse zeigen unmissverständlich, dass die Führungskultur in Deutschland bereits auf dem besten Wege zu einem Paradigmenwechsel ist", sagt Prof. Dr. Peter Kruse, einer der Autoren der Studie "Führungskultur im Wandel", für die rund 400 Führungskräfte interviewt wurden. Die Studie ist Teil des "Forum gute Führung" der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA). Die Initiative wurde vom Bundesarbeitsministerium ins Leben gerufen, Partner ist unter anderem der DGB.
"Beteiligung und Mitbestimmung der Beschäftigten tragen wesentlich zum Erfolg eines Betriebes bei", erklärte Hoffmann. Unternehmen seien heute mehr denn je auf das Know-how ihrer Belegschaften angewiesen. Nur wer das Wissen und die Kreativität seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutze, könne langfristig wirtschaftlich erfolgreich bleiben. "Betriebsräte haben in vielen Branchen mit innovativen Betriebsvereinbarungen dafür gesorgt, dass Unternehmen nachhaltig und erfolgreich wirtschaften, und damit Arbeitsplätze schaffen und sichern. Das nutzt Beschäftigten und Unternehmen gleichermaßen. Wer Mitbestimmung zum Teil der Unternehmenskultur macht, hat die DGB-Gewerkschaften auf seiner Seite", so Hoffmann "Genau deshalb ist das Betriebsverfassungsgesetz, über das die Beschäftigten im Betrieb mitbestimmen können, ein Standortvorteil für Deutschland."
Die INQA-Studie zeigt außerdem, dass die befragten Führungskräfte viele Aspekte betrieblicher Mitbestimmung und Guter Arbeit als Teil einer "guten Führungskultur" sehen.
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