In Bundesbehörden arbeiten deutlich weniger Beschäftigte mit Migrationshintergrund als in der Privatwirtschaft, zeigt eine aktuelle Studie. Wer es dennoch dorthin geschafft hat, ist oft jung, weiblich und befristet angestellt. Der DGB fordert deshalb seit langem diskriminierungsfreie Bewerbungsverfahren und eine bessere Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse.
DGB/Steinborn
Am 26. Mai hat das Bundesinnenministerium eine Studie zu Beschäftigten mit Migrationshintergrund in der Bundesverwaltung vorgelegt. Danach sind Personen mit Migrationshintergrund mit 14,8 Prozent Beschäftigten-Anteil dort unterrepräsentiert. Doch der angegebene Durchschnittswert ist mit Vorsicht zu genießen. Denn für die Studie wurden nur 57 Prozent der Bundesbeschäftigten befragt. Nicht vertreten waren beispielsweise die Bundespolizei, die Zollverwaltung und die nachgeordneten Behörden des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Allein diese drei Bereiche umfassen rund 105.000 Beschäftigte.
Sicher ist: Der Anteil von Beschäftigtem mit Migrationshintergrund liegt in der Bundesverwaltung deutlich unter der Privatwirtschaft mit einem Anteil von 20,1 Prozent. Zu Menschen mit Migrationshintergrund zählt die Studie "alle Nichtdeutschen und eingebürgerten ehemaligen Nichtdeutschen, alle nach 1949 als Deutsche auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Nichtdeutsche in Deutschland geborenen Elternteil."
"Wir brauchen auch für Menschen mit Migrationshintergrund einen diskriminierungsfreien Zugang zu öffentlichen Berufen. Um das flächendeckend umzusetzen, sind Maßnahmen zur interkulturellen Öffnung in allen Behörden notwendig." Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende.
Auch im internationalen Vergleich steht der deutsche öffentliche Dienst beim Anteil von Migrantinnen und Migranten schlecht da. Die bestehenden Initiativen öffentlicher Arbeitgeber und Dienstherrn hat der DGB zwar begrüßt, diese aber zugleich als unzureichend kritisiert. In einem Positionspapier von 2013 forderte die Bundeskommission Beamtinnen und Beamte des DGB unter anderem spezielle Ansprache- und Mentoringprogramme sowie eine diskriminierungsfreie Ausgestaltung von Bewerbungsverfahren.
Die Anteile von Migrantinnen und Migranten in den teilnehmenden Bundesbehörden unterscheiden sich dabei deutlich je nach Ressort. In den international ausgerichteten Außen- und Entwicklungshilfeministerien sowie im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge liegt er mit über 23 Prozent am höchsten. In den anderen Ministerien liegt der Schnitt nur bei 13 Prozent. Schlusslicht ist mit 6,4 Prozent das Verteidigungsministerium.
Unter den Beschäftigten mit Migrationshintergrund ist der Anteil junger Frauen höher, gleichzeitig sind sie in niedrigeren Laufbahngruppen eingestuft als Beschäftigte ohne Migrationshintergrund. Unter ihnen ist die Zahl der Befristungen zudem doppelt so hoch wie bei Beschäftigten ohne Migrationshintergrund.
Unter den Beamtinnen und Beamten sind weniger Beschäftigte mit Migrationshintergrund als unter den Tarifbeschäftigten. Betrachtet man nur die Beschäftigten ohne deutschen Pass, so liegt deren prozentualer Anteil in den Behörden der Bundesverwaltung nicht nur unter dem der Wirtschaft, sondern auch unter den Beschäftigten im im übrigen öffentlichen Dienst. Die Studie bezweifelt selbst, dass dies nur am höheren Anteil an Beamtinnen und Beamten in der Bundesverwaltung liegt. Schließlich können auch EU-Bürgerinnen und -Bürger verbeamtet werden.
Eine mögliche Ursache ist, dass für diesen Kreis potentieller BewerberInnen die Anerkennung von Berufsqualifikationen aus dem EU-Ausland unzureichend umgesetzt wurde, wie der DGB mehrfach kritisiert hat. Handlungsbedarf sieht der DGB auch bei der Integration von Flüchtlingen in den öffentlichen Dienst.
"Der Staat verschenkt hier ein Fachkräftepotential - und das kann er sich nicht leisten", kommentierte die DGB-Vizevorsitzende Elke Hannack die Zahlen der Studie. Für sie ist klar: Der öffentliche Dienst muss seinen Anteil an Beschäftigten mit Migrationshintergrund erhöhen. "Wir brauchen auch für Menschen mit Migrationshintergrund einen diskriminierungsfreien Zugang zu öffentlichen Berufen. Um das flächendeckend umzusetzen, sind Maßnahmen zur interkulturellen Öffnung in allen Behörden notwendig. Dazu gehören mehr Schulungen für interkulturelle Kompetenz, die für alle Kolleginnen und Kollegen angeboten werden. Ein Teilhabegesetz für den öffentlichen Dienst muss endlich auch ausländische Berufsqualifikationen voll anerkennen."
Die Welt: Beschäftigte mit Migrationshintergrund beim Bund unterrepräsentiert