Deutscher Gewerkschaftsbund

16.06.2016
klartext 24/2016

Schäuble muss sinnloses Ziel der "Schwarzen Null" aufgeben

Negativzinsen: Sparkurs ist Geldverschwendung

Finanzminister Schäuble muss endlich das sinnlose und kostspielige Ziel der „Schwarzen Null“ aufgeben. Wer spart zahlt drauf: Erstmals gibt es Negativzinsen auf 10-jährige Bundesanleihen. Das sollte der Bund nutzen, um in die Zukunft zu planen und den Investitionsstau bei Verkehrswegen, Schulen und öffentlicher Infrastruktur zu beenden, schreibt der DGB-klartext.

Wolfgang Schäuble; Wolfgang Schäuble als Bundesinnenminister auf dem Schöneberger Forum des DGB im Jahr 2007

DGB/Michael Ebner

Wer spart zahlt drauf: Die Rendite auf deutsche Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit ist am Dienstag erstmals unter Null Prozent gerutscht (siehe Grafik). Das heißt: Für neue langfristige Schulden würde der Bundesfinanzminister nicht nur keinen Cent an Zinsen bezahlen, sondern sogar Zinsen bekommen. Bedenkt man, dass die Kosten der Verschuldung zusätzlich durch die – in Deutschland nach wie vor positive – Inflationsrate gemindert werden, wird klar: Wenn die Bundesregierung jetzt Haushaltsüberschüsse, also Ersparnisse erwirtschaftet und diese für die Schuldentilgung einsetzt, ist das eine regelrechte Geldverschwendung.

Rendite von 10-jährigenBundesanleihen 2008 bis 2016

Grafik: DGB; Daten: Bundesbank

Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Staat nicht ohne Grund Schulden macht, sondern um damit sinnvolle öffentliche Aufgaben – insbesondere Investitionen – zu finanzieren. Öffentliche Investitionen in Bildung, Nahverkehr, Infrastruktur und vieles mehr verbessern dabei nicht nur die Lebensqualität für die Menschen. Sie werfen auch Renditen ab, die die Kosten für Kredite bei weitem übersteigen.

Zum einen führen sie direkt zu mehr Aufträgen an Unternehmen, schaffen Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen. Zum anderen sorgen zum Beispiel intakte Verkehrswege sowie gute Schulen und Universitäten auch langfristig für den Erhalt von Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Investitionen in die Energiewende, in energetische Gebäudesanierung, aber auch in frühkindliche Bildung, Integration, sozialen Wohnungsbau und Pflege sorgen dafür, Potentiale zu heben und Mehrkosten in der Zukunft zu vermeiden. Öffentliche Investitionen schaffen Werte, sie schaffen öffentliches Vermögen, das auch den künftigen Generationen zur Verfügung steht.

Doch in Deutschland verfällt dieses Vermögen. Schultoiletten werden nicht renoviert, Brücken und Straßen werden unbefahrbar. Der Grund: Jahr für Jahr sind die öffentlichen Nettoinvestitionen in Deutschland negativ, die Investitionen reichen noch nicht mal für den Erhalt der bestehenden Infrastruktur. Eine riesige Investitionslücke hat sich aufgetan – allein bei den Kommunen beträgt der Investitionsstau rund 132 Milliarden Euro. Viel mehr wäre nötig, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden und die Qualität des öffentlichen Lebens zu verbessern.

Bundesfinanzminister Schäuble muss deshalb endlich das sinnlose und kostspielige Ziel der „Schwarzen Null“ aufgeben. Anstatt Überschüsse im Bundeshaushalt anzustreben, sollte der Verschuldungsspielraum genutzt werden, den die Schuldenbremse und die europäischen Regeln lassen. Doch das reicht nicht: Diese Regelungen sind nach wie vor falsch. Zumindest die öffentlichen Investitionen müssten von dem Geltungsbereich der Schuldenbremse ausgenommen werden.

Die privaten Sparer suchen verzweifelt nach sicheren Anlagemöglichkeiten. Der Staat sollte sich Geld von ihnen leihen und in die Zukunft investieren. Das würde auch die Wirtschaft europaweit stabilisieren und früher oder später wieder steigende Zinsen ermöglichen. Alles andere ist Geldverschwendung.


Nach oben

Weitere Themen

Zu­sam­men für De­mo­kra­tie. Im Bun­d. Vor Or­t. Für Al­le.
Gruppe junger Menschen stehen lachend im Kreis und legen ihre Hände aufeinander
DGB/rawpixel/123rf.com
„Zusammen für Demokratie. Im Bund. Vor Ort. Für Alle“: Unter diesem Motto haben wir uns mit rund 50 anderen Organisationen zu einem starken Bündnis zusammengeschlossen. Gemeinsam verteidigen wir unsere Demokratie – und alle, die hier leben.
Zur Pressemeldung

1. Mai 2024: Mehr Lohn, mehr Frei­zeit, mehr Si­cher­heit
1. Mai 2024. Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
DGB
Tag der Arbeit, Maifeiertag oder Kampftag der Arbeiterbewegung: Am 1. Mai rufen wir Gewerkschaften zu bundesweiten Kundgebungen auf. 2024 steht der 1. Mai unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit". Das sind unsere 3 Kernversprechen. Wir geben Antworten auf die zunehmende Verunsicherung in der Gesellschaft.
weiterlesen …

#Ta­rif­wen­de: Jetz­t!
Infografik mit Kampagnenclaim "Eintreten für die Tarifwende" auf roten Untergrund mit weißen Pfeil, der leicht nach oben zeigt.
DGB
Immer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …