Der Bundestag hat die 2. Änderung des Eurobetriebsräte-Gesetzes (EBRG) am 7. April 2011 verabschiedet. Am 18. Juni 2011 trat das neue Gesetz in Kraft. Mit ihm wurde die neugefasste EU-Richtlinie 2009/38/EG über Europäische Betriebsräte vom 6. Mai 2009 in deutsches Recht umgesetzt.
Inhaltlich präzisiert und ergänzt es überwiegend Vorschriften des bisher geltenden EBRG. Damit wird die Wirksamkeit der gesetzlichen Regelungen erhöht und die Arbeit der Europäischen Betriebsräte (EBR) in vielerlei Hinsicht erleichtert.
Der DGB nimmt Stellung zum Referentenentwurf des BMAS für ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2009/38/EG über Europäische Betriebsräte.
Der DGB nimmt Stellung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung und zu einem Antrag der SPD-Fraktion vor dem Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages am 04.04.2011 (Expertenanhörung)
Dazu gehören der verbesserte Unterrichtungs- und Anhörungsprozess, ein gesetzlich verbriefter Schulungsanspruch für Betriebsräte, mit Freistellung von der Arbeit und Kostenübernahme durch den Arbeitgeber. Das neue Recht gilt bis auf gesetzlich geregelte Ausnahmen ab Inkrafttreten unmittelbar, auch dann, wenn in bestehenden Vereinbarungen keine oder ungünstiger Bestimmungen enthalten sind - etwa zur Qualifizierung von EBR-Mitgliedern.
Die Bewertung aus gewerkschaftlicher Sicht:
In Zukunft sind auch solche Angelegenheiten als länderübergreifend einzustufen,
Damit fallen auch Werksschließungen in lediglich einem Land, sofern die Entscheidung hierüber im Ausland getroffen wurde, und auch die Verlagerung in ein Drittland außerhalb der EU in die Zuständigkeit von EBR.
Die neuen Definitionen zur Unterrichtung und Anhörung in grenzübergreifenden Angelegenheiten werden wortgleich aus der EU-Richtlinie ins EBRG übernommen. Erstmals gibt es eine Definition zur Bedeutung von „Unterrichtung“ (§ 1 Abs. 4 EBRG n.F.). Demnach müssen die ArbeitnehmervertreterInnen schon während der Entscheidungsfindung einbezogen werden. Sie haben nun das Recht auf ein Treffen mit der zentralen Leitung und auf eine begründete Antwort auf Stellungnahmen des Betriebsrates. (§ 1 Abs. 5 Satz 2 EBRG n.F.).
Das EBRG stellt sicher, dass in EU-weit tätigen Unternehmen und Konzernen die ArbeitnehmerInnen über ihre Interessenvertretungen unterrichtet und angehört werden.
Damit ein Europäischer Betriebsrat gebildet werden kann, muss ein Unternehmen in den Mitgliedstaaten der EU und in den Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums insgesamt mindestens 1000 ArbeitnehmerInnen beschäftigten, davon jeweils mindestens 150 in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten.
Erweitert wurde der Katalog der zu regelnden Gegenstände für über einen EBR der Kraft Vereinbarung gegründet wird (§ 18 EBRG n.F.): Das Verfahren, mit dem der EBR unterrichtet und angehört wird, kann auf die Beteiligungsrechte der nationalen Arbeitnehmervertretungen abgestimmt werden. Sicherzustellen ist aber, dass der EBR vor oder mindestens gleichzeitig mit den nationalen Vertretungsgremien der Arbeitnehmer zu unterrichten und anzuhören ist (§ 1 Abs. 7 EBRG n.F.).
Dieser Informations- und Konsultationsvorrang wird das europäische Vertretungsgremium aufwerten. Er ist im Beschlussverfahren durchsetzbar.
Soll ein Europäischer Betriebsrats gebildet werden, sind die dafür erforderlichen Informationen von der zentralen Leitung an die Arbeitnehmervertretung weiterzuleiten (§ 5 Abs. 1 EBRG n.F.). Das Gesetz stellt sicher, dass die zuständigen Leitungen die erforderlichen Informationen erhalten, um ihre Verpflichtungen erfüllen zu können (§ 5 Abs. 3 EBRG n.F.).
§ 36 EBRG n.F. regelt die Unterrichtung der örtlichen Arbeitnehmervertreter über Inhalt und Ergebnisse der Unterrichtung und Anhörung durch den EBR oder den nach § 26 EBRG n.F. obligatorisch einzurichtenden (engeren) Ausschuss.
§ 38 EBRG n.F. regelt die Voraussetzungen für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Zwischen den turnusgemäßen jährlichen Sitzungen kann auch der Ausschuss über den Qualifizierungsbedarf der Mitglieder von EBR und besonderem Verhandlungsgremium entscheiden, wenn der EBR diese Aufgabe auf ihn überträgt. Zu den Kosten für die Bildung und Tätigkeit dieser Gremien gehören ausdrücklich alle Reise- und Aufenthaltskosten der Gremienmitglieder.
§ 37 EBRG n.F. ermöglicht die Aufnahme von Verhandlungen für eine neue EBR-Vereinbarung, wenn sich die Strukturen des Unternehmens wesentlich ändern. Voraussetzung: Es ist in der geltenden Vereinbarung kein Verfahren zur Anpassung vorgesehen. Solche „Wesentlichen Strukturveränderungen“ sind
Dieser Katalog ist nicht abschließend, weitere Fallkonstellationen sind möglich.
Keine Anwendung finden die EBRG-Regelungen auf die sogenannten „alten Artikel 13-Vereinbarungen“, die nach Maßgabe der Richtline 94/45/EG vor dem 22.9.1996 abgeschlossen wurden (§ 41 Abs. 1 EBRG n.F.). Ausnahme: Bei wesentlichen Umstrukturierungen können diese neu verhandelt werden und fallen dann unter das neue EBRG-Recht.
Das neue EBRG wird auch nicht auf Vereinbarungen nach Art. 6 der Richtlinie 94/45/EG angewendet, die in dem Übergangs- bzw. Umsetzungszeitraum der neuen RL (5.6.2009 bis 5.6.2011) überarbeitet oder neu abgeschlossen worden sind oder werden (§ 41 Absatz 8 EBRG n.F.). Für diese Vereinbarungen gilt auch nach Inkrafttreten des Gesetzentwurfes das EBRG in der Altfassung. Damit können zukünftig zwei EBRG-Fassungen parallel angewendet werden. Ausnahme: Bei wesentlichen Umstrukturierungen nach § 37 EBRG n.F. können diese Vereinbarungen neu verhandelt werden und fallen danach unter das neue EBRG-Recht.
Noch in der Expertenanhörung am 4. April 2011 vor dem Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales hatte der DGB u. a. gefordert:
Die ausdrückliche gesetzliche Verankerung eines Zutrittsrechts für Mitglieder des EBR oder Engeren Ausschusses zu den in Deutschland gelegenen Betrieben eines Unternehmens bzw. einer Unternehmensgruppe, zur Wahrnehmung ihrer Berichtspflicht (§ 36 EBRG n.F.) gegenüber örtlichen Arbeitnehmervertretungen oder Beschäftigten in betriebsratslosen Betrieben über Inhalt und Ergebnisse arbeitgeberseitiger Unterrichtung und Anhörung.
Dieses vehemente Eintreten hatte insoweit Erfolg, als die Bundesregierung in der Sitzung des Arbeits- und Sozialausschusses am 6. April 2011 diese Forderung mit folgender Formulierung ablehnte: Diese Normierung sei nicht erforderlich, weil es sich bereits aus den Aufgaben der genannten Gremien ergebe - wie in der vergleichbaren Konstellation des Zugangsrechts der (Gesamt- und Konzern-) Betriebsratsmitglieder.
Ein Ausschluss des Zugangsrechts bei ausländischen Mitgliedern des Europäischen Betriebsrates oder des Engeren Ausschusses, wie von einigen Sachverständigen in der Anhörung am 4. April 2011 angenommen, verstoße zudem gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV verstoßen.
Diese Aussage der Bundesregierung ist in der veröffentlichten Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses protokolliert (BT-Drs. 17/5399). Sollte es zu Zutrittsverweigerungen kommen, können sich EBR darauf berufen.
zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Europäischen Betriebsräte-Gesetzes und zum Antrag der Abgeordneten Josip Juratovic, Ottmar Schreiner, Anette Kramme, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Wirkungsvolle Sanktionen zur Stärkung von Europäischen Betriebsräten umsetzen
Erfolglos blieb eine grundlegende Forderung des DGB nach einer Verschärfung der Sanktionsbestimmungen für Pflichtverstöße von Arbeitgebern gegen die neuen Gesetzesbestimmungen. Laut den Erwägungsgründen 35 und 36 der neugefassten Richtlinie sind von den Mitgliedsstaaten im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht Sanktionen vorzusehen, die wirksam, abschreckend und im Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung angemessen sind. Sie sollen die Einhaltung der Richtlinie sicherstellen.
Diesen Vorgaben wird das neue Gesetz aber nicht gerecht: Es sieht weiterhin eine Bußgeldobergrenze bei Verstößen von lediglich 15.000 Euro vor (§ 45 EBRG n.F.).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird gemäß Art. 3 des 2. EBRG-Änderungsgesetzes eine Neubekanntmachung des neuen EBRG vornehmen. Mit der Neubekanntmachung wird das verabschiedete und in Kraft getretene "Artikelgesetz" zusammen mit den unverändert gebliebenen Bestimmungen der bisherigen Fassung des EBRG zusammengefasst und der vollständige Gesetzestext des geänderten EBRG in seiner Neufassung wird noch einmal im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Deutscher Bundestag Drucksache 17/4808
Präsentation bei der Fachtagung für Europäische Betriebsräte am 24.Januar 2011 in Hamburg.Autor: Ralf-Peter Hayen,.
Seit dem 18. Juni 2011 ist das neue Gesetz über Europäische Betriebsräte (EBRG) in Kraft. Es enthält zahlreiche Änderungen gegenüber dem ersten EBRG aus dem Jahre 1996. Im Folgenden sollen Fragen, die sich in der Praxis für die Anwendung und den Umgang mit dem neuen Gesetz ergeben haben, beantwortet werden, um den EBR-Akteuren und gewerkschaftlichen EBR-Beratern Handlungsempfehlungen für ihre Arbeit zu geben.
Das Bundeskabinett hat am 15.12.2010 der Änderung des Eurobetriebsräte-Gesetzes (EBRG) zugestimmt, die planmäßig bis zum 05.06.2011 (Ende der Richtlinien-Umsetzungsfrist) in Kraft treten soll. Ein Überblick über die wichtisten Änderungen.