Die Einkommensungleichheit in Deutschland wird in den kommenden Jahren weiter wachsen. Das zeigt eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Der DGB-klartext fordert "endlich eine gerechtere Einkommensbesteuerung". Spitzenverdiener müssten einen höheren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwohls leisten.
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Die Kluft zwischen Arm und Reich ist in Deutschland sehr groß. Und sie wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Das sind leider keine apokalyptischen Mutmaßungen von „Verteilungsfanatikern“. Das zeigen Daten der Bertelsmann Stiftung, die nicht gerade im Verdacht steht, sich besonders für die Interessen der Beschäftigten stark zu machen. Es wird deutlich: Die Spaltung der Gesellschaft setzt sich fort.
Nach der Studie „Lohneinkommensentwicklung 2020“ der Bertelsmann Stiftung, die jüngst veröffentlich wurde, fallen den bereits einkommensstärksten Beschäftigten bis zum Jahr 2020 durchschnittlich 5.300 Euro zusätzliches Einkommen zu. Der ärmste Teil der Beschäftigten erhält in der gleichen Zeit nur 750 Euro zusätzliches Einkommen. Ebenso entwickeln sich die Löhne in den Branchen unterschiedlich. So können sich Beschäftigte der Elektroindustrie oder der Chemischen Industrie über durchschnittliche Gehaltszuwächse von über 20% bis 2020 freuen. Andere Beschäftigtengruppen schauen hingegen in die Röhre. Ihre Gehälter wachsen weit unterdurchschnittlich. Dieser Umstand offenbart ein weiteres Problem: Die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern, die hierzulande schon außerordentlich hoch ist, wird sich weiter vergrößern. Denn besonders Branchen, in denen überwiegend Frauen arbeiten, sind von den mickrigen Lohnzuwächsen betroffen.
Die ungleicher werdende Einkommensverteilung führt zwangsläufig zu einer stärkeren Polarisierung der Einkommen. Auf der einen Seite nimmt die Zahl der einkommensschwachen Beschäftigten enorm zu, zugleich steigen Einige in hohe Einkommensgruppen auf. Dies hat zur Folge, dass ein zunehmend größerer Teil unserer Gesellschaft von der Mittelschicht abgekoppelt wird. Einkommensstrukturen verschieben und polarisieren sich, die Mitte schwindet. Der finanzielle Aufstieg wird immer schwieriger.
Etwas abgefedert wird die ungleiche Einkommensentwicklung durch den seit Anfang des Jahres geltenden gesetzlichen Mindestlohn, dies stellen auch die Autoren der Studie fest. Dies offenbart einmal mehr die Wichtigkeit des Mindestlohnes als einem Instrument gegen unwürdige Löhne und damit für mehr Lohngerechtigkeit.
Um der zunehmenden Polarisierung der Einkommen entgegenzuwirken, braucht es aber weitere Maßnahmen. So muss es endlich eine gerechtere Einkommensbesteuerung geben: Spitzeneinkommen müssen einen höheren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwohls
leisten. Auch die Stärkung der unteren Einkommen muss weiter vorangetrieben werden. Dazu gehört die flächendeckende Durchsetzung und Kontrolle der Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns, auch über eine Dokumentationspflicht geleisteter Arbeitsstunden. Und wir brauchen zwingend ein Entgeltgleichheitsgesetz, um die geschlechtsspezifische Verdienstlücke zu schließen.