Die eingetragene Lebenspartnerschaft war ein erster großer Schritt zur gesetzlichen Gleichstellung von Schwulen und Lesben in Deutschland. Sie gilt seit zehn Jahren – Homosexuelle sind seitdem auch in der Arbeitswelt weitgehend rechtlich gleichgestellt. In seiner aktuellen Ausgabe zieht das Beamten-Magazin Bilanz über die Situation im öffentlichen Dienst und in der Gewerkschaftsarbeit.
Die rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen ist mit dem 2001 geschaffenen Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft einen Schritt weiter gekommen. Ein wichtiger Ausgangspunkt für die berufliche Gleichstellung von Homosexuellen war die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf aus dem Jahre 2000 (Richtlinie 2000/78/EG). Sie verpflichtete ihre Mitgliedstaaten, Gesetze und Regelungen zur Gleichbehandlung im Bereich von Beschäftigung und Beruf zu schaffen. Als Umsetzungsschritt der Richtlinie wurde schließlich im August 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verabschiedet. Mit dem AGG besteht seitdem ein umfassendes arbeitsrechtliches Benachteiligungsverbot, das auch die Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung umfasst.
Die rechtliche Gleichstellung ist inzwischen auch in der Arbeitswelt von Lesben und Schwulen im öffentlichen Dienst angekommen. Beharrlich bemühen sich der Deutsche Gewerkschaftsbund und seine Mitgliedsgewerkschaften um die Umsetzung der Gleichstellungsrichtlinie im Beamtenrecht. Fast alle Länder und der Bund haben verpartnerte Beamtinnen und Beamte dienstrechtlich weitgehend gleichgestellt oder entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht. Doch auch zehn Jahre nach der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes ist jeder Schritt auf dem Weg zur vollständigen Gleichstellung von einem zähen gesellschaftlichen Ringen begleitet. Dies zeigte sich nicht zuletzt an dem Tauziehen um die rückwirkende Geltung von Regelungen in dem nun im Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Gleichstellung von Beamtinnen und Beamten des Bundes.
Gesellschaftlich sind Lesben und Schwule heute in sehr vielen Bereichen des Lebens akzeptiert. Doch nach wie vor gibt es Situationen, in denen Homosexuelle Ausgrenzung erfahren und diskriminiert werden. Gerade in Arbeitsbeziehungen sind solche Erfahrungen für die Betroffenen besonders belastend. Viele Lesben und Schwule verschweigen daher ihre homosexuelle Lebensweise in arbeitsrelevanten Zusammenhängen. Doch das Verheimlichen der eigenen sexuellen Orientierung führt zu einer erhöhten Stresssituation am Arbeitsplatz. Mögliche Folgen können Schlaflosigkeit, Depressionen, Kopfschmerzen bis hin zu Angststörungen und Suizidgedanken sein.
Viele Betroffene wenden sich mit ihren Sorgen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Aus deren Beratungspraxis sind unterschiedliche Formen von Diskriminierung am Arbeitsplatz bekannt. „Lesben und Schwule berichten mir von diskriminierenden Kündigungen, nachdem die Arbeitgeber von der Homosexualität erfahren hatten“, erzählt Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle. „Sie berichten von Ablehnung bei kirchlichen Arbeitgebern, wenn sich Betroffene outen und von mühsamen Verwaltungsprozessen, um an Beihilfe und Familienzuschlag für den Lebenspartner zu kommen“, so Lüders weiter.
„Sexuelle Identität darf kein Grund für Diskriminierung sein“, forderte Ingrid Sehrbrock, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), anlässlich des diesjährigen Christopher Street Day (CSD) in Berlin. Sie machte sich dafür stark, den Artikel 3 des Grundgesetzes entsprechend zu ändern. Der DGB-Bundeskongress hatte sich 2010 in einem einstimmigen Beschluss dafür ausgesprochen, jegliche Ausgrenzung aufgrund der sexuellen Identität zu verhindern und die Forderung nach einer Ergänzung des verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbots um das Merkmal „sexuelle Identität“ in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes zu unterstützen.
Erfahrungen mit Diskriminierung oder Angst vor Ausgrenzung am Arbeitsplatz waren für viele lesbische und schwule Gewerkschaftsmitglieder der Ausgangspunkt, ihre spezielle Arbeitsplatzsituation in der Gewerkschaft zu thematisieren und sich in gewerkschaftlichen Arbeitskreisen zu organisieren. Inzwischen haben die Gewerkschaften die Gleichstellungspolitik von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LSBT) sehr tiefgehend und kontinuierlich in ihrer Arbeit integriert. Es gibt vielfältige berufsspezifische Unterstützungsangebote, die von Mitgliedern organisiert werden.
Seit der Gründung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) spielt das gewerkschaftliche Engagement für LSBT eine wichtige Rolle. Im Bundesarbeitskreis LSBT wird die Arbeit koordiniert. Ergebnis dieses Engagements ist unter anderem das regelmäßig erscheinende Gewerkschaftsmagazin „queer_Format“. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) befasst sich seit langen mit der Gleichstellung von LSBT. Regionale Angebote, wie zum Beispiel die seit 30 Jahren bestehende Arbeitsgemeinschaft Schwule Lehrer der GEW Berlin, bieten Beratung und Hilfestellung für Coming-out-Strategien. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat bereits vor Jahren das Thema „Lesben und Schwule im Polizeidienst“ innerhalb der Bildungsarbeit platziert. Regelmäßig erscheinen Artikel hierzu in der Mitgliederzeitung. Außerdem kooperiert die GdP eng mit dem Verband lesbischer und schwuler Polizistinnen und Polizisten (VelsPol). Und auch in der neu gegründeten Eisenbahner- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) existieren verschiedenste Arbeitsgruppen und Gesprächskreise.
Die Gleichstellung von Homosexuellen ist ein Prozess, der nur in kleinen Schritten vorangeht, auch 10 Jahre nach dem Lebenspartnerschafsgesetz. „Einen vielleicht kleinen, für mich aber bedeutsamen Schritt ist die neue baden-württembergische Landesregierung gegangen, in dem sie die Gebühren für die Verpartnerung den Kosten einer Eheschließung angeglichen und die Standesämter für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet hat“, resümiert Christine Lüders.
Titelgeschichte: Magazin für Beamtinnen und Beamte, Ausgabe August 2011