Auch wenn das Thema Flüchtlinge nicht mehr die Medien beherrscht: Jetzt beginnt die eigentliche Integrationsarbeit und die Eingliederung in Arbeit und Ausbildung. Die neue Ausgabe von "Arbeitsmarkt aktuell" gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Entwicklung und zeigt, wo nachgebessert werden muss.
Colourbox.de
Erst seit Juni 2016 können die Flüchtlinge aus den acht Asylherkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien) statistisch genau erfasst werden. Damit ergibt sich erstmals ein genaues Bild der Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt.
Knapp 500.000 Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter haben einen Aufenthaltstitel und damit unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt mit Anspruch auf Grundsicherung nach SGB II (Geduldete haben diesen Anspruch nicht). 179.000 sind arbeitslos gemeldet, die Übrigen befinden sich in Maßnahmen wie Berufsvorbereitung, Sprachkurs oder sind krank und stehen dem Arbeitsmarkt aktuell nicht zur Verfügung. Bisher haben 138.000 Flüchtlinge (aus den acht wichtigsten Herkunftsländern) eine sozialpflichtige Beschäftigung gefunden – hier werden allerdings auch die Migranten/-innen mitgezählt, die schon länger in Deutschland leben.
Die geflüchteten Menschen bilden ein wichtiges Potential für den Arbeitsmarkt. Dies kann aber nur realisiert werden, wenn in Aus- und Weiterbildung investiert wird. Das Profil der arbeitslosen Flüchtlinge ist männlich, jung und mit geringer Qualifikation. Über zwei Drittel der Arbeitslosen sind Männer; über die Hälfte sind unter 35 Jahren – 20 Prozent sogar unter 20 Jahren. Nur jeder sechste ist Fachkraft oder Experte/-in. Fast zwei Drittel der arbeitslosen Flüchtlinge haben nur eine Qualifikation auf einem Helfer-Niveau. Entsprechend suchen Flüchtlinge vorwiegend in solchen Branchen, in denen Helferinnen und Helfer gesucht werden: Reinigung, Lagerei und Logistik, Küchenhilfe.
Seit März 2016 haben 37.500 Flüchtlinge eine Arbeit im ersten Arbeitsmarkt gefunden, 30.900 davon in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. 6.900 Flüchtlinge haben über Leiharbeit den Einstieg in die Arbeit geschafft, danach folgen die Branchen „wirtschaftliche Dienstleistung“, Gastgewerbe, Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen sowie verarbeitendes Gewerbe.
Im Trend liegt die Gründung von Leiharbeitsarbeitsfirmen, die sich ausschließlich auf Flüchtlinge konzentrieren. Betriebe nutzen den Umstand, dass Flüchtlingen schnell und unbürokratisch Arbeit wollen ohne sich um die umfangreiche Verwaltung mit BAMF, BA oder Kommunen zu kümmern. Auch wenn positiv ist, dass Flüchtlinge eine sozialpflichtige Arbeit finden, bleibt ein Nachgeschmack, dass es vorwiegend Tätigkeitsbereiche mit geringen Qualifikationen oder Leiharbeit sind. Finden Flüchtlinge verstärkt in Leiharbeit eine Beschäftigung, birgt dies die Gefahr, dass sie nicht aus prekären Beschäftigungen herauskommen werden. Für eine nachhaltige Integration ist es wichtig, mehr Arbeit in regulären Beschäftigungsverhältnissen zu schaffen.
Aus Sicht des DGB müssen folgende Rahmenbedingungen verbessert werden, um Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu integrieren:
Neben mangelnden Sprachkenntnissen trägt vor allem die fehlende Rechtssicherheit des Aufenthaltsstatus zur Unsicherheit und unsicherer Perspektive bei. Ursache ist, dass immer weniger Flüchtlinge direkt anerkannt werden und nur den Status der Duldung bekommen. Das verhindert auch, dass Betriebe Flüchtlinge einstellen oder ausbilden. Der DGB setzt sich dafür ein, dass Integration Vorrang vor Abschiebung hat. Wer sich gut in der deutschen Arbeitswelt eingelebt hat, hat auch gute Perspektiven am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Für eine Integration in die Gesellschaft sollte dies wichtiger sein als der Aufenthaltsstatus.
Menschen aus dem Ausland, vor allem aber geflüchtete Menschen, kennen das Rechtssystem in Deutschland nicht und verfügen oft über eine niedrige oder nicht anerkannte Qualifikation. Diese Gruppen sind besonders bedroht, am Arbeitsmarkt ausgebeutet zu werden. Aufgrund der schwierigen Lebenssituation von Flüchtlingen (Kriege, Flucht, kulturelle Unterschiede) besteht die Gefahr, dass sie zunächst nur in prekären Beschäftigungsformen Arbeit finden. Das kann ein Einstieg sein, aber es ist notwendig, dass auch während der Beschäftigung Weiterbildung angeboten wird. Unser Ziel muss es sein, Flüchtlinge genauso wie die heimischen Beschäftigten vor prekärer Beschäftigung zu schützen.
Um Flüchtlinge vor Arbeitsausbeutung zu schützen, sind Beratungseinrichtungen zu Sozial- und Arbeitsrecht zwingend notwendig. Leider gibt es sie nur an wenigen Orten. Wir brauchen mehr Beratungseinrichtungen zu Arbeitsrecht und Arbeitsausbeutung, die bei der Durchsetzung ihrer Arbeitnehmerrechte unterstützen. Diese Stellen müssen vor allem aus Arbeitnehmersicht beraten und dürfen sich nicht auf allgemeine rechtliche Informationen beschränken. Damit besteht die Chance, dass zumindest die schlimmsten Fälle verhindert werden.
Beratung, Qualifizierung und berufsbegleitende Sprachkurse sind wesentliche Instrumente, um Flüchtlinge auf den deutschen Markt vorzubereiten und ihre individuellen Fähigkeiten und Kompetenzen zu nutzen. Wesentlich für den Einstieg in das Berufsleben ist der direkte Kontakt der Flüchtlinge zu Betrieben und Verwaltung. Hier könnten die Unternehmen wesentlich aktiver sein, die bestehenden Aubildungs- und Beschäftigungsprogramme müssen stärker beworben werden. Außerdem rüssen die Potenziale von weiblichen Flüchtlingen besser genutzt werden, um ein Abdriften in klassische Rollenmuster zu verhindern. Für den Zugang der Frauen zu Integrationskursen, beruflicher Ausbildung oder Beschäftigung ist deshalb wichtig, dass Kinderbetreuungsmöglichkeiten und familienbewusste Arbeitszeiten zur Verfügung stehen.
Weitere Infos, unter anderem zur Situation geflüchter Frauen und zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, inklusive einem Überblick über verschiedene Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramme, liefert die Ausgabe 04/2017 von "Arbeitsmarkt Aktuell".
Auch wenn das Thema Flüchtlinge nicht mehr die Medien beherrscht: Jetzt beginnt die eigentliche Integrationsarbeit und die Eingliederung in Arbeit und Ausbildung. Die neue Ausgabe von "Arbeitsmarkt aktuell" gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Entwicklung und zeigt, wo nachgebessert werden muss.