In Deutschland bestimmen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeitsplatz mit. Über Betriebsräte, Personalräte und Aufsichtsräte bringen sie ihre Interessen in Betriebe, Verwaltungen und in Unternehmen ein. Doch die Arbeitswelt wandelt sich rasant. Und die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten müssen Schritt halten.
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Der DGB-Bundesvorstand hat Vorschläge zur Weiterentwicklung der Mitbestimmung gemacht. Den gesamten Beschluss als PDF zum Download gibt es hier. Wir stellen einige der Vorschläge vor.
Betriebliche Mitbestimmung
In Deutschland arbeiten weniger als die Hälfte aller abhängig Beschäftigten (42 Prozent West, 33 Prozent Ost) in Betrieben mit Betriebsrat. Darum halten es der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften für unbedingt erforderlich, die Reichweite der betrieblichen Mitbestimmung zu vergrößern. Dazu müssen die Wahlen der Interessenvertretungen vereinfacht und besser geschützt werden.
Beispielsweise sollte...
Gerade angesichts der Digitalisierung und rasanten Veränderung der Arbeitswelt wird das Thema Weiterbildung für Beschäftigte immer wichtiger. Bereits bei der Einführung von betrieblichen Bildungsmaßnahmen sollten die Mitbestimmungsrechte von Interessenvertretungen generell erweitert werden. Außerdem sollten Betriebsräte und Personalräte auch ein Initiativrecht bei diesem Thema bekommen und selbst Vorschläge für Weiterbildungsmaßnahmen und -programme machen können.
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Die Digitalisierung bietet in der Arbeitswelt viele Chancen, birgt aber auch Risiken. Der "gläserne Beschäftigte" gehört zu diesen Risiken. Der Datenschutz muss deshalb in den Themenkatalog der Betriebsverfassung und Personalvertretung aufgenommen werden. Betriebsräte und Personalräte brauchen hier wirksame Mitbestimmungs- und Initiativrechte.
Rund um die Stammbelegschaft und entlang der Wertschöpfungskette eines Betriebs arbeiten heute diverse Beschäftigte in anderen Beschäftigungsformen als einer klassischen Festanstellung. Das Betriebsverfassungsgesetz und die Personalvertretungsgesetze müssen so angepasst werden, dass auch solche Beschäftigte bei Wahlen zum Betriebs- oder Personalrat mitzählen und mitbestimmen können: zum Beispiel Selbstständige, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind. Das gilt auch für viele weitere "atypisch Beschäftigte".
"Fremdpersonal", also etwa Werkvertrags- oder Leiharbeiter, wird von vielen Unternehmen zum Lohndumping missbraucht. Es entstehen "Zwei-Klassen-Belegschaften" mit unterschiedlichen Arbeits- und Einkommensbedingungen. Betriebsräte und Personalräte sollten ein "Zustimmungsverweigerungsrecht" bekommen, mit dem sie den Einsatz von Fremdpersonal in bestimmten Fällen unterbinden können, insbesondere wenn dieser Einsatz zu Lasten der Stammbelegschaft geht.
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Um dem Auslagern von Betriebsteilen besser entgegenwirken zu können, sollten Betriebsräte und Personalräte bei "Outsourcing" bessere Mitbestimmungsrechte erhalten.
Unternehmensmitbestimmung
Nicht wenige Unternehmen, die in Deutschland tätig sind, haben eine europäische oder gar eine ausländische Rechtsform wie die britische "Ltd." oder die niederländische "B.V.". Weil sich aber die Frage der Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat an der "Nationalität" der Gesellschaftsrechtsform festmacht, droht so in Deutschland ein allmähliches "Ausbluten der Mitbestimmung". Darum fordert der DGB den Gesetzgeber auf, die Unternehmensmitbestimmung auf Unternehmen ausländischer Rechtsform mit Verwaltungssitz oder Zweigniederlassung in Deutschland auszuweiten.
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In Deutschland regeln im Wesentlichen drei Gesetze die Mitbestimmung der Arbeitnehmerseite in Aufsichtsräten von Unternehmen
Mehr Infos gibt es bei der Hans-Böckler-Stiftung.
Die Unternehmensmitbestimmung über Aufsichtsräte ist in Deutschland in mehreren Gesetzen geregelt. Beim Mitbestimmungsgesetz von 1976, das für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften ab 2.000 Beschäftigten gilt, werden für diesen Grenzwert von 2.000 Beschäftigten auch die Tochtergesellschaften und deren Töchter mitgezählt.
Beim so genannten Drittelbeteiligungsgesetz, das für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften ab 500 Beschäftigten gilt, werden sie allerdings in der Regel nicht mitgezählt. Das kann dazu führen, dass ein Unternehmen mit Tochtergesellschaften zwar bis zu 1.999 Beschäftigte haben kann (zum Beispiel ein Unternehmen mit 499 Beschäftigten und drei Töchtern mit ebenfalls 499 Beschäftigten) – aber trotzdem von keinem einzigen Gesetz zur Unternehmensmitbestimmung erfasst wird. Diese Lücke muss geschlossen werden.
Deutschland hat bei der Frage, ab welcher Beschäftigtenzahl die Verwaltungs- oder Aufsichtsräte von Unternehmen arbeitnehmermitbestimmt sind, im europäischen Vergleich die höchsten Schwellenwerte.
Ein Blick ins zu unseren europäischen Nachbarn zeigt: In Schweden können Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter in Unternehmen ab 25, in Dänemark ab 35 Beschäftigten in den Verwaltungs- oder Aufsichtsrat einziehen.
Der DGB fordert deshalb, den Schwellenwert
Der Aufsichtsrat kontrolliert den Vorstand oder die Geschäftsführung in allen wichtigen Fragen und Unternehmensentscheidungen? Leider nicht immer. Die Praxis zeigt, dass die "Zustimmungskataloge" der Aufsichtsräte häufig wesentliche unternehmerische Entscheidungen nicht enthalten. Daher fordert der DGB einen gesetzlich vorgegebenen Mindestkatalog zustimmungspflichtiger Geschäfte, der alle Maßnahmen der strategischen Ausrichtung des Unternehmens (darunter Betriebsschließungen, Standortverlagerungen und Unternehmensverkäufe) umfassen sollte. Die Entscheidungen über diese zustimmungspflichtigen Geschäfte sind stets im Plenum des Aufsichtsrates, also vom gesamten Gremium, zu treffen. Außerdem sollte es einer qualifizierten Minderheit von einem Drittel der Aufsichtsratsmitglieder möglich sein, den Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte zu ergänzen.