Nur in Belgien müssen Durchschnittsverdiener noch tiefer in die Tasche greifen: Bei der Belastung der Arbeitseinkommen durch Steuern und Sozialabgaben belegt Deutschland einen Spitzenplatz. Das zeigt eine aktuelle Studie der OECD. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell zeigt, wie sich die Steuerlast gerechter verteilen lässt - ohne dabei die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand zu gefährden.
DGB/Simone M. Neumann
Bei der Belastung der Arbeitseinkommen durch Steuern und Sozialabgaben gehört Deutschland weiter zu den Spitzenreitern. Das geht aus der neuen Ausgabe der OECD-Studie "Taxing Wages" hervor. Danach lag die Steuer- und Abgabenlast für einen alleinstehenden Durchschnittsverdiener in Deutschland 2016 bei 49,4 Prozent. Einzig in Belgien ist sie noch höher. Zum Vergleich: Der OECD-Schnitt liegt bei 36 Prozent. Auch bei allen anderen untersuchten Haushaltstypen ist die Belastung in Deutschland höher als in den meisten anderen Ländern. Der Studie zufolge liegt das vor allem an den vergleichsweise hohen Sozialabgaben.
"Bei fast allen untersuchten Zusammenhängen nimmt Deutschland einen Spitzenplatz bei der Belastung ein", kommentiert DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell die Ergebnisse. "Deshalb - und wegen des Modernisierungsbedarfs der öffentlichen Infrastruktur - kommt es darauf an, untere und mittlere Einkommen steuerlich zu entlasten, ohne die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand zu beschneiden."
"In Zeiten der Schuldenbremse und überdurchschnittlicher Dividendenausschüttungen kann das nur gelingen, wenn die Steuerprivilegien der Spitzenverdiener und Top-Vermögenden berücksichtigt werden", so Körzell weiter. "Mit einer Finanztransaktionsteuer auf Spekulationsgeschäfte, einer verfassungsfesten Erbschaftsteuer und der Rückkehr zur Vermögensteuer ließe sich beides finanzieren: Steuerentlastungen für die Mehrheit sowie ordentliche Bildung, eine angemessene Personalausstattung im Öffentlichen Dienst und Straßen ohne Schlaglöcher. Um das Beitrags- und Leistungsniveau der Sozialversicherungen zu stabilisieren, muss endlich Schluss damit sein, gesamtgesellschaftliche Aufgaben, wie die so genannte Mütterrente, aus den Sozialkassen zu finanzieren.“