Deutscher Gewerkschaftsbund

14.07.2016
klartext 28/2016

Finanzkrise: Staatlich investieren, statt Banken subventionieren

In Italien droht die nächste Bankenkrise. Die Geldinstitute befürchten den Ausfall von Krediten in dreistelliger Milliardenhöhe und rufen bereits nach staatlicher Hilfe. Der DGB fordert im klartext-Newsletter, stattdessen die Finanzbranche in die Pflicht zu nehmen. Es dürfe nicht sein, dass die Steuerzahler erneut für das Missmanagement der Banken einstehen sollen.

Die Finanzbranche ist wieder nervös. Anlass ist die heikle Situation einiger italienischer Banken – allen voran die der Traditionsbank Monte dei Paschi. 360 Milliarden Euro faule Kredite sollen in den Büchern italienischer Banken stecken. Bei Ausfall dieser Kredite reicht das Eigenkapital vieler Banken nicht aus, um die Verluste aufzufangen. Pleiten drohen. Und wieder mehren sich die Rufe nach Hilfen vom Steuerzahler.

Gläubiger sollen verschont werden

Mit der neuen EU-Bankenrichtlinie sollen bei Bankenschieflagen eigentlich zunächst die Anteilseigner und Gläubiger herangezogen werden – vor allem andere Banken und Fonds. Italien will diese aber wohl verschonen und direkt staatliche Hilfen ermöglichen.

Bankenrettung mit Steuermittel gefordert

Unterstützung kommt vom Chefökonom der Deutschen Bank. Er fordert ein EU-Bankenrettungsprogramm von 150 Milliarden Euro – finanziert aus Steuermitteln. Doch dahinter steckt schlichtweg Eigeninteresse. So besitzen deutsche Banken Forderungen in Höhe von rund 90 Milliarden Euro gegenüber italienischen Banken, allein die Deutsche Bank rund 13 Milliarden Euro. Bei einer neuen Bankenkrise wären diese Milliarden „perdu“. Systemdestabilisierende Dominoeffekte werden befürchtet.

Staatshilfe für Banken und Anstieg der Verschuldung

Grafik: DGB/Daten: IWF, Weltbank, eigene Berechnungen.

Bankenrettung trieben Staatsschulden hoch

Doch es darf nicht sein, dass schon wieder die Steuerzahler für das Missmanagement der Banken blechen. Bereits in der letzten Krise haben Regierungen die Banken mit Milliarden Euro gestützt, in der Folge stieg vielerorts die Verschuldung und der radikale Sparkurs zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger begann (siehe Grafik). Tatsächlich ist es auch auf diese verfehlte Kürzungspolitik zurückzuführen, dass die Wirtschaftskrise in Europa nicht gelöst ist und immer mehr Bankkredite ausfallgefährdet wurden. Statt über milliardenschwere Bankenrettungsprogramme nachzudenken, sollten deshalb staatliche Investitionen in Infrastruktur, Bildung und öffentliche Einrichtungen in Europa angeschoben werden. Dies schafft Arbeitsplätze, beflügelt das Wachstum und stabilisiert so das Bankensystem.

Finanzbranche stärker in die Pflicht nehmen

Für marode Banken muss die Finanzbranche selbst stärker in die Verantwortung genommen werden, beispielsweise durch höhere Beiträge in den europäischen Abwicklungsfonds. Anteilseigner und Gläubiger müssen haften. Allenfalls kann in Betracht gezogen werden, Kleinanleger danach staatlich zu kompensieren, wenn deren Belastung unzumutbar ist.

Eines macht der erneute Ruf nach Steuergeldern für Banken in jedem Fall deutlich: Selbst die Finanzbranche sieht sich nicht ausreichend gerüstet, um Verwerfungen im System abfedern zu können. Dies lässt nur die Schlussfolgerung zu, dass regulatorische Maßnahmen dringend verschärft werden müssen, da sie offensichtlich nicht ausreichen, um Krisen zu verhindern. Die EU-Bankenunion ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber nur ein kleiner. Die Politik darf zusätzliche Regulierung nicht auf die lange Bank schieben und muss sofort handeln. Unter anderem müssen Eigenkapitalvorschriften für Banken erhöht und Verflechtungen zwischen Banken aufgelöst werden.


Nach oben

Weitere Themen

1. Mai 2024: Mehr Lohn, mehr Frei­zeit, mehr Si­cher­heit
1. Mai 2024. Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
DGB
Tag der Arbeit, Maifeiertag oder Kampftag der Arbeiterbewegung: Am 1. Mai rufen wir Gewerkschaften zu bundesweiten Kundgebungen auf. 2024 steht der 1. Mai unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit". Das sind unsere 3 Kernversprechen. Wir geben Antworten auf die zunehmende Verunsicherung in der Gesellschaft.
weiterlesen …

#Ta­rif­wen­de: Jetz­t!
Infografik mit Kampagnenclaim "Eintreten für die Tarifwende" auf roten Untergrund mit weißen Pfeil, der leicht nach oben zeigt.
DGB
Immer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
weiterlesen …

Mit dem neu­en Qua­li­fi­zie­rungs­geld Ar­beitsplät­ze si­chern!
Mehrere Menschen vor Computern bei einer Weiterbildung
DGB/Cathy Yeulet/123rf.com
Seit dem 1. April 2024 gibt es das Qualifizierungsgeld. Bekommen können es Beschäftigte, deren Arbeitsplatz durch die Transformation wegfallen könnte. Ziel ist, ihnen mit Weiterbildungen eine zukunftssichere Beschäftigung im gleichen Unternehmen zu ermöglichen. Alle Infos dazu findest du hier.
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …