Immer mehr Schülerinnen und Schüler brauchen besondere Unterstützung, auch die Zahl der behinderten jungen Menschen steigt. Doch obwohl der Anteil in Familien, die Hartz IV beziehen, besonders hoch ist, erhalten die Betroffenen keinerlei finanzielle Unterstützung. Das muss sich dringend ändern.
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Es gibt immer weniger junge Menschen in Deutschland - doch der Anteil der 15- bis 25-Jährigen, die einen erhöhten Förderbedarf haben, steigt. Inzwischen haben ein Viertel der jungen Menschen, die bei der Bundesagentur für Arbeit eine geförderte Berusvorbereitung oder Ausbildung beginnen, eine psychische Behinderung. Dazu gehören zum Beispiel Lernbehinderungen oder Depressionen. Sie sind oft nicht angeboren, sondern werden durch belastende Lebensumstände erzeugt.
Das erklärt, warum Menschen, die von Hartz IV leben, überdurchschnittlich oft betroffen sind: "Die ‚Nebenwirkungen‘ von Hartz IV – Armut, beengtes Wohnen, geringere Bildungschancen, weniger Teilhabe an der Gesellschaft – können die körperliche, geistige und emotionale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen negativ beeinflussen. Darauf weisen Experten seit Jahren hin", sagt DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. "Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung eine Strategie entwickelt, die diesen Teufelskreis bricht. Sie sollte den Empfehlungen der Sachverständigenkommission des 13. Kinder- und Jugendberichts folgen und die ‚Verringerung ungleicher Gesundheitschancen‘ zum ‚vorrangigen nationalen Gesundheitsziel‘ erklären – und entsprechend handeln.“
Das 9. Sozialgesetzbuch, Paragraf 2 Absatz 1 definiert das so: "Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist." Eine Erkrankung kann also zur Behinderung werden, wenn sie länger als sechs Monate anhält.
Von gleichen Chanchen sind behinderte Hartz IV-Empfänger jedoch noch weit entfernt. Im Gegenteil: Obwohl sich psychische Behinderungen und Lernbehinderungen durch Prävention und Förderung in vielen Fällen vermeiden ließen, erhalten die Betroffenen oft keinerlei Unterstützung. "Im Gegensatz zu berufstätigen behinderten Menschen können behinderte Hartz IV-Empfänger keine Mehrausgaben geltend machen", kritisiert Annelie Buntenbach. "Sie bekommen auch keine zusätzliche finanzielle Unterstützung, wenn sie behinderte Kinder haben. Prävention oder therapeutische Maßnahmen könnten in vielen Fällen helfen, sind aber schlichtweg nicht finanzierbar. Schlechtere Chancen auf eine Ausbildung, deren Abschluss und ein selbstbestimmtes Leben sind die Folge."
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Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied:
„Deutschland hat 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet und sich damit verpflichtet, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen schrittweise umzusetzen. Aber auch fast zehn Jahre später hakt und klemmt es an allen Ecken - auch und gerade im Hartz IV-Bereich."
Um die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Hartz-IV-Familien zu schützen und weiteren Behinderungen vorzubeugen schlägt der DGB Sofortmaßnahmen gegen Kinderarmut vor. Dazu gehören:
Inhalt: 1. Weniger Jugendliche, aber mehr Behinderungen und mehr sonderpädagogischer Förderbedarf 2. Psychische Behinderungen nehmen deutlich zu 3. Zuspitzung in Hartz IV 4. Hartz-IV-Regelsatz: Kein Mehrbedarf bei behinder-tem Kind 5. Kinder und Jugendliche in Hartz IV sind mehrfach benachteiligt 6. Was zu tun ist - Forderungen des DGB