Deutscher Gewerkschaftsbund

23.05.2008
Annelie Buntenbuch mit einem Statement zum 111. Ärztetag

Ärztefunktionäre beschäftigen sich nur mit sich selbst

Ungerechtigkeiten bei der Vergütung scheinen nicht zu interessieren

Von Annelie Buntenbach

Es ist ein Trauerspiel, dass sich die Ärztefunktionäre trotz des enormen Reformbedarfs im Gesundheitswesen wieder einmal nur mit sich selbst beschäftigen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Armuts- und Reichtumsbericht ist es geradezu unanständig, dass die Vertreter der ärztlichen Oberschicht auf höhere Honorare drängen und die Versicherten weiter auspressen wollen.

Die Arzthonorare (Aufwendungen für ärztliche Leistungen) sind in der Vergangenheit durchschnittlich mehr als doppelt so hoch gestiegen wie die Bruttolöhne der Versicherten (1995 bis 2006: plus 28,5 Prozent bei Ärzten; plus 13 Prozent bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern). Es deshalb unangemessen, wenn Ärztefunktionäre den Versicherten erneut milliardenschwere Belastungen aufdrücken wollen, um die ohnehin üppigen Einkommen der Ärzte weiter aufzupeppen. Völlig bizarr wird es, wenn die Standesvertreter der Ärzteschaft gleichzeitig eine Rationierung von medizinischen Leistungen fordern, weil das Geld für eine umfassende medizinische Versorgung angeblich nicht reicht.

Infografik: Berufstätige Ärzte und Ärzte je Einwohner in Deutschland seit 1990

DGB

Die Ärztefunktionäre sollten besser vor ihrer eigenen Türe zu kehren und alles daran setzen, die Versorgungsstrukturen zu verbessern und die Qualität der Behandlungen zu erhöhen.

Das Problem bei den ärztlichen Vergütungen ist in erster Linie die völlig intransparente und ungerechte Verteilung. Es ist beispielsweise nicht einsichtig, warum ein niedergelassener Arzt in Baden-Württemberg ein Drittel mehr für seine Leistungen bekommt als ein Mediziner in Berlin. Auch kommen viele engagierte Haus- und Kinderärzte deutlich schlechter weg als zum Beispiel Radiologen oder andere Fachärzte. Ebenso steht die Honorierung der meisten Krankenhausärzte in keinem Verhältnis zu den bestens bezahlten Chefärzten. Diese Ungerechtigkeiten scheinen die Funktionäre aber nicht zu interessieren.

Ein weiteres Problem ist die krasse Ungleichbehandlung von Kassen- und Privatpatienten. Die Zweiklassen-Medizin ist nicht nur zutiefst ungerecht, sondern auch ein Luxus, den sich Deutschland auch aus ökonomischen Gründen nicht länger leisten darf, weil die Privaten Krankenversicherung (PKV) ihre Gewinne auf Kosten der überwiegenden Mehrheit der gesetzlich Versicherten abschöpft.

Balkengrafik: Durchschnittliches Monatseinkommen von Medizinern und medizinischem Personal

Monatseinkommen bei Ärzten: GKV-Überschuss je Arzt vor Steuern.
Monatseinkommen bei anderen Arbeitnehmern: monatliche Bruttoeinkommen ohne Zuschläge/Zulagen und Sonderzahlungen auf Basis einer 40-Stunden-Woche.
Grafik DGB

Die PKV muss deshalb schnellstens und vollständig in die Finanzierung eines Gesundheitssystems für alle Bürgerinnen und Bürger integriert werden. Auch die exorbitanten Unterschiede bei den Arzthonoraren zwischen Kassen- und Privatpatienten sollten schnellstens aufgehoben werden.

Bei den entscheidenden Zukunftsfragen, zu denen auch die Verschwendung von Beitragsmitteln durch die gravierende Über- und Fehlversorgung gehört, glänzen die Ärztefunktionäre leider durch vornehme Ignoranz.


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