Deutscher Gewerkschaftsbund

11.12.2012
DGB-Position zum E-Government

Digitale Verwaltung: Bürgerinteressen haben Priorität

Eckpunkte zur Umsetzung der elektronischen Vewaltung

Die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes muss erhalten und verbessert werden. E-Government kann dabei eine wichtige Rolle spielen.  Vorausgesetzt, dass statt Einspareffekten die Verbesserung der Dienstleistungsqualität im Vordergrund steht. Deshalb haben der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften des öffentlichen Dienstes ihre Eckpunkte für eine sinnvolle Umsetzung der elektronischen Verwaltung entwickelt.

Computertastatur mit hervorgehobener grüner Cloudtaste

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E-Government wird in der öffentlichen Erwartung insbesondere mit der Verbesserung der Dienstleistungsqualität verbunden. Einspareffekte werden darüber hinaus für die öffentliche Verwaltung aber auch für die Wirtschaft erwartet. Damit ist aber bereits ein zentrales Problem benannt, welches alle Veränderungsprozesse im öffentlichen Dienst der letzten Jahre und Jahrzehnte prägt. Die Gestaltung des Organisationswandels wie auch die Einführung von Technik sind Investitionen in die Zukunft. Versucht man Investitionen kostenneutral oder parallel zu Einsparprogrammen zu realisieren, verpuffen viele positive Impulse.

„Es kommt darauf an, das Vertrauen der Beschäftigten ins E-Government neu zu gewinnen. Dazu muss der Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger in den Vordergrund gestellt werden.“

Um das Versprechen einer offenen und transparenten Verwaltung („open government“) Wirklichkeit werden zu lassen, bedarf es transparenter Arbeitsprozesse. Deshalb ist ein Wissensmanagementprozess einzuführen. Aus zahlreichen empirischen Erfahrungen ist bekannt, dass erfolgreiches Wissensmanagement von Vertrauen der Beschäftigten abhängt. Die Beschäftigten müssen darauf Vertrauen können, dass ihre Arbeit nicht nur wertgeschätzt wird, sondern auch darauf, dass der Prozess auch zur Verbesserung ihrer Arbeitssituation beiträgt. Die Beschäftigten wissen aber aus langjährigen „Reform-Erfahrungen“, dass Veränderungen in der Regel auf ihre Kosten gehen. So haben sie nur ein begrenztes Interesse, sich in Reorganisationsmaßnahmen aktiv einzubringen, Potentiale des E-Government verpuffen. Es kommt also darauf an, das Vertrauen der Beschäftigten neu zu gewinnen.

Ein wichtiger Schritt in Richtung Vertrauensaufbau ist es, den Nutzen der Bürgerinnen und Bürger wieder in den Vordergrund zu stellen. Die Erfahrungen zeigen beispielsweise, Bürgerinnen und Bürger nutzen Online-Angebote nur in begrenztem Umfang. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit E-Government für interne Prozesse der Serviceerweiterung genutzt werden können. Dabei sollten die grundsätzlichen Fragestellungen folgendermaßen lauten: Welche öffentlichen Dienstleistungen, welche Maßnahmen der öffentlichen Sicherheit werden erwartet und gebraucht? Wenn diese Zielgrößen definiert sind, kann daran anknüpfend auch die Gestaltung der Arbeitsprozesse ins Zentrum gestellt werden: Welche Investitionen sind erforderlich? Wo müssen Arbeitsprozesse zielgerichteter erfolgen?

Konkret heißt das:

  • Bei der Einführung und Weiterentwicklung von E-Government bedarf es eines Rechtes auf Qualifizierung. Wenn die Personalabteilung oder der Personalrat eine seitens des Beschäftigten beantragte Weiterbildung befürworten, ist diese auch zu genehmigen.
  • Die Veränderung der Arbeitswelt hat auch Folgen für gewerkschaftliche Rechte. Traditionelle Schwarze Bretter, auf denen Gewerkschaften die Möglichkeit haben zu informieren, verlieren an Bedeutung. Das Intranet gewinnt demgegenüber an Bedeutung. Gewerkschaften ist hier Zugang zu gewähren, um zeitgemäß agieren zu können.
  • Soweit im Rahmen der E-Government-Einführung mit externen Partnern zusammengearbeitet wird, ist sicherzustellen, dass auf Seiten der öffentlichen Hand das Know-how vorhanden ist, um bei der Vertragsgestaltung nicht erpressbar zu sein und die Kosten für die öffentliche Hand kontrollieren zu können (customizing).
  • Open Government, die transparente Verwaltung, sollte auch für die Binnentransparenz gelten. Die Personalbedarfs- bzw. -entwicklungsplanung ist allen Beschäftigten anonymisiert zugänglich zu machen.
  • In einer Arbeitswelt, in der zunehmend elektronisch kommuniziert wird und die gegebenen technischen Möglichkeiten ohne großen Aufwand eine umfassende Datenerfassung ermöglichen, ist der Schutz der Beschäftigten vor unzulässiger Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung sicherzustellen. Mit dem Ausbau des Einsatzes von digitalen Informations- und Kommunikationstechniken muss demzufolge immer eine Überprüfung, Anpassung und im besten Falle Optimierung des Beschäftigtendatenschutzes einhergehen. E-Government darf nicht der Kontrolle und Überwachung der Beschäftigten dienen.
  • Die ressort- und auch länderübergreifende Einführung von Techniken macht deutlich, es bedarf auch übergreifender sowie prozessbegleitender Mitbestimmungsregeln. Die Gewerkschaften müssen als übergreifende Interessenvertretung mit verbindlichen Beteiligungsrechten eingebunden werden.
  • E-Government kann kein Instrument des weiteren Arbeitsplatzabbaus sein. Soweit die Arbeitsprozesse effektiver gestaltet werden können, sind die positiven Wirkungen im System zu belassen, darf also nicht weiter gekürzt werden. Das ist allein deswegen wichtig, da die Beschäftigten wissen müssen, dass ihr aktives Mitwirken an guten Lösungen sich nicht im Effekt gegen sie selbst richtet, und da die Kürzungspolitik der letzten Jahre ohnehin zu einer erheblichen Arbeitsverdichtung geführt hat, welche die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes beschränkt.

Die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften haben ein hohes Interesse, die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu erhalten und zu verbessern. Um das optimal zu ermöglichen, müssen die Bürgerinteressen in den Vordergrund gestellt werden.

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Dieser Artikel gehört zum Dossier:

Digitalisierung im öffentlichen Dienst

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