Briefkastenfirmen umgehen Steuern und Arbeitsgesetze, der Europäische Gerichtshof schränkt Grundrechte von Arbeitnehmern ein, Skandale wie die Panama Papers oder Rana Plaza haben keine Konsequenzen: Die EU hat jahrzehntelang die Interessen der Aktionäre in den Mittelpunkt gestellt und die Beschäftigten vergessen. Das muss sich dringend wieder ändern.
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Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, der Ökonom und Bestseller-Autor Thomas Piketty und über 450 weitere Prominente aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft haben einen Appell des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) unterschrieben, der ein Umdenken der EU in der Wirtschaftspolitik fordert – weg von der Orientierung an Unternehmensinteressen, hin zu mehr Mitbestimmung und einer Stärkung der Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
In dem Appell heißt es unter anderem: Wie kann sein, dass in der EU Hunderttausende Briefkastenfirmen entstehen konnten, wenn es Ziel dieser Scheinunternehmen ist, Steuern, Vorschriften und Arbeitsgesetze zu umgehen? Warum unterstützt der Europäische Gerichtshof mit seinen Entscheidungen Unternehmensregelungen, die den Arbeitnehmerschutz einschränken? Warum kann die EU auch nach Enthüllungen wie den „Panama Papers“ oder „Paradise Papers“ Steuerflucht nicht verhindern? Und wie können wir hinnehmen, dass Unternehmen trotz Skandalen wie dem Zusammenbruch des Rana-Plaza-Werks in Bangladesch wegschauen, wenn Lieferanten die grundlegendsten Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards ignorieren?
Viel zu lange, so die Unterzeichner des Appells, hat sich die Europäische Kommission auf die Interessen der Unternehmen und Anteilseigner fokussiert und dabei die Realwirtschaft und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den Augen verloren. Eine Folge: Seit den 1990er Jahren sind die Gewinne auf Kosten der Löhne gestiegen – obwohl die Beschäftigten der Kern jedes Unternehmens sind. "Darum ist es an der Zeit, die Situation der über 140 Millionen in Unternehmen arbeitenden EU-Beschäftigten zu überdenken. Die Wahlen zum Europaparlament finden in einem Jahr statt und wir möchten die bevorstehende Debatte auf die richtige Grundlage stellen."
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Der EGB fordert die EU auf, folgende Reformen so schnell wie möglich anzugehen:
Weitere Infos zum Appell und die Möglichkeit, ihn selbst zu unterschreiben, gibt es hier: www.european-appeal.org