Zum 28. Mal jährte sich diese Woche die Deutsche Einheit. Trotz dieser langen Zeit sind die Menschen in Deutschland seit der Wiedervereinigung immer noch weit von gleichen Lebensverhältnissen entfernt. Um dies zu ändern braucht es eine wachsende Wirtschaft und gute Infrastruktur - und zwar in allen Teilen Deutschlands, fordert der DGB-klartext.
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Die Deutsche Einheit jährte sich diese Woche zum 28. Mal. Die innerdeutsche Mauer ist etwa genauso so lange Geschichte wie sie Familien, Freunde und Gesellschaften voneinander getrennt hat. Knapp ein Viertel der heutigen Bevölkerung wurde nach der Wiedervereinigung geboren und hat folglich keine eigenen Erinnerungen an die deutsch-deutsche Teilung. Kurzum: Es ist viel Zeit ins Land gegangen - eigentlich auch viel Zeit, um ungleiche Arbeits- und Lebensverhältnisse zwischen Ost und West zu beseitigen. Doch hierbei bleibt weiter viel zu tun.
Die Wiedervereinigung war und ist nach wie vor eine ökonomische und gesellschaftliche Herkulesaufgabe. Arbeitsplatzverlust, Strukturwandel und Transformation der Wirtschaft stellte insbesondere die Bevölkerung in den neuen Bundesländern vor enorme Herausforderungen. Die versprochenen „blühenden Landschaften“ existieren heute nur in einigen boomenden Städten. Viele Landstriche sind allerdings von der wirtschaftlichen Entwicklung weitgehend abgehängt.
Quelle: Einheitsbericht der Bundesregierung; Steinitz und Troost (2018); DGB-Verteilungsbericht 2018
Zwar ist die Wirtschaftskraft in den neuen Bundesländern seit der Vereinigung stetig gestiegen und konnte sich im Laufe der Zeit verdoppeln. Auch die Arbeitslosigkeit befindet sich auf den niedrigsten Stand. Außerdem gibt es auch im Westen abgehängte und strukturschwache Regionen. Dennoch: Die Kluft zwischen Ost und West ist immer noch groß. So beträgt das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner im Osten gerade einmal 73 Prozent, die Investitionen gar nur 67 Prozent des westdeutschen Niveaus (siehe Grafik). Auch die innerdeutschen Lohndifferenzen sind nach fast 3 Jahrzehnten Deutsche Einheit nicht beseitigt.
Die tarifliche Grundvergütung gleicht zwar in etwa der in Westdeutschland. Betrachtet man aber auch die vielen Beschäftigten, die nicht von einem Tarifvertrag profitieren, zeigt sich: In den neuen Ländern verdienen Beschäftigte rund ein Sechstel weniger als im Westen. Und das, obwohl sie im Schnitt pro Woche eine Stunde länger arbeiten. Die Anpassung der ostdeutschen Löhne an die westdeutschen Löhne stagniert damit seit 20 Jahren. Die Arbeitslosigkeit und folglich auch die Gefahr in Armut zu geraten, ist in Ostdeutschland höher. Dies zeigt auch der jüngst veröffentlichte DGB-Verteilungsbericht 2018. Der Niedriglohnsektor ist insbesondere zwischen Ostsee und Thüringer Wald stark ausgeprägt. Kein einziges Dax-Unternehmen hat seinen Hauptsitz in den östlichen Bundesländern.
Trotz anfänglichen Erfolgen nach der Wiedervereinigung sind wir von gleichwertigen Lebensverhältnissen innerhalb der Bundesrepublik weit entfernt. Voraussetzung hierfür ist eine prosperierende Wirtschaft mit guten Arbeitsplätzen in allen Teilen Deutschlands und eine gleichwertige Infrastruktur. Angesichts der Schuldenbremse sind den Gemeinden und Kommunen jedoch die Hände gebunden. Eine aktive Strukturpolitik und eine gezielte Wirtschaftsförderung auch nach Auslaufen des Solidarpaktes II müssen gegensteuern. Investitionen in Infrastruktur, Modernisierung von öffentlichen Einrichtungen mit ausreichend Personal sowie Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind dringend notwendig. Auch gilt es, die Tarifbindung vor allem im Osten zu erhöhen. Hier kann die Politik unterstützend aktiv werden. Damit die Einheit durch mehr Gleichheit ergänzt wird.