Deutscher Gewerkschaftsbund

05.07.2017

Warnung für Whatsapp-Nutzer: „Urteil ist Steilvorlage für Abmahnanwälte“

SmartUnion

WhatsApp ist aus dem Leben vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Auch in der Arbeitswelt setzen Beschäftigte auf den Messengerdienst. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld stellt nun hohe Anforderungen an die WhatsApp-NutzerInnen. Wir haben bei einem Datenschutzexperten nachgefragt.

Smartphone, Whatsapp

DGB/prykhodov/123Rf.com

Kurz eine Nachricht an den Kollegen schicken, um den morgigen Dienst zu planen oder eine Verabredung zur Mittagspause bestätigen – auch aus der Arbeitswelt ist für viele der Messengerdienst nicht mehr wegzudenken. Doch ein Urteil des Amtsgerichts in Bad Hersfeld könnte den sorgenfreien Umgang mit WhatsApp – privat und dienstlich – nun trüben. In einem Urteil fordern die Richter von einer Mutter, die Smartphone-Nutzung ihres Sohnes bis zu dessen Volljährigkeit zu beaufsichtigen. Um ihren heute elfjährigen Nachwuchs vor etwa Abmahnungen zu schützen, soll die Mutter unter anderem die schriftlichen Einverständniserklärungen aller WhatsApp-Kontakte einholen.

Als Leitsatz formuliert das Amtsgericht:

„Wer den Messenger-Dienst ‚WhatsApp‘ nutzt, übermittelt nach den technischen Vorgaben des Dienstes fortlaufend Daten in Klardaten-Form von allen in dem eigenen Smartphone-Adressbuch eingetragenen Kontaktpersonen an das hinter dem Dienst stehende Unternehmen. Wer durch seine Nutzung von ‚WhatsApp‘ diese andauernde Datenweitergabe zulässt, ohne zuvor von seinen Kontaktpersonen aus dem eigenen Telefon-Adressbuch hierfür jeweils eine Erlaubnis eingeholt zu haben, begeht gegenüber diesen Personen eine deliktische Handlung und begibt sich in die Gefahr, von den betroffenen Personen kostenpflichtig abgemahnt zu werden. Nutzen Kinder oder Jugendliche unter 18 Jahren den Messenger-Dienst ‚WhatsApp‘, trifft die Eltern als Sorgeberechtigte die Pflicht, ihr Kind auch im Hinblick auf diese Gefahr bei der Nutzung des Messenger-Dienstes aufzuklären und die erforderlichen Schutzmaßnahmen im Sinne ihres Kindes zu treffen.“ (Quelle: Amtsgericht Bad Hersfeld)

WhatsApp-Urteil: Absurd und praxisfern?

Die Verunsicherung über diesen Richterspruch ist groß. So fragt Zeit Online „Ist es legal, WhatsApp in Deutschland zu benutzen?“. Auch in der Netzszene wird heiß diskutiert. Das Urteil wird von einigen Tech-Magazinen als „absurd“ oder „wahnsinnig praxisfern“ eingeordnet. Der Datenschutzexperte und Professur für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences Peter Wedde bestätigt hingegen die Argumentation des Amtsgerichts: „Folgt man der juristisch gut nachvollziehbaren Argumentation des Amtsgerichts Bad Hersfeld, ist eine solche Zustimmungserklärung erforderlich, sobald Informationen den Bereich der ausschließlich privaten Verarbeitung verlassen.“ Aus datenschutzrechtlicher Sicht sei das keine überraschende Erkenntnis, da durch geltendes Datenschutzrecht neben den Rechten von Telefonbuchbesitzern auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der dort gespeicherten Telefonnummernbesitzer geschützt ist.

WhatsApp-NutzerInnen droht eine Abmahnung

Droht den NutzerInnen nun eine Abmahnung, wenn sie die Auflagen des Gerichts nicht befolgen? Wedde betont: „Die Begründung der Entscheidung des Amtsgerichts ist für findige Abmahnanwälte eine echte Steilvorlage. Lässt sich im Einzelfall nachweisen, dass eine von WhatsApp für geschäftliche Zwecke genutzte Telefonnummer ursprünglich aus einem bestimmten privaten Telefonbuch stammt, ist dies aus zivilrechtlicher als Verschulden der WhatsApp Nutzer zu qualifizieren, die die Übermittlung der Daten ermöglicht haben. Konsequent könnte eine kostenpflichtige Aufforderung sein, entsprechende Übermittlungen künftig zu unterlassen oder zu unterbinden.“

IT-Tipps für GewerkschafterInnen

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Schutz vor Abmahnanwälten

Wedde rät NutzerInnen WhatsApp nur auf Geräten zu nutzen, auf denen überhaupt keine personenbezogenen Daten anderer Menschen gespeichert sind. Das gehe praktisch aber wohl nur mit einem zweiten Gerät, das ausschließlich für diesen Dienst genutzt wird. „Ich persönlich ziehe es vor, einen anderen Messanger-Dienst zu nutzen, bei dem ich weiß, dass entsprechende Datenabgriffe nicht erfolgen. Der Rückgriff auf Alternativen schützt nicht nur vor kostenträchtigen Abmahnungen, sondern auch vor Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte von Menschen, die in meinem elektronischen Telefonverzeichnis stehen“, so der IT-Experte und Jurist.

Alternativen zu WhatsApp nutzen

Bei DatenschützerInnen steht WhatsApp schon länger in der Kritik. Dabei gibt es Alternativen, die wesentlich sensibler mit den Daten der NutzerInnen umgehen. Das Problem: Durch die weite Verbreitung von Whats-App haben es andere Anwendungen schwer. Doch gerade für vertrauliche Nachrichten etwa von Betriebsräten an ArbeitnehmerInnen sollten sichere Kurznachrichtendienste eingesetzt werden. Der DGB-Service SmartUnion hat Beispiele zusammengestellt.


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