Anfang Juli hat die Mitgliederversammlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) „Forschungsorientierte Gleichstellungsstandards“ beschlossen. Professor Dr. Ferdi Schüth ist Vize-Präsident der DFG und hat die Kommission geleitet, die die Gleichstellungsstandards erarbeitet hat. Das Interview des Beamtenmagazins.
Privat
Nach Jahren der gleichstellungspolitischen Diskussion hat nun auch die DFG Standards beschlossen, deren Umsetzung jedoch den wissenschaftlichen Einrichtungen überlassen wird. Wann rechnen Sie mit welchen Erfolgen?
Auch nach dem Beschluss der Standards wird sich die Situation nicht über Nacht verbessern, die Umsetzung wird ein Prozess sein, der sich über Jahre hinzieht. Allerdings rechnen wir mit ersten positiven Effekten bereits in diesem Jahr, da die Diskussion über die Gleichstellungsstandards nun in die Gremien der DFG-Mitglieder getragen wird. Dort müssen entsprechende Beschlüsse zur Etablierung von Strukturen, die die Gleichstellung fördern, gefasst werden. Da die Mitglieder Ziele für die Steigerung der Repräsentanz von Frauen auf den unterschiedlichen Qualifikationsstufen festlegen werden, rechnen wir damit, dass der Frauenanteil in den kommenden fünf Jahren – das ist zunächst der Zeitraum, für den die Ziele formuliert werden – signifikant und kontinuierlich steigen wird.
Im Rahmen der „Offensive für Chancengleichheit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern“ sollen für die bessere Beteiligung von Frauen „entsprechende Ressourcen“ aufgewendet werden. Welche Ressourcen in welcher Höhe erwarten Sie?
Diese Ressourcen sind nicht präzise auf Euro und Cent zu beziffern. Eine Vorstellung über die Größenordnung gibt allerdings eine Reihe von Beispielen. Die meisten außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die in der Allianz an der Offensive für Chancengleichheit beteiligt sind, haben Sonderprogramme aufgelegt, mit denen zusätzliche Stellen auf der Leitungsebene (W2 und W3) für Frauen geschaffen werden. In der DFG gibt es ein ganzes Bündel an Maßnahmen, mit denen die Gleichstellung von Frauen im Wissenschaftssystem gefördert wird, zum Beispiel die zusätzlichen zweckgebundenen Mittel, die alle Forschungsverbünde (Sonderforschungsbereiche, Forschergruppen, Schwerpunktprogramme …) für Gleichstellungsmaßnahmen beantragen können, oder Vertretungsmittel für Projektmitarbeiterinnen während Zeiten der Schwangerschaft und Elternzeit, auch über die gesetzlichen Mutterschutzregeln hinaus. Man sollte aber nicht vergessen, dass zahlreiche Mechanismen, die die Gleichstellung fördern, nicht unmittelbar ressourcenwirksam sind. Dazu gehört zum Beispiel die Berücksichtigung besonderer Lebensumstände bei der Begutachtung von Anträgen, wie etwa eine Verzögerung im wissenschaftlichen Werdegang durch Kindererziehungszeiten.
Kooperationen der Wissenschaftseinrichtungen mit erwerbswirtschaftlich tätigen Einrichtungen sollen künftig der Maßgabe der Gleichstellung der Geschlechter entsprechen. Wie soll dieser Standard überprüft werden?
Dieser Passus der Standards richtet sich im Wesentlichen auf sehr enge Kooperationsbeziehungen, wie etwa den Bereich der Hochschulmedizin, wo die Universitätskliniken zunehmend als wirtschaftliche Unternehmen, teils in privater Hand, betrieben werden. Da in diesen Bereichen ebenfalls erheblich durch die DFG gefördert wird und die Kliniken auch in der Forschung sehr aktiv sind, soll durch entsprechende Gestaltung der Kooperationsbeziehungen gewährleistet werden, dass analoge Standards wie in den Mitgliedsorganisationen auch dort gelten. Aufgrund der personellen Verschränkung, die zwischen den Universitäten und den Kliniken in der Geschäftsführung und den Aufsichtsgremien typischerweise besteht, sollte hier die Überprüfung der Standards grundsätzlich möglich sein. Sollte sich die Tendenz zur Public Private Partnership verstärken, so ist vorstellbar, dass auch über die Medizin hinausgehende Bereiche von dieser Klausel erfasst werden.
Bei der Bewilligung von Fördergeldern durch die DFG an Hochschulen und Forschungsinstitute soll künftig die Umsetzung der Gleichstellungsstandards ein Kriterium sein. Wie soll diese Maßgabe berücksichtigt werden, wenn jede Einrichtung selbst entscheiden kann, welchen Beitrag sie leistet?
Bereits jetzt wird die Gleichstellungssituation an Antrag stellenden Hochschulen in koordinierten Verfahren bei der Bewilligung berücksichtigt und kann bei gleicher wissenschaftlicher Qualität von Anträgen den Ausschlag für die Bewilligung etwa eines Sonderforschungsbereichs geben. Die Einhaltung der Standards wird in Zukunft aber eine höhere Verbindlichkeit bekommen. Die Umsetzung der Gleichstellungsstandards wird durch einen einzusetzenden Ausschuss der Mitgliederversammlung begleitet, der feststellen wird, ob die Anforderungen, die durch die Gleichstellungsstandards an die Mitglieder gestellt werden, durch die jeweilige Hochschule erfüllt werden. Sollte dies der Fall sein, wird es für die Antrag stellenden Hochschulen letztlich einfacher als vorher, da dieser Punkt dann nicht mehr ausführlich diskutiert werden müsste.