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Eigentlich müsste das Land Berlin beim aktuellen Verkauf des Sony Centers am Potsdamer Platz rund 66 Millionen Euro Grunderwerbssteuer vom Investor bekommen. Geld, das dringend gebraucht wird und mit dem zum Beispiel sozialer Wohnungsbau gefördert werden könnte. Doch ein legaler Steuertrick sorgt dafür, dass das Land keinen Cent Steuern bekommt.
"Share Deals" heißen diese Steuertricks. Laut Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen geht allein dem Land Berlin durch solche "Share Deals" ein dreistelliger Millionenbetrag pro Jahr (!) verloren.
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell beschreibt die Hintergründe und wirft einen Blick auf weitere Steuerungerechtigkeiten.
DGB/Simone M. Neumann
- von Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied -
Das Sony Center am Potsdamer Platz in Berlin wurde erneut verkauft. Diesmal an eine amerikanische Investmentgesellschaft, Oxford Properties. Der Preis: Stolze 1,1 Milliarden Euro. Der Verkäufer, ein koreanischer Pensionsfond, hatte das Sony Center vor sieben Jahren für 600 Millionen Euro, also knapp die Hälfte, erworben.
Ein stolzer Verkaufsgewinn und das Land Berlin müsste jetzt die Champagnerkorken knallen lassen, denn 66 Millionen Euro Grunderwerbssteuer sollten in die Kasse fließen. Aber kein Cent wird fällig, während immer mehr Berlinerinnen und Berliner unter Mietsteigerungen leiden. Bürgerinnen und Bürger müssten übrigens für eine Eigentumswohnung im Wert von 300.000 Euro exakt 18.000 Euro Grunderwerbssteuer zahlen und könnten nicht von "Share Deals" profitieren, der Gesetzeslücke, die die Immobilienbranche für Spekulationsgeschäfte nutzt.
Der Trick ist einfach. Die Investoren verkaufen nicht einfach die Immobilie selbst, sie übertragen die Immobilie in eine Firma und verkaufen dann Anteile (Shares) dieser Firma an die Käufer der Immobilie. So umgehen sie die Grunderwerbssteuer. Es ist so einfach und deshalb um so unglaublicher, dass die Politik das nicht per Gesetz verhindert. Dem Land Berlin sind allein beim zweimaligen Verkauf des Sony Centers über 100 Millionen Euro entgangen. Dafür könnten sofort alle Berliner Schulen mit hochmodernen Toiletten ausgestattet werden.
Warum wurde das nicht zum Wahlkampfthema gemacht? Warum wird diese himmelschreiende Ungerechtigkeit nicht auch als solche benannt? Warum wurden Frau Merkel oder Herr Schäuble oder wer auch immer nicht damit konfrontiert?
Warum gibt es hier noch immer keine Transaktionssteuer, aber in Frankreich seit 2015? Warum kommt die EU erst jetzt auf die Idee, Luxemburg zu zwingen, von Amazon in Luxemburg 250 Millionen Euro Steuern zu verlangen?
Weil Juncker und Co. solche Praktiken erst ermöglichten? 250 Millionen Euro sind für Amazon ein Witz, das spüren die nicht mal. Wann werden endlich all die großen amerikanischen Konzerne wie Apple, Starbucks, Google, Amazon, McDonalds & Co. hier besteuert, wo sie ihre Geschäfte machen? Wenn nicht auf den Gewinn, dann eben auf den Umsatz. Die EU will jetzt eine Schwarze Liste mit "Steueroasen" veröffentlichen. Das ergibt aber nur Sinn, wenn auch die Steueroasen, die es innerhalb der EU selbst gibt, klar benannt werden und mit auf die Liste kommen.
Doch der Irrsinn ist noch nicht zu Ende. Jetzt hat die EU-Kommission den Europäischen Gerichtshof eingeschaltet, damit endlich Irland 13 Milliarden Euro Steuern von Apple eintreibt, was die irische Regierung nicht will. Für die gesamte EU könnten das schnell 100 oder 200 Milliarden Euro Mehreinnahmen sein. Damit könnte den jungen Menschen in ganz Europa eine Berufschance gegeben werden. Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden dann von den riesigen Gewinnen, zu denen sie beigetragen haben, profitieren. Mit diesem Geld könnten wir endlich die Altersarmut und die Kinderarmut beenden. Und eshalb müssen wir dranbleiben!