Schnell noch eine Mail schreiben, ein Telefonat führen oder eine Präsentation vorbereiten: Laut einer neuen Studie arbeitet jeder und jede Angestellte in Deutschland im Schnitt fünf Stunden in der Woche auch nach Feierabend weiter. Damit zeigt sich erneut, dass "die Flexibilisierung der Arbeitszeiten bislang zu schwerwiegenden Nachteilen für die Beschäftigten führt", kritisiert DGB-Vorstand Annelie Buntenbach.
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Ständige Erreichbarkeit, Leistungsdruck und ein hohes Arbeitspensum: In der digitalen Arbeitswelt lösen sich die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr auf. Eine neue Studie des Instituts für Arbeit (IZA) hat gezeigt, dass sich jeder Beschäftigte in Deutschland im Schnitt fünf Stunden pro Woche mit seiner Arbeit beschäftigt, obwohl er eigentlich Feierabend hat.
Rund zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie in ihrer Freizeit regelmäßig Tätigkeiten erledigen, "die eigentlich der regulären Arbeitszeit zuzurechnen sind." Männer betrifft das häufiger als Frauen, die Mehrheit schätzt das zusätzliche Pensum auf drei bis zehn Stunden in der Woche.
"Die IZA-Studie belegt, dass die Flexibilisierung der Arbeitszeiten bislang zu schwerwiegenden Nachteilen für die Beschäftigten führt", fasst DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach die Ergebnisse zusammen. "Dies zeigen im Übrigen auch die 941 Millionen unbezahlten Überstunden im letzten Jahr. Die Schlussfolgerung des IZA, das Arbeitszeitrecht passe nicht mehr in die digitale Zeit, ist jedoch fahrlässig und falsch. Schon die Annahme ist absurd, Arbeit außerhalb der vereinbarten Arbeitszeiten sei freiwillig.
Viele Untersuchungen zeigen, dass Beschäftigte immer mehr Arbeit in der gleichen Zeit erledigen müssen und das oft nicht in der vereinbarten Arbeitszeit zu schaffen ist. Arbeit in der Freizeit ist also eine Folge des hohen Leistungsdrucks und der Erreichbarkeitserwartungen von Arbeitgebern - und nur selten freiwillig. Dies wird auch durch den Befund belegt, dass viele Beschäftigte auch in der Freizeit nicht von der Arbeit abschalten können."
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"Die IZA-Studie zu den Folgen der Arbeitszeitflexibilisierung macht umso deutlicher, dass Beschäftigte einen besseren Schutzrahmen brauchen", so Buntenbach weiter. "Arbeitszeiten müssen insgesamt, also auch im Home Office oder bei mobiler Arbeit, vollständig erfasst und vergütet werden. Dazu können insbesondere die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden.
Außerdem brauchen die Beschäftigten mehr Mitbestimmung bei den Leistungsvorgaben, so dass die Arbeit auch wirklich vor dem Feierabend zu schaffen ist. Drittens müssen die Arbeitszeiten für die Beschäftigten besser planbar sein. Dafür ist zum Beispiel das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit zu stärken. Arbeit auf Abruf sollte unterbunden werden."
"Die Probleme der bestehenden Flexibilisierung dürfen nicht auch noch durch eine Öffnung des Arbeitszeitgesetzes legalisiert und verschärft werden" warnt Annelie Buntenbach. "Eine Verlängerung des Achtstundentages oder Einschränkungen bei den Ruhezeiten lehnen wir strikt ab, weil damit die gesundheitlichen Belastungen erheblich steigen und das Privatleben der Beschäftigten noch weiter eingeschränkt werden würde. Die jüngsten Tarifabschlüsse zeigen, dass solche Einschränkungen ohnehin nicht relevant oder gar nötig wären."