Arbeitgeber erklären oft, dass das Arbeitszeitgesetz nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Doch wer den Acht-Stundentag abschaffen und mehr "Flexibilitiät" will, dem geht’s ganz einfach ums Geld, meint DGB-Vorstand Annelie Buntenbach.
DGB/Simone M. Neumann
Annelie Buntenbach ist Mitglied des DGB-Bundesvorstandes. Sie schreibt regelmäßig als Autorin für die Kolumne Gastwirtschaft der Frankfurter Rundschau.
Kennen Sie das? Die Familienfeier in der Gastwirtschaft Ihres Vertrauens ist in vollem Gange, da stoppt die Musik, die Kellnerin macht das Saallicht an und sagt: „Das war’s. Ich habe jetzt Feierabend. Und räumen Sie doch bitte noch ab, bevor Sie gehen.“ Noch nie erlebt? Ich auch nicht. Allerdings erzählen Arbeitgeberverbände solche Geschichten immer wieder gerne. Warum? Weil sie damit erklären wollen, dass das Arbeitszeitgesetz nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist.
Natürlich muss die Kellnerin weiterarbeiten, bis das Fest zu Ende ist. Doch – so heißt es – damit würde sie gegen das Gesetz verstoßen. Schließlich sollte in der Regel nach acht Stunden Arbeit Schluss sein. Damit die Gäste unbeschwert weiterfeiern können und sich die arme Kellnerin nicht gesetzwidrig verhält, wollen die Arbeitgeber die Grenzen für die tägliche Arbeitszeit abschaffen. Na dann Prost! Ach so, sollte die Kellnerin nach zwölf oder 14 Stunden Arbeit vielleicht nicht mehr so auf der Höhe sein oder gar unfreundlich werden, nun ja – dann gibt’s wohl eine Abmahnung oder Gehaltsabzüge. Wollen Sie das? Und stimmt die Geschichte eigentlich?
Richtig ist, dass Beschäftigte durch das Arbeitszeitgesetz vor zu langen Arbeitszeiten geschützt werden sollen. In der Regel hat die besagte Kellnerin also nach acht Stunden Arbeit das gute Recht auf Feierabend – Überstunden inklusive, denn wenn die Arbeit es erfordert, dürfen es auch mal zehn Stunden sein. Wenn dann das Licht angehen sollte, müsste eigentlich der Gastwirt den Gästen erklären, warum das Fest zu Ende wäre: weil er sein Personal für die Feier so schlecht geplant hat.
Denn solche Feiern fallen nicht vom Himmel, sondern haben einen langen Planungsvorlauf. Also kann und muss der Wirt ausreichend viel Personal einplanen, wenn es sein muss auch mit Springern, die kurzfristig helfen. Schließlich hat er in erster Linie die Verantwortung für seine Mitarbeiter. Das hält sie gesund und sorgt im Übrigen dafür, dass sich die Gäste auch beim nächsten Fest an ausgeruhtem und freundlichem Personal erfreuen können. Das macht dann allen mehr Spaß. Wer aber den Achtstundentag abschaffen will, dem geht’s ganz einfach ums Geld. Auf die Gesundheit?
Annelie Buntenbach: Kolumnen zu Wirtschaft, Arbeit, Sozialpolitik
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