Fehlender Brandschutz, keine soziale Absicherung der Beschäftigten, unterdrückte Gewerkschaften: Die Situation in den Fabriken der globalen Textilindustrie sei oft katastrophal, kritisierte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann am Welttag für menschenwürdige Arbeit. Entwicklungsminister Gerd Müller mahnte deutsche Firmen, ihrer globalen Verantwortung gerecht zu werden.
DGB
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller war anlässlich des Welttags für menschenwürdige Arbeit am 7. Oktober zu Gast beim DGB-Bundesvorstand. Gemeinsam mit Karamat Ali, Arbeitsrechtsexperte des Pakistan Institute of Labour Education and Research (PILER), forderten Hoffmann und Müller bessere Standards und mehr Arbeitnehmerrechte in der globalen Textilindustrie.
„Kein Brandschutz an Arbeitsplätzen, keine Absicherung im Krankheitsfall, 6-Tage-Wochen mit 14-Stunden-Schichten für einen Hungerlohn, Gewerkschafter werden entführt oder verhaftet. Das hat mit menschenwürdiger Arbeit nichts zu tun", schilderte Hoffmann den Arbeitsalltag vieler TextilarbeiterInnen vor allem in Südasien, die für den westlichen Markt Kleidung nähen. Permanent würden in der Branche die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO verletzt. "Das sind Bedingungen, auf die wir gerade am Welttag für menschenwürdige Arbeit hinweisen wollen", so Hoffmann.
Schwerpunkt zum Welttag für menschenwürdige Arbeit 2014
Nach Unglücken: Textilindustrie in Asien muss sich drastisch ändern
Initiativen der Bundesregierung für faire und nachhaltige Produktion von Textilien werde der DGB unterstützen, sagte Hoffmann. Es reiche nicht aus, sich für freien Handel einzusetzen. „Dieser Handel muss auch fair sein“, so Hoffmann. Dazu gehöre die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen, aber auch die Anerkennung von ökologischen Standards sowie von Verbraucherschutz.
Bangladesch oder Pakistan seien nicht weit von uns entfernt. "Im nächsten Kaufhaus bekommen sie genau die Textilien zu Schleuderpreisen, die unter unwürdigsten Bedingungen erstellt wurden", so Hoffmann.
Bundesentwicklungsminister Müller nannte es "beschämend", dass nach Unglücken wie dem Einsturz der Rana-Plaza-Textilfabrik in Bangladesch immer noch nicht alle deutschen Firmen, die dort produzieren ließen, Entschädigungen gezahlt hätten. Müller mahnte diese Unternehmen, ihrer Verantwortung endlich nachzukommen.
Der pakistanische Arbeitsrechtsexperte Karamat Ali erläuterte, warum es etwa in Pakistan so schwierig ist, die Situation in der Textilindustrie zu verbessern und die Produzenten in die Verantwortung zu nehmen: Selbst bei Großunternehmen sei „informelle Arbeit“ weit verbreitet. Oft sei nur ein Viertel der Arbeiterinnen und Arbeiter einer Fabrik direkt beim Fabrikbesitzer angestellt, der Rest arbeite unter noch unsichereren Bedingungen bei Subunternehmern oder gar als Tagelöhner. Diese Menschen hätten in der Regel keinerlei gesetzlich verbriefte Rechte.
Mit Blick auf den deutschen Textil-Discounter KiK machte Karamat Ali klar: Die Geduld der Opfer des Fabrik-Unglücks bei Ali Enterprise im pakistanischen Karatschi habe ein Ende. 2012 waren bei einem Brand in der Fabrik mehr als 250 Menschen gestorben. KiK hatte bei Ali Enterprise produzieren lassen, verzögert aber bis heute Verhandlungen über eine Entschädigung der Opfer und Hinterbliebenen. Karamat Ali kündigte an, die Betroffenen würden bald rechtliche Schritte einleiten.