Immer mehr Bürgerinnen und Bürger haben das Gefühl, auf sich selbst gestellt zu sein. Diese zentrale Aussage liefert eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. 53 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu „Unsere Gesellschaft treibt immer weiter auseinander“. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) sorgt sich um die Zukunft der Kinder, 49 Prozent um die eigene Altersversorgung. Diese Ängste sind ein wichtiger Grund, warum Menschen offen sind für die Argumente von Rechtspopulisten.
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Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann betont: „Unsere Antwort kann nur lauten: Mehr Sicherheit im Betrieb mit Tarifverträgen und einer starken Mitbestimmung, und eine Ordnung auf dem Arbeitsmarkt, die Gute Arbeit fördert und sichert, also prekäre Beschäftigung wie Leiharbeit eingrenzt und sachgrundlose Befristung abschafft.“ Wer noch mehr Zeitarbeit, mehr Befristung oder die Arbeitszeit deregulieren wolle, wer nicht mal die Begriffe Tarifvertrag und Mitbestimmung im Wahlprogramm verankert habe, habe nicht verstanden, was auf dem Spiel stehe, kritisiert Hoffmann. So widmet etwa die FDP in ihrem Wahlprogramm den Themen Mitbestimmung und Tarifbindung kein Wort (s. Wahlcheck Seiten 3 bis 6). Stattdessen setzt die Partei auf Deregulierung und freie Märkte.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft und der Wahrscheinlichkeit, AfD zu wählen. Wer sich in seiner Gewerkschaft aktiv engagiert, neigt signifikant seltener den rechtspopulistischen Thesen zu. Zudem gilt: Gewerkschaftsmitglieder sind besonders sensibel für Gerechtigkeitsfragen am Arbeitsplatz.
Die MeinungsforscherInnen stellen darüber hinaus fest: „Unzufriedenheit mit der eigenen Lebenslage ist der wesentliche Treiber, die derzeit stärkste rechtspopulistische Partei – die AfD – zu wählen.“ Dabei komme es weniger auf die objektive soziale Lage an, sondern vor allem auf die subjektive Wahrnehmung. Für die überwiegende Mehrheit gilt: „Mir geht es aktuell wirtschaftlich und persönlich gut.“
Auch Menschen, die AfD wählen oder es in Erwägung ziehen, befinden sich überwiegend in einer finanziell nicht prekären Situation. Aber sie fühlen sich vor möglichen Krisen in der Zukunft nicht ausreichend geschützt: Während der Anteil von BürgerInnen, die sich Sorgen um die Zukunft machen, insgesamt bei 46 Prozent liegt, ist er unter den AfD-Wählern mit 67 Prozent deutlicher höher.
Wenig Optimismus: Viele AfD-WählerInnen sorgen sich um ihre Zukunft. Vor allem vor Kriminalität und Gewalt in ihrem Wohnumfeld haben sie Angst.