Deutscher Gewerkschaftsbund

21.11.2016
Klimagipfel COP22

Wie setzt man eigentlich ein Klimaabkommen um?

Ein Jahr nach Paris

Fast konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Teilnehmer der Klimakonferenz in Marokko  überrascht davon waren, dass das Abkommen von Paris so schnell in Kraft tritt. Schneller als erwartet war die erforderliche Anzahl an Vertragsparteien erreicht. Doch die bisherigen Zusagen reichen noch nicht aus, um die Klimaziele tatsächlich zu erreichen.

Hand hält Pflanze vor vertrockneter Ackerfläche

DGB/nitsuki/123rf.com

Das 2-Grad Ziel-einhalten

Ausreichend sind die bisherigen Zusagen freilich noch nicht. Berücksichtigt man die bisherigen nationalen Minderungsziele, dann würde dies zu einer Erderwärmung von 2,5 bis 2,7 Grad Celsius führen. Um zumindest das 2-Grad-Ziel einzuhalten sind also noch zusätzliche Anstrengungen erforderlich. Betrachtet man den weltweiten Vormarsch erneuerbarer Energien aufgrund sinkender Kosten und immer fortschrittlicherer Technik, so besteht zumindest leise Hoffnung, dass das 2-Grad-Ziel doch noch erreicht werden kann.

Just Transition auch im Rahmen der Umsetzung

Die Gewerkschaften hatten sich bereits vor Paris für einen gerechten Übergang des dafür erforderlichen wirtschafts- und gesellschaftlichen Wandels ausgesprochen. Ein solcher fundamentaler Strukturwandel kann nur dann gerecht sein und Akzeptanz finden, wenn er planvoll verläuft, keine Verlierer produziert und Gute Arbeit, also fairer Lohn, das Recht auf soziale Sicherheit und Bildung für die Beschäftigten, Leitbild dieses Wandels ist. Im Englischen steht für diese Forderung der Ausdruck „Decent Jobs and a just transition of the workforce“. Mit der Aufnahme dieser Forderung in die Präambel des Abkommens von Paris muss diese nun auch bei dessen Umsetzung Berücksichtigung finden. Dafür setzten sich die Gewerkschaften in Marrakesch ein.

Hier ging es nun um die Ausgestaltung des Abkommens von Paris. Offene Fragen waren beispielsweise, wie arme Länder bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützt werden können, wie die Mechanismen, die es bereits im Rahmen der Umsetzung des Kyoto-Protokolls gab, in das Abkommen von Paris integriert werden können und natürlich auch wie die ganz unterschiedlichen Klimaziele der Staaten miteinander verglichen werden können und Transparenz gewährleistet werden kann. Ein wichtiger Aspekt war etwa die Fortführung des im Rahmen von Kyoto errichteten Anpassungsfonds (Adaptation Fund), der Entwicklungsländern dabei hilft die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen.

Forderungen der Gewerkschaften nach gerechtem Strukturwandel

Die Arbeit an der sogenannten Operationalisierung, also der Umsetzung des Paris-Abkommens, fand in Marrakesch im Rahmen einer Vielzahl verschiedener Arbeitsgruppen statt. Eine für die Gewerkschaften wichtige Arbeitsgruppe war hierbei das „Improved Forum on the Impact of the Implementation of Response Measures“, ein Forum, dass sich, etwas sperrig ausgedrückt, mit den Auswirkungen der Umsetzung von Maßnahmen auseinandersetzt. Auf Druck der Gewerkschaften hatte dieses Gremium die Einsetzung einer Ad-Hoc Arbeitsgruppe vorgeschlagen, die sich unter anderem auch mit dem Thema Guter Arbeit und einem gerechten Strukturwandel beschäftigen soll (“Ad-hoc Technical Expert Group on […] Just Transition of the Workforce and the Creation of Decent Work and Quality Jobs“).

Was bedeutet die US-Wahl für das Paris-Abkommen?

Für einigen Diskussionsstoff sorgten in Marrakesch auch die Ergebnisse der Wahlen in den USA. Der designierte Präsident Trump hatte ja im Wahlkampf angekündigt, den Vertrag von Paris aufzukündigen und national verstärkt auf fossile Energieträger und Fracking zu setzen. Auch eine Lockerung der Umweltgesetzgebung allgemein hatte er sich auf die Fahnen geschrieben. Doch ganz so einfach wird es für Trump nicht sein, sich von Paris zu verabschieden.

Zum einen beruhen die nationalen Zusagen der USA zur Treibhausgasreduktion vielfach auf bereits umgesetzten Bundesgesetzen wie den Energy Policy Act, den Energy Independence and Security Act und den Clean Air Act. An dieser nationalen Gesetzgebung würde auch ein Ausscheiden aus dem Paris-Abkommen nichts ändern. Zum anderen setzt auch eine Vielzahl von Bundesstaaten wie etwa Kalifornien verstärkt auf erneuerbare Energien. Zudem ist die Mehrzahl der Amerikaner für ein Verbleib der USA im Abkommen von Paris. Auch starke Stimmen aus der Wirtschaft plädieren dafür. Versuche, das Rad zurückzudrehen, würden daher vermutlich auf starken Widerstand von allen Seiten stoßen.

Last but not least wäre ein Ausscheiden aus dem Paris-Abkommen auch erst mit einer Frist von drei Jahren nach dem Inkrafttreten möglich. Dann erst könnte ein Austritt erklärt werden, wiederum mit einer Frist von einem Jahr. Wenn Trump also nicht die gesamte Klimarahmenkonvention aufkündigen will, würde ein Austritt eine geraume Weile in Anspruch nehmen. Es bleibt abzuwarten, ob es dazu kommen wird.  

Die Chancen des Strukturwandels nutzen

Als positives Zeichen bleibt zudem festzuhalten, dass es innerhalb der Bundesregierung doch noch eine Einigung in Bezug auf den Klimaschutzplan des Bundesumweltministeriums gegeben hat. Weltweit verstärken sich die Dynamik und das Wachstum der erneuerbaren Energien. Und überall werden auch Gewerkschaften mit der Frage konfrontiert, wie vor Ort ein gerechter Strukturwandel unter Einbeziehung der Beschäftigten funktionieren kann. Neben Deutschland haben daher mittlerweile auch die USA, Mexiko und Canada nationale Klimaschutzpläne verabschiedet.

Der Klimaschutzplan setzt in vielen Bereichen durchaus ambitionierte Zielvorgaben - auch wenn in einigen Punkten noch unklar ist, wie dort enthaltenen Ziele letztendlich erreicht werden sollen. Das Ziel, einen übergreifenden Dialog über einen gerechten Strukturwandel quer über alle betroffenen Sektoren anzustoßen, hat er zumindest erreicht. Das muss auch das Ziel im Sinne der Beschäftigten sein: den Strukturwandel gerecht zu gestalten, Gute Arbeit zu sichern und die mit diesem Strukturwandel einhergehenden Chancen zu nutzen.


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