„Wir können uns einen Staat ohne funktionierenden öffentlichen Dienst nicht leisten“, erklärte Michael Sommer, DGB-Vorsitzender, auf dem 15. Schöneberger Forum von DGB und Hans-Böckler-Stiftung in Berlin am 28. November. „Und wenn wir ihn uns leisten, werden wir später die Zeche dafür zahlen.“ Schwerpunktthema des Forums 2012: „Bürgerbeteiligung und öffentlicher Dienst – Zwischen Demokratisierung und Arbeitsverdichtung“. Am zweiten Tag des Forums überreichte die DGB-Vizevorsitzende Ingrid Sehrbrock den Personalräte-Preis für innovative Personalratsarbeit.
Bei Forderungen nach mehr Bürgerbeteiligung sei der öffentliche Dienst ein Teil der Lösung, sagte Michael Sommer. Das Schöneberger Forum gebe öffentlich Beschäftigten die Möglichkeit, „fachorientiert und beteiligungsorientiert Probleme des öffentlichen Dienstes zu diskutieren und Lösungen einzubringen“, betonte der DGB-Vorsitzende. Bürgerbeteiligung, wie sie beispielhaft bei der Schlichtung zum Stuttgarter Bahnhof S21 umgesetzt worden sei, sorge für „Transparenz, Klarheit und Offenlegung aller Interessen – fair und gerecht“. Bürgerbeteiligung dürfe jedoch nicht missbraucht, Leistungen und Personal im öffentlichen Dienst abzubauen, indem BürgerInnen und öffentlich Beschäftigte gegeneinander ausgespielt würden, warnte Sommer.
„Natürlich kann man alles privat organisieren“, sagte Sommer, „aber mitnichten besser.“ Der DGB lehne die Schuldenbremse deshalb weiterhin ab, weil sie den öffentlichen Haushalten die notwendigen Mittel für gute öffentliche Leistungen abschneide. „Beschäftigte im öffentlichen Dienst haben ebenso ein Recht auf würdige Arbeit wie Beschäftigte in der Privatwirtschaft“, sagte Sommer. „Der öffentliche Dienst ist ein Partner und Dienstleister der Bürgerinnen und Bürger, der selbstbewusst für die Menschen arbeitet.“ Statt Gewinnorientierung stehe bei öffentlichen Dienstleistungen die Daseinsvorsorge und vor allem auch Bürgerorientierung im Vordergrund. Bei Forderungen nach mehr Bürgerbeteiligung sei der öffentliche Dienst deshalb Teil der Lösung, nicht des Problems.
Auch Heiner Geißler, ehemaliger CDU-Generalsekretär und S21-Schlichter, betonte die Rolle eines starken öffentlichen Dienstes: „Eine Ökonomisierung öffentlicher Leistungen dürfen wir nicht mitmachen.“ Die Zeit der Basta-Politik ohne relevante Bürgerbeteiligung sei vorbei, so Geißler. Mehr Bürgerbeteiligung sei eine Riesenchance für den öffentlichen Dienst und das Know-how seiner Beschäftigten. Am Anfang jeder öffentlichen Planung müsse eine Informationsphase stehen, an der sich öffentlich Angestellte und Beamte beteiligen. „Der öffentliche Dienst spielt bei der Entwicklung zu mehr Bürgerbeteiligung eine entscheidende Rolle“.
Zum zweiten Mal nach 2010 wurde beim Schöneberger Forum auch der Deutsche Personalräte-Preis vergeben. DGB-Vize Ingrid Sehrbrock übergab die Auszeichnungen an die Preisträgerinnen. Den Personalräte-Preis in Gold erhielt der Personalrat "Schulen Bremen". Das Gremium hatte deutliche Verbesserungen für Pädagogische Mitarbeiter, Vertretungslehrkräfte und Küchenpersonal durchgesetzt. Die weiteren Preisträger waren: Gesamt-Personalrat beim Staatlichen Schulamt Frankfurt (Silber), Hauptpersonalrat Berlin (Bronze) Personalrat Städtische Friedhöfe München (HUK-COBURG-Sonderpreis) und Gesamt-JAV der Stadt Nürnberg (Sonderpreis der DGB-Jugend)
DGB/Simone M. Neumann
Mit dem Schöneberger Forum bietet der DGB seit 1998 ein offenes Diskussionsforum für die Fortentwicklung des öffentlichen Dienstrechts – in diesem Jahr gemeinsam mit der Hans-Böckler-Stiftung und der Zeitschrift „Der Personalrat“. In acht Fachforen diskutieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie sich mehr Bürgerbeteiligung im öffentlichen Dienst umsetzen lässt und welche Auswirkungen neue Formen direkter Demokratie haben können. Dabei ging es beispielsweise um Bürgerbefragungen, Bürgerhaushalte oder um die Zusammenarbeit der Polizei mit Bürgerinnen und Bürgern in Sicherheitsfragen. Der Deutsche Personalräte-Preis geht zurück auf eine Initiative der Zeitschrift „Der Personalrat“ und wird gemeinsam mit dem DGB-Bundesvorstand und in Kooperation mit der HUK-COBURG für innovative Personalratsarbeit vergeben.