Die Globalisierung in ihrer jetzigen Form produziert Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten – die Lasten und Unsicherheiten tragen die ArbeitnehmerInnen, während große Unternehmen die Vorteile für sich nutzen. Die Gewerkschaften machen im Vorfeld des G20-Gipfels auf internationaler und europäischer Ebene Lösungsvorschläge für eine fairere Wirtschaftspolitik.
DGB/Simone M. Neumann
Unsichere Arbeitsverträge, Lohndumping und Werksschließungen – das ist, was viele Beschäftigte mit der Globalisierung verbinden. Bisher haben die PolitikerInnen auf internationaler und europäischer Ebene es nicht geschafft, die immer stärker werdende internationale Vernetzung zum Nutzen der ArbeitnehmerInnen zu gestalten. Unterdessen stehlen sich multilaterale Konzerne aus ihrer Verantwortung als Arbeitgeber. Die Gewerkschaften weisen schon seit Jahren darauf hin, dass der globale Wohlstand ungleich und ungerecht verteilt ist. Die Folgen der Untätigkeit auf politischer Ebene sind: Brexit, Trump, Front national und AfD sowie rechtsnationale Regierungen in osteuropäischen Ländern. Sie alle versprechen, die Wirtschaft abzuschotten und sich aufs Nationale zu besinnen. Jetzt haben auch PolitikerInnen in Deutschland, Europa und der Welt verstanden, dass die von der Globalisierung produzierten Unsicherheiten für ArbeitnehmerInnen die Demokratie gefährden.
„Regelbasiert und nachhaltig“ will die EU-Kommission die Globalisierung in Zukunft gestalten. Das steht in ihrem Anfang Mai veröffentlichten Reflexionspapier „Die Globalisierung meistern“. Das Papier ist eines von fünf Diskussionspapieren, die die Kommission im Rahmen des Weißbuchs „Zukunft der EU“ vorstellen will. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) begrüßt zwar, dass die Kommission sich im Reflexionspapier Globalisierung für mehr soziale Sicherheit, bessere Aus- und Weiterbildung, faire öffentliche Auftragsvergabe und transparente Freihandelsverträge sowie die Durchsetzung von ILO-Arbeitsstandards ausspricht. Dennoch greift der Ansatz aus Sicht des EGB zu kurz, denn es werde nicht klar, wie diese Regeln geschaffen werden sollen. Auch die Handelspolitik spielt dabei eine Rolle, betont der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. Die Fortschritte und Verbesserungen, die in den Diskussionen um CETA erlangt wurden, müssten in neue Handelsverträge eingearbeitet werden. „Dahinter darf die EU nicht zurückfallen“, so Hoffmann.
Die L20 – die Gewerkschaftsverbände der 20 wichtigsten Industriestaaten – wollen die deutsche G20-Präsidentschaft für einen Richtungswechsel nutzen. Der DGB koordiniert als Gewerkschaftsbund des Gastgeberlandes die Aktivitäten der L20. Die Globalisierung und die internationalen Handelsbeziehungen sollen endlich neu und fair gestaltet werden.
Beim L20-Gipfel Mitte Mai in Berlin diskutierten die ArbeitnehmervertreterInnen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, wie Unternehmen wieder stärker in die Verantwortung für menschenwürdige Arbeit genommen werden könnten. Im gemeinsamen L20-Statement riefen sie die Präsidenten und Regierungschefs der G20 auf, grenzüberschreitende Aktivitäten von Unternehmen besser zu regulieren und die soziale Sorgfaltspflicht verbindlich zu machen. Multilaterale Konzerne müssten Verantwortung für die ArbeitnehmerInnen am Beginn ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten übernehmen.