Deutscher Gewerkschaftsbund

25.02.2011
klartext 07/2011

Vermittlungsausschuss: Große Debatten, kleine Ergebnisse

Die Hartz IV-Verhandlungen sind ohne eine Equal-Pay-Regel für die Leiharbeitsbranche zu Ende gegangen. Doch ohne das Prinzip "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" wird die Leiharbeit zum billigen Beschäftigungsmodell für Arbeitgeber. Das muss sich ändern, denn ArbeitnehmerInnen zweiter Klasse darf es nicht geben. Der DGB Klartext.

Lang haben sie gedauert, die Hartz IV-Verhandlungen. Das ganze Gezerre der letzten Wochen und Tage für nur drei Euro mehr Hartz IV erst ab 2012 grenzt an sozial-politischen Zynismus. Fortschritte bei dem Bildungspaket hin, drei weitere Branchenmindestlöhne her. Nun sollen die rund 4,7 Millionen erwachsenen Hartz IV-Be­zie­her mit 364 Euro zurechtkommen. Banken hätten mehr bekommen, wenn sie in Not gewesen wären. Unkompliziert, schnell, mit viel Verständnis für ihre Notlage. „Systemrelevanz" macht alles möglich. Und so werden für den Hartz IV-Kompromiss 5,5 Mrd. Euro bewegt, während die Bankenrettung dem Steuerzahler voraussichtlich einen Verlust in Höhe eines zweistelligen Milliarden­betrages beschert.

Grafik Diagramm Leiharbeiterinnen in Deutschland

LeiharbeiterInnen in Deutschland. (Bestand jeweils Ende Juni des Jahres). * Stand Mai 2009/** Stand Oktober 2010 Grafik: DGB/Zahlen: Bundesagentur für Arbeit; Institut der Deutschen Wirtschaft (IW)

Und was brachten die langen Nächte in Sachen Mindestlöhne? Für die Beschäftigten in der Weiterbildung und im Bewachungsgewerbe wurde lediglich vereinbart, die Anträge auf Allgemeinverbindlichkeit nach dem Entsendegesetz wohlwollend unterstützen zu wollen. Eine längst fällige Angelegenheit.

Doch was wurde in der Branche Leiharbeit erreicht, einer Branche, die in den letzten Jahren durch Armutslöhne, kurze Beschäftigungsdauer und überproportional hohe Aufstockerzahlen aufgefallen ist? Ein weiter Wurf ist es jedenfalls nicht. Eine Regelung über gleichen Lohn für gleiche Arbeit: Fehlanzeige. Ein Mindestlohn auf tarifvertraglicher Basis wurde durchgewunken.

Somit fehlt weiterhin eine Regelung, um in der stark boomenden Branche für die Beschäftigten faire Arbeitsbedingungen zu schaffen. Mittlerweile arbeiten in der Leiharbeit schon mehr Beschäftigte als vor der Krise. Es gibt derzeit rund eine Millionen Leiharbeitsbeschäftigte und damit so viele wie nie zuvor in Deutschland.

Hier zeigt sich der XXL-Aufschwung Brüderles von seiner Schattenseite. Ohne die Durchsetzung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" wird die Leiharbeit als billiges Beschäftigungsmodell immer interessanter für Arbeitgeber: Zu Lasten der Stammbelegschaften, aber auch zu Lasten der Leiharbeiter. Schon heute beruht in manchen Unternehmen jede zweite Neueinstellung auf Leiharbeit. Die Bundesregierung setzt dennoch weiterhin auf schlechter bezahlte Beschäftigte, statt auf die Gleichbehandlung der Leiharbeiter mit der Stammbelegschaft. Damit fördert die Bundesregierung ein arbeitsmarktpolitisches Lohndumping.

Das muss sich ändern: Arbeitnehmer 2. Klasse mit schlechten Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe darf es in einem so reichen Land wie Deutschland nicht geben. Vor dem Hintergrund der Öffnung des Arbeitsmarktes ab 1. Mai 2011 braucht Deutschland sowohl Mindestlöhne als auch gesetzlich geregelte Gleichbehandlung von Leiharbeits- mit Stammbeschäftigten.


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