Deutscher Gewerkschaftsbund

08.07.2008
Das Interview

Der Frauenanteil wird signifikant steigen

Professor Dr. Ferdi Schüth im "Magazin für Beamtinnen und Beamte" 8/2008

Anfang Juli hat die Mitgliederversammlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) „For­schungsorientierte Gleichstellungsstandards“ be­schlossen. Professor Dr. Ferdi Schüth ist Vize-Präsident der DFG und hat die Kommission geleitet, die die Gleichstellungsstandards erarbeitet hat. Das Interview des Beamtenmagazins.

Ferdy Schüth am Arbeitsplatz

Ferdi Schüth, Vize-Präsidente der Deutschen Forschungsgemeinschaft Privat

Nach Jahren der gleichstellungspolitischen Dis­kussion hat nun auch die DFG Standards beschlos­sen, deren Umsetzung jedoch den wissenschaftli­chen Einrichtungen überlassen wird. Wann rech­nen Sie mit welchen Erfolgen?

Auch nach dem Beschluss der Standards wird sich die Situation nicht über Nacht verbessern, die Umsetzung wird ein Prozess sein, der sich über Jahre hinzieht. Allerdings rechnen wir mit ersten positiven Effekten bereits in diesem Jahr, da die Diskussion über die Gleichstellungsstandards nun in die Gremien der DFG-Mitglieder getragen wird. Dort müssen entsprechende Beschlüsse zur Etablierung von Strukturen, die die Gleichstellung fördern, gefasst wer­den. Da die Mitglieder Ziele für die Steigerung der Reprä­sentanz von Frauen auf den unterschiedlichen Qualifika­tionsstufen festlegen werden, rechnen wir damit, dass der Frauenanteil in den kommenden fünf Jahren – das ist zunächst der Zeitraum, für den die Ziele formuliert wer­den – signifikant und kontinuierlich steigen wird.

Im Rahmen der „Offensive für Chancengleichheit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern“ sollen für die bessere Beteiligung von Frauen „ent­sprechende Ressourcen“ aufgewendet werden. Welche Ressourcen in welcher Höhe erwarten Sie?

Zur Person
  • 1960 in Allagen/Warstein geboren
  • Studium der Chemie und Rechtswissenschaften in Münster
  • 1995 bis 1998 Professor für Anorganische Chemie an der Universität Frankfurt am Main
  • seit 1998 Direktor des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung in Mülheim/Ruhr
  • seit 2009 Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft

 

Diese Ressourcen sind nicht präzise auf Euro und Cent zu beziffern. Eine Vorstellung über die Größenordnung gibt allerdings eine Reihe von Beispielen. Die meisten außer­universitären Forschungseinrichtungen, die in der Allianz an der Offensive für Chancengleichheit beteiligt sind, ha­ben Sonderprogramme aufgelegt, mit denen zusätzliche Stellen auf der Leitungsebene (W2 und W3) für Frauen geschaffen werden. In der DFG gibt es ein ganzes Bündel an Maßnahmen, mit denen die Gleichstellung von Frauen im Wissenschaftssystem gefördert wird, zum Beispiel die zu­sätzlichen zweckgebundenen Mittel, die alle Forschungs­verbünde (Sonderforschungsbereiche, Forschergruppen, Schwerpunktprogramme …) für Gleichstellungsmaßnah­men beantragen können, oder Vertretungsmittel für Pro­jektmitarbeiterinnen während Zeiten der Schwangerschaft und Elternzeit, auch über die gesetzlichen Mutterschutz­regeln hinaus. Man sollte aber nicht vergessen, dass zahl­reiche Mechanismen, die die Gleichstellung fördern, nicht unmittelbar ressourcenwirksam sind. Dazu gehört zum Bei­spiel die Berücksichtigung besonderer Lebensumstände bei der Begutachtung von Anträgen, wie etwa eine Verzö­gerung im wissenschaftlichen Werdegang durch Kinder­erziehungszeiten.

Kooperationen der Wissenschaftseinrichtungen mit erwerbswirtschaftlich tätigen Einrichtungen sollen künftig der Maßgabe der Gleichstellung der Geschlechter entsprechen. Wie soll dieser Standard überprüft werden?

Dieser Passus der Standards richtet sich im Wesentli­chen auf sehr enge Kooperationsbeziehungen, wie etwa den Bereich der Hochschulmedizin, wo die Universitäts­kliniken zunehmend als wirtschaftliche Unternehmen, teils in privater Hand, betrieben werden. Da in diesen Be­reichen ebenfalls erheblich durch die DFG gefördert wird und die Kliniken auch in der Forschung sehr aktiv sind, soll durch entsprechende Gestaltung der Kooperationsbe­ziehungen gewährleistet werden, dass analoge Standards wie in den Mitgliedsorganisationen auch dort gelten. Aufgrund der personellen Verschränkung, die zwischen den Universitäten und den Kliniken in der Geschäftsfüh­rung und den Aufsichtsgremien typischerweise besteht, sollte hier die Überprüfung der Standards grundsätzlich möglich sein. Sollte sich die Tendenz zur Public Private Partnership verstärken, so ist vorstellbar, dass auch über die Medizin hinausgehende Bereiche von dieser Klausel erfasst werden.

Bei der Bewilligung von Fördergeldern durch die DFG an Hochschulen und Forschungsinstitute soll künftig die Umsetzung der Gleichstellungsstan­dards ein Kriterium sein. Wie soll diese Maßgabe berücksichtigt werden, wenn jede Einrichtung selbst entscheiden kann, welchen Beitrag sie leis­tet?

Bereits jetzt wird die Gleichstellungssituation an An­trag stellenden Hochschulen in koordinierten Verfahren bei der Bewilligung berücksichtigt und kann bei gleicher wis­senschaftlicher Qualität von Anträgen den Ausschlag für die Bewilligung etwa eines Sonderforschungsbereichs ge­ben. Die Einhaltung der Standards wird in Zukunft aber eine höhere Verbindlichkeit bekommen. Die Umsetzung der Gleichstellungsstandards wird durch einen einzuset­zenden Ausschuss der Mitgliederversammlung begleitet, der feststellen wird, ob die Anforderungen, die durch die Gleichstellungsstandards an die Mitglieder gestellt wer­den, durch die jeweilige Hochschule erfüllt werden. Sollte dies der Fall sein, wird es für die Antrag stellenden Hoch­schulen letztlich einfacher als vorher, da dieser Punkt dann nicht mehr ausführlich diskutiert werden müsste.


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