Hauptschülerinnen und Hauptschüler dürfen sich auf mehr als 60 Prozent aller angebotenen Ausbildungsplätze in der Lehrstellenbörse der IHK nicht einmal bewerben. Das zeigt eine Analyse des DGB. "Die Firmen klagen über Fachkräftemangel, geben aber Jugendlichen mit Hauptschulabschluss zu wenige Chancen", kritisiert DGB-Vize Elke Hannack.
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Eine aktuelle DGB-Expertise hat untersucht, mit welchem Abschluss Jugendliche eine Chance auf einen Ausbildungsplatz haben. Das Ergebnis: Die Chancen von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss oder ohne Schulabschluss sinken - selbst bei einfachen Ausbildungen: Machten Hauptschülerinnen und Hauptschüler im Jahr 2009 noch ziemlich genau ein Drittel aller Auszubildenden aus (33,1%), ist ihr Anteil an allen Azubis inzwischen deutlich unter die 30-Prozent-Marke gerutscht (2014: 28,1%).
Die mittleren Schulabschlüsse (wie ein Realschulabschluss) und das Abitur würden "mehr und mehr zur Leitwährung auf dem Ausbildungsmarkt", so die DGB-Analyse. Dass immer weniger Hauptschülerinnen und Hauptschüler unter den Auszubildenden zu finden sind, hat auch damit zu tun, dass der Anteil der Abiturientinnen und Abiturienten unter den Azubis von einem Fünftel (2009: 20,3%) auf über ein Viertel (2014: 26,2%) gestiegen ist.
Ein weiterer Grund für die schlechter werdenden Chancen von Hauptschülern auf dem Ausbildungsmarkt: Viele Betriebe lassen Bewerbungen ohne "mittlere Reife" gar nicht mehr zu - manche fordern sogar bereits das Abitur in ihren Ausschreibungen. Der DGB hat für seine jetzt vorgelegte Expertise die angebotenen Ausbildungsstellen in der IHK-Lehrstellenbörse untersucht.
Das Ergebnis: Während sich junge Menschen mit Studienberechtigung (z.B. Abitur) auf fast alle Stellen bewerben können und BewerberInnen mit "mittlerer Reife" immerhin noch 86,4% aller Stellen offen stehen, sind es bei HauptschülerInnen nur 39,1% und für Jugendliche ohne Abschluss sogar nur 2,7% aller Stellen.
"Die Firmen klagen über Fachkräftemangel, geben aber Jugendlichen mit Hauptschulabschluss zu wenige Chancen – selbst einfache Ausbildungen bleiben unerreichbar", kritisiert die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Rund 270.000 Jugendliche steckten in den Warteschleifen im Übergang von der Schule in Ausbildung – "ohne Aussicht auf einen Berufsabschluss."
Es werde zu wenig ausgebildet, so Hannack, "was aber nicht am Boom der Hochschulen liegt. Mittlerweile hat mehr als jeder vierte Azubi eine Studienberechtigung in der Tasche, während nur noch sieben Prozent der Betriebe Hauptschüler ausbilden. Fast zwei von drei Angeboten in der in der IHK-Lehrstellenbörse bleiben ihnen von vornherein verwehrt. Die duale Ausbildung schrumpft, weil viele Firmen Hauptschülern und Migranten keine Chance mehr geben. Das muss sich ändern."
bild.de: DGB kritisiert Firmen - Hauptschüler bei vielen Lehrstellen chancenlos