Mehr Transparenz, mehr Gerechtigkeit? Seit Anfang Januar 2018 haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Recht zu erfahren, was Kolleginnen und Kollegen mit vergleichbaren Aufgaben verdienen. Doch die Hürden dafür sind hoch - und längst nicht alle Beschäftigten profitieren von dem neuen Gesetz.
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Noch immer verdienen Frauen für dieselbe Arbeit oft deutlich weniger als Männer. Selbst wenn man Faktoren wie Teilzeit herausrechnet, liegt die Lohnlücke in Deutschland bei sieben Prozent. Ein neues Gesetz soll jetzt für mehr Gerechtigkeit sorgen: Mit dem Entgelttransparenzgesetz haben Beschärftigte ab dem 6. Januar 2018 ein Recht darauf zu erfahren, wie Kolleginnen und Kollegen bezahlt werden, die ähnliche Tätigkeiten ausüben.
Doch so einfach, wie es klingt, ist das nicht - und vielen Beschäftigten nutzt das Gesetz nichts. Denn: Der Gesetzgeber hat große Hürden eingebaut. So gilt die neue Regelung nur
Durch diese Einschränkungen bleiben Beschäftigte in kleinen und mittelständischen Unternehmen außen vor - doch genau in diesem Bereich "ist die Entgeltgeltdiskrimierung am höchsten", sagt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack im Deutschlandfunk:
"Eine Frau, die in einem Betrieb mit 199 Beschäftigten arbeitet, hat nach diesem Gesetz keinen Auskunftsanspruch. Und eine Frau, die in ganz kleinen Betrieben mit fünf, sechs oder sieben Beschäftigten arbeitet, erst recht nicht. Das heißt: Zwei Drittel aller erwerbstätigen Frauen in Deutschland - die arbeiten nämlich in den kleinen und Kleinstbetrieben - sind von diesem Gesetz ausgenommen."
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Doch selbst wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind und ein Auskunftsanspruch besteht, ist es für Beschäftigte oft mit einem Risiko verbunden, diesen auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen: "Ich würde Frauen immer erstmal raten, zu schauen: Gibt es einen Betriebsrat im Betrieb, der sich wirklich intensiv für die Interessen und Belange der Beschäftigten einsetzt? Wenn es einen solchen Betriebsrat gibt, dann würde ich auch raten: Okay, dann lass mal über den Betriebsrat dein Auskunftsbegehren klären", so Elke Hannack.
"Ansonsten ist es natürlich schwierig. Ein Auskunftsbegehren bringt die betroffenen Frauen immer in eine schwierige Situation. Entweder sie unterstellen ihrem Arbeitgeber, der jetzt mal reinen Gewissens seine Gehaltsstrukturen ausgestaltet hat, indirekt Entgeltdiskriminierung und bringen damit auch eventuell ungerechtfertigtes Misstrauen zum Ausdruck. Oder sie decken tatsächlich am Ende eine Entgeltdiskriminierung auf - und können nicht wirksam dagegen vorgehen. An der Stelle lässt das Gesetz die Frauen im Regen stehen."
Denn: Das Entgelttransparenzgesetz sichert, mit den genannten Einschränkungen, nur einen Auskunftsanspruch zu - kein Recht auf eine Anpassung des Gehalts. Beschäftigte können zwar vor das Arbeitsgericht ziehen und auf Grundlage der Auskunft eine bessere Bezahlung einklagen, müssen das aber individuell tun, da das Gesetz kein Verbandsklagerecht vorsieht. Auch das ist für Elke Hannack ein großes Manko. Ihr Fazit:
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"Das Entgelttransparenzgesetz wird nicht dazu beitragen, dass wir zu mehr Lohngerechtigkeit in den Betrieben kommen. Es wird allerhöchstens als erster Schritt dazu beitragen, dass wir mehr Transparenz in Bezug auf die Gehaltsstruktur in den Betrieben und Verwaltungen bekommen."
Der DGB fordert, das Entgeltransparenzgesetz, das den Auskunftsanspruch in den Mittelpunkt stellt, zu einem echten Lohngerechtigkeitsgesetz weiterzuentwickeln. Dieses müsste Betriebe und Verwaltungen dazu verpflichten, ihre Gehaltsstrukturen mit verbindlichen Verfahren zu überprüfen - und Diskriminierungen zu beseitigen. Aktuell sieht das Gesetz nur Berichtspflichten für Unternehmen vor, die mehr als 500 Beschäftigte haben - aber keinerlei Strafen, wenn die Unternehmen dieser Aufforderung nicht nachkommen.
Grundlage für den Auskunftsanspruch und mögliche Prüfverfahren ist die Vergleichbarkeit von Beschäftigungsverhältnissen. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hat ein Instrument entwickelt, das solche Vergleiche auf eine systematische Basis stellt und auch Diskriminierungen enthüllt, die auf der Unterbewertung von Frauentätigkeiten beruhen. Hans-Böckler-Stiftung: Daten und Fakten zur Entgeltungleichheit.
WSI 2016
Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Entwurf des Gesetzes zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen zwischen Frauen und Männern. März 2017