Werkverträge werden zunehmend als Billiglohnmodell missbraucht. Vor allem in der Lebensmittelbranche, im Baugewerbe und der Metallindustrie entstehen schlecht bezahlte unsichere Jobs - auf Kosten sozialversicherter Arbeit. Die Politik muss handeln, fordert der DGB-Vorsitzende Michael Sommer. Helfen könnten wirksame Kontrollen in den Betrieben und mehr Rechte für die Betriebsräte
Bei einem Werkvertrag vergibt ein Auftraggeber an Fremdfirmen fest definierte „Gewerke“. Der Auftragnehmer erstellt dieses Werk (Produkt) mit eigenen Arbeitskräften, haftet dafür und bestimmt selbst, wie es erstellt wird. Das heißt: Er ist zuständig für den Einsatz von Beschäftigten und ist diesen gegenüber auch weisungsberechtigt. Wann ein Werkvertrag vorliegt, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch in allgemeiner Form.
Ob es sich um ein abgeschlossenes Werk handelt oder ob eine verschleierte Form von Leiharbeit oder Arbeitnehmertätigkeit vorliegt, dafür gibt es Indizien. Wenn Werkvertragsnehmer gemeinsam mit den Stammbeschäftigten arbeiten, dieselben Arbeitsmittel benutzen oder Anweisungen vom selben Vorarbeiter entgegennehmen, dann handelt es sich wahrscheinlich um erschleierte (Leih-)Arbeitt.
„Neben dem Missbrauch der Leiharbeit suchen sich die Arbeitgeber das nächste gesetzliche Schlupfloch - und das sind die Werkverträge und Scheinselbstständigkeit“, sagte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer. Er bescheinigt viele Arbeitgebern „eine erstaunliche Kreativität, wenn es darum geht, neue Billiglohnmodelle zu erfinden.“ Werkverträge und Scheinselbstständigkeit würden missbraucht, um Löhne zu drücken und die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern.
Nicht nur Werkvertragsnehmer sind davon betroffen. Michael Sommer: „Der Missbrauch geht auch zu Lasten der Stammbeschäftigten. Sie werden immens unter Druck gesetzt, ebenfalls zu niedrigeren Löhnen zu arbeiten oder mehr zu leisten, damit ihre Arbeitsplätze nicht an Werkvertragsnehmer vergeben werden. Wir wissen aus vielen Berichten unserer Kolleginnen und Kollegen, dass der Missbrauch von Werkverträgen in den Betrieben zunimmt. Auf dem Bau, in Schlachthöfen oder im Einzelhandel ist dies schon seit längerem ein Problem, aber inzwischen sind auch Industriebetriebe, zum Beispiel in der Stahlindustrie und Automobilindustrie, betroffen.“
Auch die Beschäftigung von Soloselbstständigen ist eine Form des Werkvertrages. Durch die Deregulierung des Arbeitsmarktes und die Neufassung der Handwerksordnung hat die Zahl der EinzelunternehmerInnen stark zugenommen. "Wir sollten nicht vergessen: Soloselbstständige besitzen keinerlei Schutz. Sie müssen alles aus der eigenen Tasche zahlen“, sagte Michael Sommer. Kein Wunder, dass in solchen Fällen kein Geld für die die Altersvorsorge bleibe.
Die gesetzlichen Regelungen zu Werkverträgen reichten nicht aus, kritisiert der DGB-Vorsitzende. Und selbst diese würden in der Praxis nie oder nur selten überprüft. „Werkverträge und Arbeitsverträge müssen voneinander abgegrenzt werden“, sagte Sommer. Er fordert wirksame Kontrollen, um bei begründetem Verdacht einen Missbrauch von Werkverträgen unterbinden zu können.
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro könne zwar die schlimmsten Dumpingauswüchse eindämmen, das Problem allein aber nicht lösen, erklärte Michael Sommer. Er will auch die Rechte der Betriebsräte für die Werkvertragsbeschäftigten stärken, „denn solange die Beschäftigten des Werkvertragsunternehmens nicht auch als eingegliederte Beschäftigte des Betriebes angesehen werden, gibt es nur Unterrichtungsrechte. Das reicht nicht, vor allem bei den materiellen Arbeitsbedingungen der Werkvertragsbeschäftigten müssen die Betriebsräte stärker einbezogen werden.“
„Die Politik darf sich nicht wegducken, sondern muss gegen den Missbrauch von Werkverträgen entschieden vorgehen. Frau von der Leyen darf das Problem nicht auf die lange Bank schieben", forderte der DGB-Vorsitzende. Beispiele in anderen EU-Ländern, wie Österreich, hätten gezeigt, dass wirksamer gegen Werkverträge vorgegangen werden könne - wenn man es denn wolle. „Nichtstun ist keine Option“, so Sommer.
Werkverträge werden zunehmend missbraucht, um den sozialen Schutz der Beschäftigten zu unterlaufen. Vor allem in in der Ernährungbranche, dem Baugewerbe und der Metallindustrie steigt die Zahl der schlechtbezahlten Arbeitskräfte, die per Werkvertrag bei einer Drittfirma beschäftigt sind – auf Kosten der Stammbelegschaften. Der DGB will diese Praxis unterbinden und fordert mehr Kontrollen.