Deutschland muss langfristig investieren. In Infrastruktur, Bildung, Qualifizierung, Forschung und Entwicklung, um die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft zu sichern. Tausende Mietwohnungen müssen gebaut werden. Doch den Bundesländern fehlen die Steuereinnahmen, um diese Mammut-Aufgaben zu finanzieren.
Deutschland nach der Wahl: Sondierungsgespräche laufen auf Hochtouren. Die Debatte um die Steuererhöhung, die die SPD oder die Grünen von Merkels CDU als Preis für die Regierungsbildung verlangen, beherrscht die politische Landschaft. Die CDU schürt Angst. Und die Presse spielt auf der ganzen Linie mit. Die Botschaft: Mit der SPD oder den Grünen werden Steuern für alle erhöht. Steuererhöhungen belasten die Mitte der Gesellschaft und die Steuereinnahmen sind doch auf Rekordniveau. Der Staat habe genug Geld und müsse damit wirtschaften, statt nach immer höheren Steuern zu rufen. Der Staat habe ein Ausgaben- aber kein Einnahmenproblem.
Nun zu den Fakten: Die SPD und die Grünen wollen keine Steuererhöhung für alle, sondern eine gerechte Besteuerung der Einkommen und Vermögen und damit mehr Steuergerechtigkeit. Vor allem wollen sie die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben und Investitionen sichern. Und zwar ungeachtet von konjunkturellen Hochs und Tiefs. Von ihren Steuerreformplänen werden höchstens die einkommensstärksten 10 Prozent der Bevölkerung betroffen sein. Die Hysterie, die Mitte würde belastet, ist unberechtigt. Denn bei der Anhebung eines Spitzensteuersatzes ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro für Ledige oder 200.000 Euro für Verheiratete wäre die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten nicht betroffen. Sie profitiert sogar von den Steuerplänen der SPD und der Grünen. Außerdem zahlt rund die Hälfte der privaten Haushalte in Deutschland keine Einkommensteuer, weil sie mit ihren Niedriglöhnen keine Lohnsteuer entrichten müssen. Auch die Einführung einer Vermögensteuer betrifft die Hälfte der Deutschen überhaupt nicht, da sie über kein Vermögen verfügt. Von dieser Steuer wären lediglich die reichsten 10 bis 30 Prozent der Bevölkerung betroffen.
DGB
Doch damit nicht genug: Die Union beantwortet nicht, wie sie konjunkturunabhängig, d. h. auch in Phasen wirtschaftlichen Tiefs, Schulden abbauen und dringend benötigte Investitionen finanzieren will.
Ein Blick auf den Investitionsbedarf zeigt, was Deutschland als starker Industrie- und Dienstleistungsstandort braucht: Laut dem Deutschem Institut für Urbanistik (Difu) benötigt Deutschland für die kommunale Infrastruktur von 2006 bis 2020 Investitionen von insgesamt 700 Milliarden Euro. Für die langfristige Stabilisierung der Innovationskraft der deutschen Wirtschaft sind Investitionen in Bildung, Qualifizierung, Forschung und Entwicklung von jährlich mindestens 40 Milliarden Euro notwendig. Jährlich 7,2 Milliarden Euro müssen in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden. Für den flächendeckenden Breitbandausbau bis 2018 sind mindestens 5 Milliarden Euro erforderlich. Zudem müssen jährlich 140.000 Mietwohnungen gebaut werden.
Die Bundesländer alleine sind mit der Finanzierung dieser Mammutaufgaben überfordert. Schuld daran sind auch die Steuergeschenke für Besserverdiener und Vermögende, die bis 2011 zu Steuermindereinnahmen in Höhe von 386 Milliarden Euro geführt haben. Das muss sich ändern. Darum brauchen wir mehr Steuergerechtigkeit statt Steuererhöhung für alle.