130 Milliarden Euro Schulden und trübe Einnahme-Aussichten. Für Städte und Gemeinden heißt das: Straßen bröckeln, Schulgebäude verfallen, Büchereien und Schwimmbäder bleiben zu. Bund und Länder müssen deshalb künftig die Kommunen stärker entlasten. Der DGB-klartext.
Selbst die derzeit niedrigen Zinsen und (noch) sprudelnden Steuereinnahmen können nicht darüber hinwegtäuschen: Die Kommunen sind strukturell unterfinanziert. Das brachte auch der jüngste Gemeindefinanzbericht zu Tage. Danach haben die Kommunen 130 Milliarden Euro Schulden (nur Kernhaushalte ohne Sondervermögen und Kommunalbetriebe). Zudem trüben sich auch die Einnahme-Aussichten ein: Statt der geschätzten 1,7 Milliarden Euro erwarten die Kommunen inzwischen nur noch ein Plus von 1,4 Milliarden Euro für das Jahr 2014.
Quelle: Ernst & Young; Kommunenstudie 2014, Grafik: DGB
Die meisten von ihnen sind nicht in der Lage, in die nötige Infrastruktur wie Straßen, Schulen, Sportstätten oder Brücken zu investieren. Laut Städtetag hat sich ein Investitionsstau von 118 Milliarden Euro gebildet. Kein Wunder, dass erst jüngst die Stadt Glücksburg eine Brücke sperren musste. Bei Ebbe in der Kasse können weder umfassende Reparaturen und schon gar nicht der notwendige Neubau geleistet werden. Dazu kommen noch die Kosten für Sozialleistungen, die nach Schätzungen der Kommunen im kommenden Jahr auf 50 Milliarden Euro ansteigen werden.
Doch die Armut verteilt sich auch unter den Kommunen nicht gleichmäßig. Nach dem Motto: Wer reich ist, dem wird gegeben, driften die Finanzierungsmöglichkeiten und damit die Attraktivität der Städte und Kommunen immer weiter auseinander. Wer schon gut im Saft stand, hat geringeren Investitionsbedarf und kann das zusätzliche Geld stärker für freiwillige Aufgaben der Daseinsvorsorge nutzen – etwa für Kultur.
Die ohnehin schon angeschlagenen Kommunen hingegen profitieren nur unterdurchschnittlich von Steuereinnahmen und müssen ggf. Gebührenerhöhungen oder Kürzungen bei der Jugend- und Seniorenarbeit erwägen. Damit ist die Spirale abwärts in Gang gesetzt: Menschen und Unternehmen zieht es natürlich eher in prosperierende Gegenden mit attraktiven staatlichen Angeboten und spürbaren Gegenleistungen für die Gebühren. Doch wer nicht mobil ist, bleibt in Regionen zurück, die kaum ihren staatlichen Pflichtaufgaben nachkommen können: Arm und gar nicht sexy. Da keimt bei den betroffenen BürgerInnen die Frage auf: „Wozu zahle ich Steuern, wenn der Staat mir nichts bieten kann?“
Diesen Entwicklungen muss ein Riegel vorgeschoben werden. Bund und Länder müssen die Kommunen im Rahmen der Neuordnung der Finanzbeziehungen deutlich entlasten. Nach der Devise: „Wer bestellt, bezahlt“ sollte der Bund den Kommunen Kosten abnehmen, die durch Bundes-Sozialgesetzgebung entstehen. Auch ein Altschuldenfonds wäre erwägenswert. Will man die Steuerkraft der Kommunen stärken, muss auch die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer weiter entwickelt werden. Es ist zum Beispiel nicht einzusehen, dass gutverdienende Freiberufler von der Gewerbesteuer ausgenommen sind.
Die Lebenschancen aller Menschen müssen überall ungefähr gleich sein – unabhängig vom Wohnort. Niemand darf abgehängt werden. Darum geht’s.