Deutscher Gewerkschaftsbund

20.03.2014
Interview - Magazin für Beamtinnen und Beamte 03/2014

GEW: Das Streikrecht ist unteilbar

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Streikrecht für Beamtinnen und Beamte hat hohe Wellen geschlagen. Das Beamtenmagazin hat Andreas Gehrke, bei der GEW zuständiges Vorstandsmitglied für Angestellten- und Beamtenpolitik, nach Hintergründen des Verfahrens befragt.

Beamtenmagazin: Die GEW setzt sich für die Abschaffung des in Deutschland nach herrschender Meinung bestehenden Streikverbots für beamtete Beschäftigte ein. Warum?

Andreas Gehrke: Das Streikrecht ist untrennbarer Bestandteil der Koalitionsfreiheit, also des Rechts, Gewerkschaften zu bilden und Tarifverhandlungen zu führen. Deshalb ist das Streikrecht unteilbar. Es gilt für beamtete Beschäftigte wie Tarifbeschäftigte. Beamtinnen und Beamte brauchen dieses Recht, um ihre Interessen zu wahren. So haben beispielsweise die meisten Arbeitgeber das jüngste Tarifergebnis auf Beamte verspätet und nicht in vollem Umfang übertragen. Nicht zu vergessen auch die vergangenen und aktuellen Erhöhungen der Arbeitszeit.

In Deutschland drohen streikenden Beamtinnen und Beamten dennoch disziplinarrechtliche Maßnahmen. Die GEW gewährt betroffenen Mitgliedern Rechtschutz. Eines der Verfahren führte nun bis zum Bundesverwaltungsgericht, das die Rechtmäßigkeit der Disziplinarmaßnahme bestätigte. Gleichzeitig stellt es jedoch die Kollision des Streikverbots mit der Europäischen Menschenrechtskonvention fest, die der Gesetzeber zu lösen habe. Wie ist diese „Nein, aber … – Entscheidung“ zu bewerten?

Andreas Gehrke

Jahrgang 1956, hat Grund- und Hauptschullehramt studiert. Seine hauptamtliche Gewerkschaftsarbeit begann er 1981 als Kreisgeschäftsführer der GEW in Hannover, worauf Tätigkeiten als Angestelltensekretär bei der GEW-Niedersachsen und als Tarifsekretär im ver.di-Bundesvorstand folgten. Von 2009 bis 2010 leitete Gehrke das Parlamentarische Verbindungsbüro der GEW in Berlin, ehe er als Abteilungsleiter für Beamtenpolitik zum DGB-Bezirk Niedersachsen – Bremen – Sachsen-Anhalt wechselte. Seit Juni 2013 ist Gehrke Mitglied des GEW-Hauptvorstandes.

Mit der Bestätigung des Streikverbots war zu rechnen. Nicht zu erwarten war, dass das Gericht die Geltung der EMRK auch für das deutsche Beamtenrecht so deutlich klarstellt. Das ist ein großer Erfolg unserer Argumentation! Die Auflösung der Kollision zwischen Grundgesetz und EMRK ist nach Auffassung des Gerichts Sache des Bundesgesetzgebers. Damit haben die Richter ihren Spielraum leider nicht genutzt. Um die Kollision aufzulösen, bietet das Gericht zwei Möglichkeiten an. Voraussetzung für beide ist die Bestimmung der Bereiche der hoheitlichen Staatsverwaltung, in denen das Streik gilt. Für die anderen Bereiche könne es entweder erweiterte Beteiligungsrechte der Beamtenorganisationen geben oder das Streikrecht. Letzteres allerdings nur, wenn Regelungen, die für Beamte günstig sind, geändert, sprich verschlechtert würden. Das Gericht lässt offen, welche Eingriffe das sein und wie weit sie gehen könnten. Als Beispiel nennen die Richter lediglich das Besoldungsrecht. Nach dieser Entscheidung werden wir unser weiteres Vorgehen intensiv diskutieren. Mit Blick auf die rechtlichen und politischen Konsequenzen stimmen wir uns dabei eng mit dem DGB ab.

Hat die GEW nun ihr Ziel erreicht?

Mit diesem Urteil sind wir einen deutlichen Schritt vorwärts in Richtung auf mehr Beamtenrechte gekommen. Endgültig bewerten können wir das aber erst, wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. Positiv hervorzuheben ist jedenfalls, dass nach Auffassung des Gerichts die Besoldungsgesetzgeber als Ausgleich für das Streikverbot die Beamtenbesoldung nicht von den Tarifabschlüssen abkoppeln dürfen.


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