Nach dem Tod von zwei Werkvertrags-Beschäftigten der Papenburger Meyer-Werft im Sommer 2013 ließ der Betriebsrat die Arbeitsbedingungen bei den Werkvertrags-Firmen untersuchen. Die Ergebnisse waren teils erschreckend. Der Betriebsrat setzte per Haustarifvertrag Mindeststandards für die Beschäftigten der Subunternehmer durch.
Und er sicherte sich zudem Mitsprache bei Verträgen mit Werkvertrags-Unternehmen. Jetzt gibt es bei Meyer ein paritätisch besetztes Kontrollgremium, das die Arbeitsbedingungen bei Subunternehmern überprüft. Dafür wurde der Betriebsrat beim Deutschen Betriebsräte-Preis 2014 mit dem Sonderpreis "Fair statt prekär" ausgezeichnet.
Michael Wessels/Meyer Werft
Deutscher Betriebsräte-Preis
Der Deutsche Betriebsräte-Preis ist eine Initiative der Fachzeitschrift "Arbeitsrecht im Betrieb". Er zeichnet seit 2009 das Engagement und die erfolgreiche Arbeit von Betriebsräten aus, die sich nachhaltig für den Erhalt oder die Schaffung von Arbeitsplätzen oder für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Unternehmen einsetzen. Eine Jury aus Gewerkschaften, Wissenschaft und "Mitbestimmern" aus der Praxis trifft jedes Jahr eine Auswahl aus einer Vielzahl eingereichter Projekte. Der DGB ist Kooperationspartner des Betriebsräte-Tags.
Der Betriebsräte-Preis wird je einmal in den Kategorien Gold, Silber und Bronze verliehen. Außerdem vergibt die Jury vier Sonderpreise. Im Jahr 2014 gab es Sonderpreise zu den Themen „Beschäftigungssicherung“, „Gute Arbeit“, „Innovative Betriebsratsarbeit“ und „Fair statt Prekär“.
Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen: Im Sommer 2013 starben zwei Werkvertrags-Beschäftigte der Papenburger Meyer-Werft. Die beiden rumänischen Männer hatten für einen Subunternehmer der Werft auf Werksvertragsbasis gearbeitet. Sie kamen ums Leben, als in ihrer Gemeinschaftsunterkunft ein Feuer ausbrach. Laut Medienberichten hatte der Subunternehmer etwa 30 Arbeiter aus Rumänien und Bulgarien auf 400 Quadratmetern untergebracht.
Der Betriebsrat der Werft reagierte umgehend: Er gründete gemeinsam mit Partnern aus Politik und Wirtschaft eine sogenannte Task Force – ein Gremium, das über mehrere Monate die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Werkvertragsbeschäftigten untersuchte. Die Task Force deckte teilweise erhebliche Defizite bei Arbeitsschutz und Arbeitszeit, Entlohnung und Unterkunft auf. Der Abschlussbericht über diese Missstände war dann Anstoß und Grundlage für einen bislang bundesweit einmaligen Haustarifvertrag, der diese Mängel abstellen sollte. Verhandelt wurde er vom Betriebsrat, gemeinsam mit dem niedersächsischen Wirtschaftsministeriums, der Geschäftsleitung der Werft und der IG Metall. Bereits im Herbst 2013, also nur wenige Monate nach dem Brand, wurde er unterzeichnet. Er gilt für alle Werkvertragsbeschäftigten, die länger als einen Monat auf der Werft tätig sind.
Der Haustarifvertrag verpflichtet die Werkvertragsunternehmen auf Mindest-Standards im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Dazu zählen unter anderem gesetzliche Höchst-Arbeitszeiten, eine angemessene Unterbringung sowie ein Bruttostundenlohn von mindestens 8,50 Euro. Die Werft verpflichtet sich in dem Vertrag, Ausländer bei ihrem ersten Einsatz im Werk in ihrer Muttersprache über die geltenden Bedingungen und über Beratungsangebote zu informieren. Zudem dürfen die Werkvertragsmitarbeiter nun die Sozialräume der Werft, wie die Umkleiden und Kantine, mitbenutzen.
Zudem stärkt der Haustarif die Mitbestimmung: Auf seiner Basis gründete der Betriebsrat gemeinsam mit der Geschäftsführung eine Arbeitsgruppe, die den Einsatz der Beschäftigten und die Einhaltung der Beschäftigten überwacht. Bei Verstößen kann das Kontrollgremium sogar beantragen, den Vertrag mit dem Werkvertragsunternehmen aufzuheben.
Betriebsrat der Meyer-Werft Preisträger beim Deutschen Betriebsräte-Preis 2014