DGB/Steinle
Was die Europawahl am 22. Mai mit der Lebensqualität in Europa zu tun hat, erklärt die Generalsekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbunds (EGB) Bernadette Ségol.
Warum gehst du zur Europawahl 2014?
Ich gehe aus zwei Gründen zur Europawahl 2014. Erstens ist es mein demokratisches Recht und meine Pflicht, zu wählen. Gewerkschafter haben sich immer für Demokratie eingesetzt. Das Mindeste, was ich tun kann, ist meine Stimme abzugeben. Zweitens, weil Europa wichtig ist und es darauf ankommt, wer im Europäischen Parlament Entscheidungen fällt. Europa hat ein weltweit einzigartiges Sozialmodell mit vielen europäischen Gesetzen zu Arbeitsbedingungen, zu Informations- und Konsultationsrechten, zu Gleichstellung und gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz und im Bereich Umweltschutz. All dies spielt eine wichtige Rolle in unserem täglichen Leben und hat Einfluss auf unsere Lebensqualität.
Die EU steckt immer noch tief in der Krise – was läuft falsch in Europa?
26 Millionen Menschen sind arbeitslos, 7,5 Millionen junge Menschen sind ohne Arbeit oder Ausbildung. Gleichzeitig nehmen Ungleichheit und Armut immer mehr zu. Die von den Politikern verordneten Rezepte werden diese Krise nicht lösen. Vor allem die unsoziale Sparpolitik ist falsch. Europa ist besessen vom Abbau der Staatsverschuldung und Defizite. Dabei sollten wir doch gerade jetzt investieren, um Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen. Besonders fatal: Die Sparpolitik trägt noch nicht einmal effektiv zur Senkung der Staatsverschuldung bei – denn weil die Volkswirtschaften in Ländern wie Griechenland und Portugal schrumpfen, steigt der Anteil der Schulden am Bruttoinlandsprodukt (BIP).
Was muss anders laufen um Europa auf einen neuen Weg zu bringen?
Europa kann einen neuen und besseren Weg einschlagen durch einen ehrgeizigen Investitionsplan für Infrastruktur, neue Industrien, Forschung und Entwicklung sowie Bildung und Ausbildung. Der EGB schlägt vor, dass rund zwei Prozent des BIP jährlich investiert werden – öffentliche wie private Gelder. Koordiniert werden sollte dies auf europäischer und nationaler Ebene. Das ist deutlich weniger als die Summe, die für die Rettung der Banken ausgegeben wurde oder die durch Steuerhinterziehung und Steuerflucht verloren geht. Wir gehen davon aus, dass durch diese Investitionen rund elf Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden können.