Deutscher Gewerkschaftsbund

23.05.2016
Arbeitsrecht und Sozialrecht

Umkleidezeiten: Können auch zu vergüten sein

einblick 9/2016

Das Umkleiden für die Arbeit ist Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss, urteilte das Hessische Landesarbeitsgericht.

Gericht, Gesetzbuch, Urteile

Das Umkleiden für die Arbeit ist Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber eine Weisung, sich im Betrieb umzukleiden, nicht erteilt hat, es sich aber um auffällige Schutzkleidung handelt, deren Tragen dem Arbeitnehmer in der Öffentlichkeit nicht zuzumuten ist.

Der Fall: Der Arbeitnehmer ist in einem Müllheizkraftwerk beschäftigt. Im Betrieb ist das Tragen von Schutzkleidung mit einem auffälligen Firmenemblem Pflicht. Der Arbeitgeber organisiert auch die Reinigung der Arbeitskleidung. Der einschlägige Tarifvertrag enthält keine Regelung zur Bezahlung der Umkleidezeit. Der Arbeitnehmer verlangt, dass ihm die Zeiten als Arbeitszeit vergütet werden, die für das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung auf dem Werksgelände und den Weg zwischen Umkleidestelle und Arbeitsplatz anfallen.

Das Landesarbeitsgericht: Das Gericht hat im Termin die Arbeitskleidung in Augenschein genommen. Der Arbeitnehmer hat einen von ihm während der Arbeit getragenen Blaumann vorgezeigt, der hellbraun eingestaubt war und binnen Minuten die Luft des Sitzungssaales deutlich wahrnehmbar nachteilig veränderte. Es handelt sich um eine sehr auffällige Schutzkleidung. Deshalb war es ausgeschlossen, dass der Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz – sei es im eigenen PKW, sei es in öffentlichen Verkehrsmitteln – in dieser Kleidung zurückgelegt werden könnte. Auch wenn der Arbeitgeber es nicht vorgeschrieben hat, kann die Arbeitskleidung faktisch nur im Betrieb an- und ausgezogen werden.

Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 23. November 2015 - 16 Sa 494/15


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