"Sozial ist, was Arbeit schafft": Mit diesem Slogan verspricht die CDU/CDU Vollbeschäftigung bis 2025 - und erhöht damit den Druck in den Niedriglohn. Das ist der völlig falsche Weg, kritisiert DGB-Vorstand Annelie Buntenbach in der Frankfurter Rundschau: "Gerade für eine "Volkspartei" sollten gute, faire Arbeitsbedingungen und anständige Löhne das Ziel sein - für alle Menschen."
DGB/Simone M. Neumann
Annelie Buntenbach ist Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes. Sie schreibt regelmäßig als Autorin für die Kolumne Gastwirtschaft der Frankfurter Rundschau.
Noch nie ging es Deutschland so gut wie heute. Mit dieser Botschaft werben CDU/CSU in ihrem Wahlprogramm. Wer ist eigentlich „Deutschland“? Rührt man die Lebenslagen von denen da oben und denen da unten zu einem Durchschnittsbrei zusammen, kann unter dem Strich eine positive Wohlstandsentwicklung stehen.
Aber das sagt wenig über die unterschiedlichen Lebenssituationen leibhaftiger Menschen. Mag sein, dass der Linienbus äußerst bequeme Sitzplätze hat. Aber was haben die davon, die im Gang stehen müssen oder gar an der Haltestelle zurückgelassen werden? Deshalb ist der nicht mehr taufrische Slogan „Sozial ist, was Arbeit schafft“ immer noch falsch, unter dem die CDU/CSU Vollbeschäftigung bis 2025 in Aussicht stellt. Gerade für eine „Volkspartei“ sollten gute, faire Arbeitsbedingungen und anständige Löhne das Ziel sein – für alle Menschen. Davon sind wir noch immer meilenweit entfernt - und wären mit dem Unions-Arbeitsmarktprogramm sogar auf der Gegenfahrbahn unterwegs.
Jeder Fünfte arbeitet im Niedriglohnbereich, viele hängen in prekärer Beschäftigung oder Kleinstarbeitsverhältnissen fest, gerade Frauen. Da brauchen wir politische Weichenstellungen, die prekäre Beschäftigung eindämmen, mehr Menschen in unbefristete Beschäftigung, in den Schutz von Sozialversicherung und Tarifverträgen einbeziehen. Aber statt Rechtsansprüche in Aussicht zu stellen - auf Weiterbildung, auf Aufstockung von Teilzeit in Vollzeit, damit gerade Frauen aus der Teilzeitfalle rauskommen - erhöht die Union den Druck in den Niedriglohn.
Minijobs sind eine Rutschbahn in die Altersarmut und Arbeitnehmerrechte bleiben dabei immer wieder auf der Strecke: Ein Drittel der Minijobber bekommt keinen Urlaub, die Hälfte bei Krankheit keinen Lohn. Und davon will die Union noch mehr, sie will die 450-Euro-Grenze dynamisieren, sprich anheben. Stattdessen ist eine Reform überfällig, die Minijobs in sozialversicherungspflichtige Teilzeit oder Vollzeit umwandelt. Beim Mindestlohn wollen CDU/CSU die Kontrollen in Gastronomie und Landwirtschaft runterfahren – jene Branchen, in denen schon heute oft am Gesetz vorbei beschäftigt wird. Klar ist: Mehr Wilder Westen am Arbeitsmarkt wird nicht zu "Wohlstand für alle" führen.
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Frankfurter Rundschau: Mit dem Programm der Union auf die Gegenfahrbahn