Die geplante Neuregelung der EU-Datenschutzgrundverordnung erlaubt Arbeitgebern massive Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten im Betrieb, warnen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften. Doch der Nacktscanner am Werkstor dürfe auf keinen Fall Realität werden, sagt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach. Deshalb müsse die Bundesregierung bei der EU dafür sorgen, so Buntenbach, dass strengere nationale Datenschutz-Vorschriften möglich werden. 15 Betriebs- und Personalräte aus Betrieben und Verwaltungen unterstützen die gewerkschaftlichen Forderungen: Deutsche Datenschutz-Standards dürften auf keinen Fall ausgehöhlt werden.
Colourbox
Noch verhindern in Deutschland Gesetze und Rechtsprechung, dass Arbeitgeber die Beschäftigten im Betrieb umfassend überwachen.
Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied:
„Die EU-Datenschutzgrundverordnung wird uns lange Zeit rechtlich binden. Die fortschreitende Digitalisierung – und damit einhergehend eben auch neue Möglichkeiten der Überwachung von Beschäftigten – gebieten eine ständige Weiterentwicklung des Beschäftigtendatenschutzes, der Teil des Persönlichkeitsschutzes der Arbeitnehmer im Betrieb ist. Eine Grundverordnung, die für alle EU-Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht setzt, steht dem eindeutig im Wege.
Wir wollen eine Verordnung, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit lässt, ihr Datenschutzniveau zu erhalten und zu verbessern. Die Bundesregierung muss sich bei den Trilog-Verhandlungen dafür einsetzen, dass strengere nationale Vorschriften möglich sind. Hohe Datenschutzstandards für Beschäftigte kann es nur geben, wenn in den Betrieben auch künftig Betriebsräte bei der Einführung und Anwendung neuer IT mitbestimmen können.
Der jetzt verhandelte Verordnungsentwurf schafft keine Rechtssicherheit. Wir befürchten, dass es zu einer weitflächigen Überwachung im Betrieb kommen könnte. Der Nacktscanner am Werkstor und heimliche Durchsuchungen von Beschäftigten-Computern dürfen auf keinen Fall Realität werden.“
Die Forderungen der Betriebs- und Personalräte für die Verbesserung des Beschäftigtendatenschutzes im Volltext und zum Download
Das verbriefte und anerkannte Recht auf Schutz persönlicher Daten und der Privatsphäre insbesondere im Beschäftigungskontext droht mit der Neuregelung der EU-Datenschutzgrundverordnung ernsthaft Schaden zu nehmen. Alle derzeit in den Trilog-Verhandlungen der EU-Institutionen vorliegenden Fassungen und Änderungsformulierungen deuten leider in diese Richtung. Wir brauchen aber eine rechtssichere Regelung, die ein hohes Niveau des Beschäftigtendatenschutzes garantiert, wie es in Deutschland schon jetzt existiert!
Doch vor allem der Rat will offenbar verhindern, dass es auch künftig strengere Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz auf nationaler Ebene (Art. 82 der geplanten Verordnung) geben darf. Ein durch die Arbeitskammer Wien von Prof. Rebhahn (Universität Wien) eingeholtes Rechtsgutachten alarmiert uns: Mit der derzeit vorliegenden Fassung der Verordnung wären die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte beim Datenschutz in Österreich – und dementsprechend auch in Deutschland – entweder unzulässig oder unanwendbar. Das dürfen wir nicht hinnehmen!
Wenn die Datenschutzgrundverordnung so kommt, wäre sie bindendes Recht für alle Mitgliedsstaaten. Die in der Verordnung enthaltenen Regeln wären gesetzt. Strengere Regelungen, wie es sie etwa in Deutschland gibt, wären damit unterbunden. Die Folgen für unser Beschäftigtendatenschutz- und Mitbestimmungsniveau wären katastrophal!
Auch die derzeit vorgesehene „Einwilligung“ in die Verarbeitung von Beschäftigtendaten darf es so auf keinen Fall geben. Mit einer solchen Regelung könnten die einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nämlich künftig unter Druck gesetzt werden, wenn sie der Speicherung ihrer persönlichen Daten nicht zustimmen möchten. Dies hatte die EU-Kommission schon verstanden, in deren erstem Vorschlag keine entsprechende Regelung enthalten war.
Wir, die Betriebs- und Personalräte aus Betrieben und Verwaltungen setzen uns tagtäglich für den Persönlichkeitsschutz unserer Kolleginnen und Kollegen ein. Wir unterstützen den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften in ihren Forderungen:
Wir fordern alle am Verhandlungsprozess um die Verordnung Beteiligten und die Abgeordneten des Europäischen Parlaments auf, diese Defizite zu beseitigen.
Die EU-Datenschutzreform darf in keinem Punkt hinter das Schutzniveau der EU-Richtlinie von 1995 zurückfallen. Keinesfalls dürfen die in Deutschland durch Richter-Recht gesetzten Schutzstandards zum Grundrecht auf Persönlichkeitsschutz, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Bundesdatenschutzgesetz ausgehöhlt werden.
Berlin, 09. November 2015
Beins, Rüdiger |
KBR-Vorsitzender |
DZ Bank AG, Hannover |
Bleyel, Ingo |
BR-Vorsitzender |
RBH Logistics GmbH, Gladbeck |
Brenner, Knut |
IT-Referent |
Porsche AG, Stuttgart |
Falk, Gunter |
Vertrauensmann |
Covestro Deutschland AG, Leverkusen |
Hülsmeier, Doris |
Gesamtpersonalratsvors. |
für das Land u. die Stadtgemeinde, Bremen |
Isik, Akan |
BR-Mitglied |
Porsche AG, Stuttgart |
Koczelnik, Thomas |
KBR-Vorsitzender |
Deutsche Post AG, Bonn |
Kügelgen, Kai |
GBR-Vorsitzender |
GE Medical Systems Information Technologies GmbH, Freiburg |
Litzenberger, Waltraud |
KBR-Vorsitzende |
Telekom AG, Bonn |
Lütjen, Rüdiger |
KBR-Vorsitzender |
Airbus Group, München |
Migot-Pauly, Reinhard |
stellv. BR-Vorsitzender |
LSG Sky Chefs Verwaltungsgesellschaft mbH, Frankfurt |
Osterloh, Bernd |
GBR/KBR-Vorsitzender |
VW AG, Wolfsburg |
Oswald, Robert |
KBR-Vorsitzender |
BASF SE, Ludwigshafen |
Schäfer-Klug, Wolfgang |
GBR-Vorsitzender |
Adam Opel AG, Rüsselsheim |
Tschäge, Uwe |
GBR/KBR-Vorsitzender |
Commerzbank AG, Düsseldorf |