Vom 27. bis zum 29. Oktober kamen in Bonn Betriebsrätinnen und Betriebsräte aus ganz Deutschland zusammen. Beim BetriebsräteTag 2015 diskutierten sie aktuelle Themen der Mitbestimmungspolitik und Betriebsratsarbeit. Im Fokus stand in diesem Jahr "Arbeit 4.0". Am dritten Kongresstag, dem 29. Oktober, fand die Verleihung des Deutschen Betriebsräte-Preises statt.
DIE GEWINNER STEHEN FEST: Eine Übersicht aller Preisträgerinnen und Preisträger des Deutschen Betriebsräte-Preises 2015 gibt es hier.
DGB/Steinborn
Der DGB hat anlässlich des Deutschen BetriebsräteTags 2015 im Rahmen der Offensive Mitbestimmung Diskussionsvorschläge zur Weiterentwicklung der betrieblichen Mitbestimmung im Betriebsrat und der Unternehmensmitbestimmung im Aufsichtsrat vorgelegt.
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Eröffnet wurde der BetriebsräteTag 2015 vom DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann. Hoffmann forderte die Bundesregierung dazu auf, ihren mitbestimmungspolitischen Stillstand zu beenden. "Mit einem Gesetz aus den 70er Jahren lässt sich die Arbeit der Zukunft nicht gestalten - es muss an die neuen Erfordernisse angepasst werden, wie den wachsenden Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen."
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"Rund 180.000 Betriebsräte in Deutschland sorgen beständig in Betrieben für eine bessere Arbeitswelt", sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann zur Eröffnung des Deutschen BetriebsräteTags 2015. "Aber sie machen noch mehr: Sie gestalten die Arbeit der Zukunft mit, ob es um Digitalisierung oder demografische Entwicklung geht. Und gerade jetzt wird eine weitere Rolle zentral - sie sind es, die sich für die Integration von Flüchtlingen einsetzen."
Auf dem Betriebsrätetag werden seit 2009 jedes Jahr drei Betriebsräte ausgezeichnet, die sich besonders erfolgreich dafür einsetzen, dass Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten oder Arbeitsbedingungen verbessert werden. Zu den Preisträgern zählten in den vergangenen Jahren Betriebsräte großer Unternehmen wie Bayer AG oder BMW ebenso wie Schlecker, Finanz Informatik und Krones.
Beworben haben sich 2015 insgesamt 97 Projekte, aus denen 14 ausgewählt wurden. Darunter sind Betriebsräte prominenter Konzerne wie Bayer, Deutsche Telekom und VW Salzgitter, aber auch von Unternehmen wie der Conditorei Coppenrath, den Kliniken Nordoberpfalz und KSM Castingsgroup GmbH. Der Betriebsrätetag geht über drei Tage, die Preisverleihung findet am 29. Oktober im Bonner Plenarsaal statt.
"Betriebsräte sind unzweifelhaft eine der tragenden Säulen der Mitbestimmung in Deutschland", sagte DGB-Vorsitzender Hoffmann bei der Eröffnung des BetriebsräteTags. Der DGB habe mit seinen Gewerkschaften deshalb die Initiative für eine offensive Mitbestimmung ergriffen. "Wir wollen mit der Offensive Mitbestimmung den mitbestimmungspolitischen Stillstand in diesem Land überwinden." Als das Betriebsverfassungsgesetz 1972 das letzte Mal wesentlich reformiert worden sei, "redete noch niemand über Phänomene wie die Digitalisierung der Arbeitswelt. „Deswegen müssen wir gemeinsam in die Offensive Mitbestimmung gehen." Wenn heute Arbeitszeit auf Touchscreens verschwinde, reiche bei der Mitbestimmung ein Gesetz aus den 1970er Jahren nicht aus.
"Betriebsräte können Vorreiter bei der Gestaltung der Arbeit der Zukunft sein", betonte Hoffmann und erinnerte an das Siegerprojekt des BMW-Betriebsrats beim Deutschen Betriebsräte-Preis 2014. Solche Projekte seien aber noch zu selten, weil Betriebsräte deutlich mehr gesetzliche Mitbestimmungsrechte bräuchten, um den veränderten Realitäten der Arbeitswelt 4.0 gerecht zu werden.
Auch zu den Themen "Union Busting", Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen sowie zur aktuellen Flüchtlingssituation äußerte sich Hoffmann in seiner Rede:
DGB-Vorsitzender Hoffmann: Gutes Zeichen, dass so viele KollegInnen Solidarität mit Flüchtlinge zeigen. #DBRT pic.twitter.com/dGubaosgwq
— DGB-Bundesvorstand (@dgb_news) 27. Oktober 2015
DGB-Vorsitzender Hoffmann beim Deutschen BetriebsräteTag #DBRT: Keine Abstriche beim #Mindestlohn für #Flüchtlinge. @betriebsraete
— DGB-Bundesvorstand (@dgb_news) 27. Oktober 2015
Deutscher BetriebsräteTag #DBRT, DGB-Vorsitzender Hoffmann: #UnionBusting und Behinderung von Betriebsräten stoppen pic.twitter.com/QFd46tLxSg
— DGB-Bundesvorstand (@dgb_news) 27. Oktober 2015
DGB-Vorsitzender Hoffmann beim #DBRT: Schluss mit Missbrauch von #Leiharbeit mit Dauer-Leiharbeitsverhältnissen. pic.twitter.com/aaShy8jQqz
— DGB-Bundesvorstand (@dgb_news) 27. Oktober 2015
Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles sendete eine Grußbotschaft an den BetriebsräteTag: "Arbeit von Betriebsräten ist täglich gelebte Mitsprache", so Nahles. Betriebsratsarbeit sei nicht nur wirksame Interessenvertretung, sondern auch wichtiger Beitrag für wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen. "Mitbestimmte Unternehmen sind wirtschaftlich erfokreichere Unternehmen", so Nahles.
Betriebsräte spielen eine wichtige Rolle bei der Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeit. Sie können treibende Kraft gegenüber dem Arbeitgeber sein und seien "Schutzmacht vor Ausbeutung und schlechter Ausbildung", sagte DGB-Vize Elke Hannack auf dem Deutschen BetriebsräteTag in Bonn.
Hannack diskutierte beim BetriebsräteTag mit Andreas Oehme, Geschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertags (WHKT), wie die Integration von Füchtlingen in Arbeit und Ausildung gelingen kann.
DGB
Hannack sprach sich gegen so genannte Teilqualifizierungen oder "Schmalspurausbildungen" für Flüchtlinge aus. "Das wollen wir nicht. Teilqualifikationen bereiten höchstens auf schlechte Arbeit in prekären Verhältnissen vor", so Hannack. Für Geflüchtete müssten dieselben Standards bei der Integration in den Arbeitsmarkt gelten wie für Menschen, die bereits hier leben.
DGB-Vize Hannack beim #DBRT: Keine Schmalspurausbildung für Flüchtlinge, sondern gute Ausbildung für alle. @DGBJugend @dgb_handwerk @DGBNRW
— DGB-Bundesvorstand (@dgb_news) 29. Oktober 2015
Hannack machte klar: Auch andere Ausbildungs- und Arbeitsstandards dürften für Flüchtlinge nicht abgesenkt werden, auch nicht der Mindestlohn.
"Für die Integration in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt ist die Sprachförderung einer der wichtigsten Punkte", sagte Hannack. "Die Sprachförderung muss möglichst frühzeitig und schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen beginnen."
Auch WHKT-Geschäftsführer Oehme betonte die wichtige Rolle der Sprachförderung. Viele Betriebe, die Flüchtlinge beschäftigen wollen, würden bereits nach Einsatzbereichen suchen, in denen auch geringe deutsche Sprachkenntnisse ausreichen. Oehme wies allerdings auch darauf hin, dass viele Betriebe Schwierigkeiten mit der unklaren (arbeits-)rechtlichen Situation von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt hätten. Das sei eine Integrationshürde, die abgebaut werden müsse.
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Hannack betonte die Rolle von Betriebsräten bei der Integration. Sie würden Flüchtlinge vor Ausbeutung im Betrieb schützen. Sie könnten aber auch als "Integrationslotsen" fungieren und den Arbeitgeber dazu bringen, Flüchtlinge auszubilden. Die Instrumente dafür seien vorhanden: "Wir appellieren an die Arbeitgeber, junge Geflüchtete auch auszubilden. Wenn die Betriebe dabei Unterstützung brauchen, besteht jetzt ja schon die Möglichkeit der assistierten Ausbildung. Wenn sich Jugendliche und Betriebe unsicher sind, ist auch schon jetzt eine Einstiegsqualifizierung möglich", so Hannack. "Wir haben bereits jetzt schon Instrumente, die wir einfach mal nutzen sollten."
Norbert Kluge, Abteilungsleiter Mitbestimmungsförderung bei der Hans-Böckler-Stiftung, betonte: Die betriebliche Mitbestimmug selbst sei ein echter Integrationsfaktor: Ab dem ersten Tag der Ausbildung oder Anstellung könnten Flüchtlinge und MigrantInnen als Teil der Belegschaft den Schutz und Rat des Betriebsrats in Anspruch nehmen. Und im Gegensatz zu Kommunal- oder Parlamentswahlen mache das Betriebsverfassungsgesetz keinen Unterschied nach Nationalitäten: Alle können an dieser demokratischen Wahl teilnehmen.