Deutscher Gewerkschaftsbund

05.06.2013

Gute Verkehrswege: Wichtig für Beschäftigte, Wirtschaft und Umwelt

Mit einer gemeinsamen Fachkonferenz machten DGB und Hans-Böckler-Stiftung am 15. Mai in Berlin deutlich, dass die Verkehrswende eine erhebliche Bedeutung für Beschäftigte, Wirtschaft und Klimaschutz hat.

Dietmar Hexel DGB Vorstandsmitglied

"Der DGB fordert eine gemeinsame Investitionsoffensive von Bund, Ländern und Kommunen, um den Zerfall der Verkehrsinfrastruktur zu stoppen", sagte Dietmar Hexel, DGB-Vorstandsmitglied, auf der Fachkonferenz "Löcher im Haushalt, in der Straße und im Schienennetz" von DGB und Hans-Böckler-Stiftung DGB

Eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur habe einen gesellschaftlichen und einen ökonomischen Mehrwert. In der Verantwortung für bessere Verkehrswege stehe vor allem der Staat, so der DGB.

Mehr Investitionen in die Verkehrswege

„Milliarden fehlen jedes Jahr, um die Verkehrswege in Deutschland zu erhalten. Der DGB fordert eine gemeinsame Investitionsoffensive von Bund, Ländern und Kommunen, um den Zerfall der Verkehrsinfrastruktur zu stoppen", sagte DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel bei der Fachkonferenz, die unter der Überschrift „Löcher im Haushalt, in der Straße und im Schienennetz“ stand. "Die dauerhafte Vernachlässigung der Verkehrswege führt zu Standort- und Wettbewerbsnachteilen in Deutschland und gefährdet damit Arbeitsplätze. Die Erkenntnis ist alt. Der Verkehrsminister handelt aber nicht. Das gefährdet den Industriestandort“, kritisierte Hexel die Verkehrspolitik von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Schließlich lässt sich der Zusammenhang zwischen dem Zustand der Verkehrsinfrastruktur und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landes belegen, wie Professor Andreas Stephan von der Internationalen Handelshochschule Jönköping (Schweden) auf der Fachkonferenz erläuterte. Dietmar Hexel skizzierte deshalb für den DGB die drei wesentlichen Ziele einer künftigen Mobilitätspolitik: Nachhaltigkeit, Gute Arbeit in der Verkehrswirtschaft und Beschäftigungssicherung.

Mehr Geld für Verkehrsinfrastruktur, Gute Arbeit für Beschäftigte im Verkehrssektor

Bessere Verkehrsinfrastruktur, bessere Arbeitsbedingungen und bessere Mobilität - dafür machten sich auf der Konferenz auch Vertreterinnen und Vertreter der DGB-Mitgliedsgewerkschaften stark. Mehr Geld als bisher muss in die Verkehrsinfrastruktur fließen – darin waren sich alle einig.

Alexander Kirchner, Bärbel Feltrini

"Wenn es in der Fläche keine Schienenverkehr mehr gibt, werden dort auch keine Eisenbahner mehr gebraucht", erklärte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner - hier neben IG BAU-Vorstandsmitglied Bärbel Feltrini DGB

Das Schienennetz sei vielerorts älter als 100 Jahre, sagte Alexander Kirchner, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). „Mindestens eine Milliarde Euro müssten mehr Ersatzinvestitionen ins Bestandsnetz fließen. Elf Milliarden Euro sind für Ausbau, Ertüchtigung und Neubau notwendig, damit das Nachhaltigkeitsziel beim Modalsplit überhaupt erreicht werden kann“, stellte Kirchner fest. Streckenstilllegungen im Schienenbereich hätten hingegen weitreichende Folgen, denn „wenn es in der Fläche keine Schienenverkehr mehr gibt, werden dort auch keine Eisenbahner mehr gebraucht.“ Mit dem Fachbegriff "Modalsplit" wird die Verteilung des Verkehrs auf Schiene, Straße, Luft und Wasser bezeichnet.

Bärbel Feltrini, Mitglied des Bundesvorstands der IG BAU, stellte die Frage nach den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, die Infrastrukturprojekte bauen und umsetzen. Sie forderte von der öffentlichen Hand Vergabe- und Tariftreueregelungen, „die auch wirklich greifen“. „Der Druck auf die Arbeitsbedingungen steigt. Um kriminelle Machenschaften zu bekämpfen, muss es viel mehr Kontrollen geben“, so Feltrini.

Auch industrielle Arbeitsplätze sind auf gute Verkehrswege angewiesen

Für die IG Metall liegt der Zusammenhang zwischen Verkehrsmittelproduktion und dem guten Ruf der deutschen Verkehrsinfrastruktur auf der Hand. "Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur“ sei die „Voraussetzung für den Erhalt und eventuelle Schaffung von industriellen Arbeitsplätzen", sagte Olivier Hoebel, IG Metall-Bezirksleiter Berlin, Brandenburg, Sachsen. Für das Transitland Deutschand sei der Güterverkehr ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor.

Jens Gröger von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Landesbezirk Berlin-Brandenburg, schilderte die Situation eines Verkehrsunternehmens: Stiegen die Betriebskosten durch höhere Dieselpreise, versuchten die Unternehmen in der Folge "das Geld bei der nächsten Tarifrunde wieder reinzuholen.“ Investitionen seien auch in Fahrzeuge nötig, denn das Durchschnittsalter eines Busses im ÖPNV läge in Rheinland-Pfalz bei 14 Jahren. Gröger forderte die Beschäftigten auf, sich in den Kommunalparlamenten zu engagieren, um verkehrspolitische Entscheidungen mitzugestalten. „Oft ist es nicht nur der Weg zur und von der Arbeit, sondern es geht um den Arbeitsplatz direkt“, fasste Gröger die Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur für Beschäftigte zusammen.

Was fehlt, ist die politische Umsetzung

Auf einen weiteren wichtigen Faktor wies Jürgen Fenske, der Präsident des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), hin: „Es geht um Geld und Finanzierung, aber auch um Akzeptanz von Infrastruktur.“ Deshalb habe der VDV die Initiative „Damit Deutschland vorne bleibt. Initiative für eine zukunftsfähige Infrastruktur" gestartet. Damit will der Verband die Infrastruktur bis zum für die Bund-Länder-Finanzbeziehungen wichtigen Jahr 2019 stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Fenske bekräftigte: „Wir haben in der Verkehrspolitik kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.“ Der VDV-Präsident forderte nach dem Vorbild des Bündnisses für Arbeit eine Allianz für Infrastruktur zu gründen, die sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch die Politik ansprechen soll.

In den Diskussionen im Rahmen der Konferenz wurde deutlich: Je mehr die Investitionen im Verkehrsbereich zurückgehen und je stärker der Wettbewerb um die wenigen Aufträge steigt, desto schärfer wird der Druck auf die Arbeitsbedingungen im Verkehrssektor. Keinesfalls dürfe es deshalb dazu kommen, so die DGB-Gewerkschaften, dass im Wettbewerb um öffentliche Aufträge Unternehmen benachteiligt sind, die sich an Mindestlöhne und Tarifregelungen halten.

Podium Fachkonferenz DGB HBS

Diskussion mit Vertreterinnen und Vertretern der Bundestagsfraktionen DGB

Politik diskutierte gewerkschaftliche Forderungen

Die verkehrspolitischen Sprecherinnen und Sprecher fast aller im Bundestag vertretenen Fraktionen stellten sich in der Diskussion den Forderungen des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften. Die Forderung nach mehr Geld sei zwar berechtigt, sagte Dirk Fischer (CDU/CSU). Er wies aber darauf hin, dass ein Mehr an Geld im Bundeshaushalt auch dagerecht abgerufen werden müsse.

Auch dürfe nicht erst gehandelt werden, wenn Brücken einstürzen, warnte Fischer. 27 Schienenbrücken seien bereits gefährdet und würden irgendwann unbefahrbar. Der CDU-Abgeordnete versprach 2,5 Milliarden Euro mehr für den Bundesetat und eine Erhöhung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mit der Bahn um eine Milliarde Euro.

Toni Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte, dass Geld zwar da sei. Jedoch sei die Verkehrspolitik in der Vergangenheit in Erklärungsnot geraten, weil Geld für teilweise fragwürdige Projekte ausgegeben wurde. Zukünftig müsse mehr Effizienz bei der Mittelverwendung gelten. Hofreiter plädierte für eine ernsthafte Priorisierung nach den Grundsätzen: Unterhalt vor Neu- und Ausbau, Ausbau vor Neubau – denn Deutschland sei bei der Verkehrsanbindung weitgehend erschlossen.

Großer Handlungsbedarf bei kommunaler Infrastruktur

Sören Bartol, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, forderte alle politischen Beteiligten auf, nicht mehr so weiter zu machen wie bisher. Die SPD habe die Oppositionszeit genutzt, um ein Konzept für einen Infrastrukturkonsens zu formulieren. Besonders wichtig sei, dass man weg von einer Verteilung der Mittel nach dem Gießkannen-Prinzip komme.

Die SPD spreche sich deshalb für eine Ausweitung der Lkw-Maut aus. Dringenden Handlungsbedarf sieht die SPD bei der kommunalen Infrastruktur. Sören Bartol verwies aber darauf, dass in Zukunft eine strenge Zweckbindung eingeführt und bei den Regionalisierungsmitteln Transparenz geschaffen werden müsse. Bund und Länder müssten gemeinsam Verantwortung übernehmen.

Für die Linksfraktion gelte das Motto „Mobilität für alle mit weniger Verkehr“, so die Abgeordnete Sabine Leidig. Sie forderte, dass bei Infrastrukturprojekten auch die Lebensqualität der Menschen und der Klimaschutz ernst genommen werden müssten.

Diskurs zur Verkehrspolitik

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften mischen sich aktiv in die gesellschaftliche Diskussion um Verkehrsinfrastruktur ein. Der zuständige DGB-Vorstandsbereich hat dazu ein Diskurspapier „Moderne Verkehrswege - Eine Grundlage für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Lebensqualität, adäquate Mobilität sowie Umwelt- und Klimaschutz“ vorgelegt.

Zum Diskurspapier


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15.05.2013
Ver­kehrs­in­fra­struk­tur: Bun­des­mi­nis­ter Ram­sau­er muss von der Brem­se
Straßenbahn
DGB/Joe Goergen(BestSabel)
Anlässlich der vom DGB-Bundesvorstand und der Hans-Böckler-Stiftung veranstalteten Fachkonferenz „Löcher im Haushalt, in der Straße und im Schienennetz“ erklärte Dietmar Hexel, DGB-Vorstandsmitglied, am Mittwoch in Berlin: „Milliarden fehlen jedes Jahr, um die Verkehrswege in Deutschland zu erhalten. Der DGB fordert eine gemeinsame Investitionsoffensive von Bund, Ländern und Kommunen, um den Zerfall der Verkehrsinfrastruktur zu stoppen."
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Position: Moderne Verkehrswege

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