Deutscher Gewerkschaftsbund

29.11.2013
klartext 43/2013

Koalitionsvertrag: Deutschland wird ein Stück gerechter

Für über neun Millionen abhängig Beschäftigte bedeutet der zwischen Union und SPD vereinbarte Mindestlohn zusätzliches Netto-Einkommen. Das sorgt für mehr Kaufkraft und damit auch für Wachstum, mehr Arbeitsplätze und höhere Steuereinnahmen. Der klartext zeigt die Zusammenhänge.

In Deutschland regiert seit gestern wieder ein wenig politische Vernunft. Die Richtung stimmt. Gut für Deutschland, gut für Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Endlich bekommt das ökonomisch stärkste Land in Europa einen gesetzlichen Mindestlohn. Die seit 2006 anhaltende Kampagne des DGB und seiner Mitgliedgewerkschaften hat sich gelohnt. Die Beschäftigten bekommen ihre Würde zurück. Von nun an kann faktisch kein neuer Tarifvertrag mehr unter 8,50 Euro abgeschlossen werden. Die Marke ist gesetzt. Auch wenn er erst 2015 kommt.

Der Mindestlohn bringt 4,1 Millionenen regulär Beschäftigten und fünf Millionen Minijobbern, also rund 9,1 Millionen Beschäftigten zusätzliches Netto-Einkommen und damit jährlich 19 Milliarden Euro zusätzliche Kaufkraft für unser Land (siehe Grafik). Das beflügelt Wachstum, sorgt für neue Jobs und bringt dem Staat zusätzliche Steuereinnahmen. Die Kosten für Aufstocker sinken. Gewinne durch Lohndumping werden eingedämmt.

Grafik Kaufkraft Mindestlohn

Grafik: DGB, Quelle: ISP Eduard Pestel Institut für Systemforschung, Hannover, Juli 2013

Doch damit nicht genug: Die Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen stabilisiert unser Tarifsystem, stärkt die Tarifautonomie und fördert den fairen Wettbewerb. Auch die strengere Regulierung der Leiharbeit und die ersten Regulierungsversuche bei den Werkverträgen gehen in die richtige Richtung.

Mit weiteren Maßnahmen, wie dem Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit für Kindererziehung und Pflege und einem Rückkehrrecht auf frühere Arbeitszeit oder der Abbau von Lohndifferenzen zwischen Männern und Frauen, bekommt der deutsche Arbeitsmarkt eine neue Ordnung. Auch in der Rentenpolitik sind wichtige und richtige Weichenstellung gelegt worden: Die Möglichkeit, mit 63 Jahren bei 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente gehen zu können, bedeutet für viele Beschäftigte faktisch den Verzicht auf die Rente mit 67. Wenn Zeiten der Arbeitslosigkeit als Beitragszeiten angerechnet wwrden, hilft das insbesondere Menschen in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit.

Anzuerkennen sind Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente und die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vor 1992, um der massenhaft drohenden Altersarmut entgegen zu wirken. Die Verbesserungen in der Pflege, die Einführung einer Mietbremse und die Förderung des Städtebaus sind zu begrüßen. Zur Energiewende werden richtige Themen angesprochen, jedoch bleibt die Gesamtarchitektur vage. Nachbesserungen sind im Gesundheitsbereich, bei der Verkehrsinfrastruktur, der Bildungspolitik und der Steuerpolitik dringend erforderlich. Auch wenn die Entlastung der Länder und der chronisch unterfinanzierten Kommunen sinnvolle Maßnahmen darstellen, verpasst die Koalition die Chance für einen finanzpolitischen Kurswechsel für mehr Steuereinnahmen durch eine gerechte Besteuerung von Reichen und Vermögenden. In der Europa-Politik ist keine Strategie jenseits von Spardiktat sichtbar.

Trotz einiger zentraler Schwachstellen geht der Koalitionsvertrag in die richtige Richtung. Deutschland wird ein Stück gerechter.


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