Deutscher Gewerkschaftsbund

18.12.2017
Arbeitsrecht und Sozialrecht

Urteile-Ticker

einblick Januar 2018

Kurz und knapp: Ein Urteil zum Arbeits- und Sozialrecht aus Ausgabe Januar 2018 des DGB-Infoservice einblick. Diesmal: Psychische Erkrankung durch Polizei-Maßnahme, Mitbestimmung beim Gesundheitsschutz, Kündigung wegen Krankheit

Gericht, Gesetzbuch, Urteile

Arbeitsunfall: Psychische Erkrankung durch Polizei-Maßnahme

Ist ein Arbeitnehmer allein infolge seiner beruflichen Tätigkeit polizeilichen Maßnahmen ausgesetzt und erleidet er hierdurch einen Gesundheitsschaden, so ist ein Arbeitsunfall anzuerkennen. Insoweit ist nicht von einer „privaten Verrichtung“ auszugehen.

Der Fall: Die Arbeitnehmerin arbeitet für die Deutsche Bahn am Service-Point des Fernbahnhofs am Frankfurter Flughafen. Während ihrer Tätigkeit übergab ihr die Bahnsteigaufsicht einen Rucksack, dessen Inhalt sie im Beisein eines Kollegen dokumentierte. Später stellten Beamte der Bundespolizei fest, dass Geld, Schmuck und eine Festplatte aus der Fundsache fehlten. Sie nahmen die Frau mit auf das Polizeirevier, wo sie sich komplett entkleiden und einer Leibesvisitation unterziehen musste. In Folge dieser ungerechtfertigten Maßnahme erlitt die Frau eine psychische Erkrankung. Die Unfallversicherung lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Es habe sich bei der polizeilichen Kontrolle um eine private Verrichtung gehandelt, die den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz unterbrochen habe. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Das Landessozialgericht: Auslöser und Ursache der polizeilichen Maßnahmen ist allein die berufliche Tätigkeit der Bahn-Mitarbeiterin gewesen, die sie ordnungsgemäß ausgeübt hatte. Es hat keine privat veranlassten Handlungen der Frau gegeben, die Anlass zu den polizeilichen Maßnahmen gegeben hätten. Daher ist deren berufliche Tätigkeit ursächlich für das von außen auf ihren Körper einwirkende Ereignis – die polizeilichen Maßnahmen – gewesen. Die ungerechtfertigten Maßnahmen der Polizei haben bei der Arbeitnehmerin unmittelbar zu Gefühlen des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit und Ohnmacht geführt, sodass ein Gesundheitsschaden vorliegt.

Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 17. Oktober 2017 – L 3 U 70/14


Kündigung wegen Krankheit

Fehlzeiten bei lang anhaltender Krankheit reichen als Kündigungsgrund nicht aus. Eine Kündigung wird erst dann gerechtfertigt sein, wenn es abzusehen ist, dass es in Zukunft keine Gesundheitsbesserung zu erwarten sein wird. Die Gründe für eine Krankheitsanfälligkeit müssen auch geklärt werden.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2017 – 2 Sa 158/16


Mitbestimmung beim Gesundheitsschutz

Ergreift der Arbeitgeber Maßnahmen im Gesundheitsschutz, so hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Dafür muss keine konkrete Gesundheitsgefahr vorliegen. Vielmehr reicht eine bloße Gefährdung der Gesundheit aus, die entweder feststeht oder durch eine Gefährdungsbeurteilung ermittelt wurde. Eine Gefährdung liegt bereits vor, wenn ein Gesundheitsschaden als möglich erscheint.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. März 2017 – 1 ABR 25/15


 


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