Deutscher Gewerkschaftsbund

27.09.2018

Deutsch-Polnisches Gewerkschaftsforum zur Klima- und Strukturpolitik

Ein starkes Signal für gerechten Strukturwandel, Gute Arbeit und die verpflichtende Umsetzung des Pariser Klimaabkommens Richtung COP24. Auf dem jährlich stattfindenden deutsch-polnischen Gewerkschaftsforum vom 18. bis 19. September in Berlin haben die Spitzen der polnischen Gewerkschaftsverbände Solidarność, OPZZ, ForumZZ und der DGB eine gemeinsame Erklärung zur Klimapolitik verabschiedet.

Teilnehmer des Deutsch-Polnischen Gewerkschaftsforums

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Deutsch-Polnischen Gewerkschaftsforums Sendhard/FES

Gemeinsame Erklärung sendet ein starkes Signal für gerechten Strukturwandel, Gute Arbeit und verpflichtende Umsetzung des Pariser Klimaabkommens Richtung COP24

Auf dem jährlich stattfindenden deutsch-polnischen Gewerkschaftsforum haben die Spitzen der polnischen Gewerkschaftsverbände Solidarność, OPZZ, ForumZZ und des DGB eine intensive Zusammenarbeit vereinbart und eine gemeinsame Erklärung zur Klimapolitik abgegeben.

Vom 18. bis 19. September 2018 tagten die Delegationsteilnehmer aus Polen und Deutschland in Berlin. Zum Auftakt besuchten die Teilnehmenden den Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz Transmission GmbH und machten sich ein Bild von den Herausforderungen der Energiewende. Deutlich wurde dabei, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien mit großen Investitionen in die Netzinfrastruktur erfolgen muss.

Regelmäßiger Austausch sorgt für gegenseitiges Verständnis und schärft Problembewusstsein

In seinem Beitrag zur allgemeinen politischen Lage machte Stefan Körzell deutlich, dass die wirtschaftliche Situation in Deutschland zwar gut sei, dies aber nicht über viele Probleme und Herausforderungen der Zukunft hinweg täuschen dürfe. So gehen die niedrigen Arbeitslosenzahlen mit einer steigenden Anzahl an atypischer Beschäftigung einher. Ähnlich problematisch sei der massive Investitionsstau. Über 180 Milliarden Euro würden in verschiedenen Bereichen benötigt, gerade die Rückstände im Bildungssektor aber auch im Wohnungs- und Straßenbau oder der Energiewende seien gravierend, so Stefan Körzell. Mit großer Sorge blickte Stefan Körzell auf den Einzug einer rechtspopulistischen Partei in den Bundestag, „ein schlecht organisierter Strukturwandel, geprägt von Unsicherheiten, stärke am Ende die Falschen.“

Der Bericht aus Polen zeichnete ein ähnliches Bild. So sei die wirtschaftliche Lage gut und die Arbeitslosenquote niedrig, jedoch sind die Disparität zwischen Stadt und Land besonders gravierend. Piotr Ostrowski von OPZZ beschrieb abgelegene Regionen, in der hohe Arbeitslosigkeit herrsche, Wohlstand nicht ankomme und Strukturwandel die schwierige Situation verschärfe. Ähnlich äußerten sich Kazimierz Grajcarek von Solidarność und Krzysztof Małecki von FZZ. Beide unterstrichen die zu geringe Lohnentwicklung im öffentlichen Sektor und die prekäre Situation von Lehrerinnen und Lehrern, die nur wenig über Mindestgehalt verdienen würden. Grundsätzlich müssen die Bedingungen für Beschäftigte wieder verbessert werden, nach dem jahrelang neoliberale Reformen zugunsten von Arbeitsgeberinteressen umgesetzt wurden.

 

Aktive Struktur- und Industriepolitik als Chance zum Erhalt von Wohlstand

Dr. Daniel Vallentin, Leiter des Berliner Büros des Wuppertal Instituts, unterstrich in seinem wissenschaftlichen Input die Bedeutung von Struktur- und Industriepolitik zum Erhalt von Produktionsstätten und zur Vermeidung von Strukturbrüchen. Die Klimaziele von Paris stellen gerade Länder wie Deutschland und Polen mit hohem Industriebesatz vor große Herausforderungen. Dennoch können Strukturwandelprozesse als Chancen genutzt werden, Regionen ökologisch, ökonomisch und sozial resilient aufzustellen und den Strukturwandel als Innovationsmotor zu nutzen. Dabei dürfe jedoch nicht vergessen werden, dass Klimaschutz nicht der einzige Treiber von Strukturwandel sei. Megatrends wie Digitalisierung, Automatisierung und Globalisierung verstärken Veränderungsprozesse und lösen Wechselwirkungen aus. Vor diesem Hintergrund bedarf es frühzeitiger und transparenter Politikmaßnahmen, um Beschäftigten, Unternehmen und Bevölkerung Planungssicherheit zu geben.

Gewerkschaften und Beschäftigte gestalten den Wandel

In der abschließenden Diskussion tauschten sich alle Beteiligten über die regionalen Erfahrungen des Strukturwandels und die bevorstehenden Herausforderungen aus. Deutlich wurde, dass viel Know-how in den Reihen der Gewerkschaften und bei den Beschäftigten besteht. Beschäftigte kennen die Prozesse in den Unternehmen am besten und sind ihr Arbeitsleben lang mit Veränderungen konfrontiert. Sie sind somit Treiber aber auch Betroffene von Wandel. Aus diesem Grund muss sichergestellt werden, dass Beschäftigte eingebunden und nicht zurückgelassen werden. Für einen gerechten Strukturwandel bedarf es eines Mixes aus Investitionen, Innovationen, nachhaltigen Infrastrukturen und einer Modernisierung traditioneller Branchen, um zukunftsfähige Beschäftigungsfelder und wirtschaftlichen Wohlstand zu erhalten und zu schaffen. Es gilt den Strukturwandel in ein nachhaltiges Wirtschaftssystem so zu gestalten, dass betroffene Regionen, Branchen und Beschäftigte nicht den Preis dafür zahlen müssen und so die gesellschaftliche Akzeptanz verloren geht.

Gewerkschaften treten für die Pariser-Klimaziele ein und fordern mehr Verantwortung bei der Umsetzung

Um diesen Anliegen Ausdruck zu verleihen, haben die polnischen (FZZ, NSZZ, Solidarność, und OPZZ) und deutschen (DGB) Gewerkschaften eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der sie die Klimaziele von Paris ausdrücklich unterstützen und sich für einen gerechten Übergang stark machen.


LINKS

DE: Gemeinsame Erklärung: "Wandel gerecht gestalten – Gute Arbeit schaffen und Klima schützen"

ENG: "Joint Declaration by the Polish and German Trade Union Confederations Shaping a Fair Change"

POL: "Wspólne oświadczenie polskich i niemieckich konfederacji"


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