Deutscher Gewerkschaftsbund

11.08.2011

Beamten-Magazin: Respekt für Lesben und Schwule im öffentlichen Dienst

Zehn Jahre Lebenspartnerschaftsgesetz

Die eingetragene Lebenspartnerschaft war ein erster großer Schritt zur gesetzlichen Gleichstellung von Schwulen und Lesben in Deutschland. Sie gilt seit zehn Jahren – Homosexuelle sind seitdem auch in der Arbeitswelt weitgehend rechtlich gleichgestellt. In seiner aktuellen Ausgabe zieht das Beamten-Magazin Bilanz über die Situation im öffentlichen Dienst und in der Gewerkschaftsarbeit.

Titelbild Beamtenmagazin Ausgabe August 2011: Michael Sommer beim CSD 2009 in eimen Demozug mit Transparent

Das Beamtenmagazin zieht In der August-Ausgabe Bilanz: seit zehn Jahren gilt die eingetragenen Lebenspartnerschaft von Lesben und Schwulen. Der DGB mit seinem Vorsitzenden Michael Sommer setzt sich dafür ein, jegliche Ausgrenzung aufgrund der sexuellen Identität zu verhindern.. DGB/Uwe Timm

Die rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen ist mit dem 2001 geschaffenen Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft einen Schritt weiter gekommen. Ein wichtiger Ausgangspunkt für die berufliche Gleichstellung von Homosexuellen war die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf aus dem Jahre 2000 (Richtlinie 2000/78/EG). Sie verpflichtete ihre Mitgliedstaaten, Gesetze und Regelungen zur Gleichbehandlung im Bereich von Beschäftigung und Beruf zu schaffen. Als Umsetzungsschritt der Richtlinie wurde schließlich im August 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verabschiedet. Mit dem AGG besteht seitdem ein umfassendes arbeitsrechtliches Benachteiligungsverbot, das auch die Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung umfasst.

Rechtliche Gleichstellung auch in der Arbeitswelt

Die rechtliche Gleichstellung ist inzwischen auch in der Arbeitswelt von Lesben und Schwulen im öffentlichen Dienst angekommen. Beharrlich bemühen sich der Deutsche Gewerkschaftsbund und seine Mitgliedsgewerkschaften um die Umsetzung der Gleichstellungsrichtlinie im Beamtenrecht. Fast alle Länder und der Bund haben verpartnerte Beamtinnen und Beamte dienstrechtlich weitgehend gleichgestellt oder entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht. Doch auch zehn Jahre nach der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes ist jeder Schritt auf dem Weg zur vollständigen Gleichstellung von einem zähen gesellschaftlichen Ringen begleitet. Dies zeigte sich nicht zuletzt an dem Tauziehen um die rückwirkende Geltung von Regelungen in dem nun im Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Gleichstellung von Beamtinnen und Beamten des Bundes.

Schweigen am Arbeitsplatz

Gesellschaftlich sind Lesben und Schwule heute in sehr vielen Bereichen des Lebens akzeptiert. Doch nach wie vor gibt es Situationen, in denen Homosexuelle Ausgrenzung erfahren und diskriminiert werden. Gerade in Arbeitsbeziehungen sind solche Erfahrungen für die Betroffenen besonders belastend. Viele Lesben und Schwule verschweigen daher ihre homosexuelle Lebensweise in arbeitsrelevanten Zusammenhängen. Doch das Verheimlichen der eigenen sexuellen Orientierung führt zu einer erhöhten Stresssituation am Arbeitsplatz. Mögliche Folgen können Schlaflosigkeit, Depressionen, Kopfschmerzen bis hin zu Angststörungen und Suizidgedanken sein.

Viele Betroffene wenden sich mit ihren Sorgen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Aus deren Beratungspraxis sind unterschiedliche Formen von Diskriminierung am Arbeitsplatz bekannt. „Lesben und Schwule berichten mir von diskriminierenden Kündigungen, nachdem die Arbeitgeber von der Homosexualität erfahren hatten“, erzählt Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle. „Sie berichten von Ablehnung bei kirchlichen Arbeitgebern, wenn sich Betroffene outen und von mühsamen Verwaltungsprozessen, um an Beihilfe und Familienzuschlag für den Lebenspartner zu kommen“, so Lüders weiter.

Klare Position des DGB

„Sexuelle Identität darf kein Grund für Diskriminierung sein“, forderte Ingrid Sehrbrock, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), anlässlich des diesjährigen Christopher Street Day (CSD) in Berlin. Sie  machte sich dafür stark, den Artikel 3 des Grundgesetzes entsprechend zu ändern. Der DGB-Bundeskongress hatte sich 2010 in einem einstimmigen Beschluss dafür ausgesprochen, jegliche Ausgrenzung aufgrund der sexuellen Identität zu verhindern und die Forderung nach einer Ergänzung des verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbots um das Merkmal „sexuelle Identität“ in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes zu unterstützen.

Aktivitäten der Gewerkschaften im öffentlichen Dienst

Erfahrungen mit Diskriminierung oder Angst vor Ausgrenzung am Arbeitsplatz waren für viele lesbische und schwule Gewerkschaftsmitglieder der Ausgangspunkt, ihre spezielle Arbeitsplatzsituation in der Gewerkschaft zu thematisieren und sich in gewerkschaftlichen Arbeitskreisen zu organisieren. Inzwischen haben die Gewerkschaften die Gleichstellungspolitik von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LSBT) sehr tiefgehend und kontinuierlich in ihrer Arbeit integriert. Es gibt vielfältige berufsspezifische Unterstützungsangebote, die von Mitgliedern organisiert werden.

Seit der Gründung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) spielt das gewerkschaftliche Engagement für LSBT eine wichtige Rolle. Im Bundesarbeitskreis LSBT wird die Arbeit koordiniert. Ergebnis dieses Engagements ist unter anderem das regelmäßig erscheinende Gewerkschaftsmagazin „queer_Format“. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) befasst sich seit langen mit der Gleichstellung von LSBT. Regionale Angebote, wie zum Beispiel die seit 30 Jahren bestehende Arbeitsgemeinschaft Schwule Lehrer der GEW Berlin, bieten Beratung und Hilfestellung für Coming-out-Strategien. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat bereits vor Jahren das Thema „Lesben und Schwule im Polizeidienst“ innerhalb der Bildungsarbeit platziert. Regelmäßig erscheinen Artikel hierzu in der Mitgliederzeitung. Außerdem kooperiert die GdP eng mit dem Verband lesbischer und schwuler Polizistinnen und Polizisten (VelsPol). Und auch in der neu gegründeten Eisenbahner- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) existieren verschiedenste Arbeitsgruppen und Gesprächskreise.

Die Gleichstellung von Homosexuellen ist ein Prozess, der nur in kleinen Schritten vorangeht, auch 10 Jahre nach dem Lebenspartnerschafsgesetz. „Einen vielleicht kleinen, für mich aber bedeutsamen Schritt ist die neue baden-württembergische Landesregierung gegangen, in dem sie die Gebühren für die Verpartnerung den Kosten einer Eheschließung angeglichen und die Standesämter für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet hat“, resümiert Christine Lüders.

Titelgeschichte: Magazin für Beamtinnen und Beamte, Ausgabe August 2011


Nach oben

Weitere Themen

Zu­sam­men für De­mo­kra­tie. Im Bun­d. Vor Or­t. Für Al­le.
Gruppe junger Menschen stehen lachend im Kreis und legen ihre Hände aufeinander
DGB/rawpixel/123rf.com
„Zusammen für Demokratie. Im Bund. Vor Ort. Für Alle“: Unter diesem Motto haben wir uns mit rund 50 anderen Organisationen zu einem starken Bündnis zusammengeschlossen. Gemeinsam verteidigen wir unsere Demokratie – und alle, die hier leben.
Zur Pressemeldung

1. Mai 2024: Mehr Lohn, mehr Frei­zeit, mehr Si­cher­heit
1. Mai 2024. Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
DGB
Tag der Arbeit, Maifeiertag oder Kampftag der Arbeiterbewegung: Am 1. Mai rufen wir Gewerkschaften zu bundesweiten Kundgebungen auf. 2024 steht der 1. Mai unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit". Das sind unsere 3 Kernversprechen. Wir geben Antworten auf die zunehmende Verunsicherung in der Gesellschaft.
weiterlesen …

#Ta­rif­wen­de: Jetz­t!
Infografik mit Kampagnenclaim "Eintreten für die Tarifwende" auf roten Untergrund mit weißen Pfeil, der leicht nach oben zeigt.
DGB
Immer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …