Deutscher Gewerkschaftsbund

18.09.2013
Beamtenmagazin 09/2013 - Titel

Parteien und öffentlicher Dienst: Regierungsprogramme unter der Lupe

Deutscher Bundestag - Reichstagskuppel

DGB/Simone M. Neumann

Am 22. September ist Bundestagswahl. Die politischen Anforderungen des DGB an die Parteien sind klar – gute Arbeit, sichere Rente, ein soziales Europa sowie ein aktiver, handlungsfähiger Staat sind die Ziele für die kommenden Jahre.  Das Beamtenmagazin erläutert die konkreten DGB-Forderungen und zeigt wie die Parteien sich zum öffentlichen Dienst und seinen Programmen aufgestellt haben.

Investitionen für einen AKTIVEN STAAT
Titel Beamtenmagazin

DGB/Beamtenmagazin

Es bedarf eines Staates, der gestaltet, reguliert und für gesellschaftlichen Zusammenhalt sorgt. So sehen es der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften. Um dies zu erreichen, muss die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene gestärkt werden. Will man das derzeitige Leistungsangebot des öffentlichen Dienstes  sichern und (wieder) ausbauen, sind Investitionen nötig. Nur so kann den Bürgerinnen und Bürgern auch in Zukunft ein zuverlässiger und leistungsfähiger öffentlicher Dienst geboten werden.

Damit schafft der AKTIVE STAAT wesentliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen für private Investitionen. In der öffentlichen Daseinsvorsorge gewährleistet der AKTIVE STAAT in Bildung, Gesundheit, Forschung, Sicherheit, Wasserversorgung, Wohnungsbau und Mobilität die Teilhabe aller Regionen und Gesellschaftsschichten und trägt so zu einer besseren wirtschaftlichen Entwicklung mit guten Arbeitsbedingungen bei. Seit über zwei Jahrzehnten herrschen allerdings Leistungskürzung, Qualitätsverschlechterung, Privatisierung und Deregulierung vor. Die Steuersenkungen seit 1998 haben zu jährlichen Einnahmeverlusten von bis zu 50 Milliarden Euro geführt. Inzwischen ist das Missfallen über diese Politik des „schlanken Staates“ unüberhörbar. Die Behauptung, wir könnten uns gute Schulen, menschenwürdige Pflegeplätze oder bezahlbare Wohnungen und öffentlichen Nahverkehr nicht mehr leisten, wird angesichts des extrem wachsenden Reichtums Weniger immer unglaubwürdiger.

Bürgernähe braucht Personal

Die Voraussetzung für einen leistungsfähigen und bürgernahen öffentlichen Dienst ist ausreichendes Personal. Es besteht die Gefahr, dass die demografische Entwicklung im öffentlichen Dienst verschlafen wird. In den nächsten 15 Jahren scheiden 30 Prozent der Beschäftigten aus Altersgründen aus. Um qualifiziertes Personal für einen AKTIVEN STAAT gewinnen zu können, müssen die Arbeitsbedingungen modernen Ansprüchen genügen und die Beschäftigten dazu an deren Gestaltung beteiligt werden. Die bestehenden Mitbestimmungslücken müssen geschlossen werden. Die Abkoppelung des öffentlichen Dienstes von der allgemeinen Einkommensentwicklung und der fortgesetzte Personalabbau in vielen Bereichen untergraben dessen Qualität und verschlechtern die öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastruktur.

Am 22. September wählen gehen!

Jede Stimme für eine soziale, arbeitnehmerfreundliche Politik zählt. „Der DGB fordert einen Politikwechsel, damit wieder die Menschen im Mittelpunkt stehen und nicht die Märkte, Arbeit wieder die Wertschätzung erfährt, die sie verdient, und die Würde der arbeitenden Menschen respektiert wird“, so Michael Sommer im Wahlaufruf des DGB. Nur wer wählen geht, kann auch etwas verändern. Die Forderungen des DGB zur Bundestagswahl 2013 finden Sie unter www.dgb.de/btw2013. Hier gibt es auch die DGB-Broschüre „Wahl-Info“, in der die Wahlprogramme der Parteien mit den DGB-Forderungen abgeglichen werden.

Zur Stärkung der Einnahmenseite drängt der DGB zu einem Wandel in der Steuerpolitik: Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, eine höhere Besteuerung von Erbschaften, die Anhebung der Körperschaftssteuer, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die Wiederanhebung des Spitzensteuersatzes, die Anwendung des persönlichen Einkommensteuersatzes für Dividenden und andere Kapitaleinkünfte. Gleichzeitig müssen aber auch die Durchsetzung der Steuergesetze sichergestellt werden.

Jahr für Jahr ermitteln die Finanzministerien der Länder, dass die tatsächliche Personalausstattung in den Finanzämtern immer weiter hinter dem für eine gerechte und gleichmäßige Besteuerung erforderlichen Personalbedarf zurückbleibt. Von diesem Defizit profitieren insbesondere große Unternehmen und sehr vermögende Personen, die Gewinne und Vermögensgegenstände auf verschlungenen Pfaden auch über Grenzen hinweg bewegen.

Regierungsprogramme unter der Lupe

CDU/CSU

„Politik in der Sozialen Marktwirtschaft ist Ordnungspolitik. Sie braucht einen verlässlichen Staat, der Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Wettbewerb, für Rechtssicherheit und für eine gute wirtschaftliche Entwicklung gewährleistet. Dem Öffentlichen Dienst kommt dabei eine wichtige Rolle zu. CDU und CSU sind der Überzeugung, dass ein leistungsfähiger Öffentlicher Dienst und das Berufsbeamtentum wichtige Beiträge zum Wohlstand unseres Landes leisten. Dafür wollen wir auch weiter die Voraussetzungen schaffen und für die Angestellten und Beamten ein verlässlicher Partner sein.

Eine leistungsfähige und bürgernahe öffentliche Verwaltung ist ein wesentlicher Standortvorteil. Überzogene Bürokratie aber ist eine Wachstumsbremse. Wir wollen, dass die Unternehmen ihr Geld für neue Ideen und Arbeitsplätze ausgeben und nicht für Bürokratie. Wir wollen deshalb überflüssige Bürokratie weiter abbauen".

SPD

„Die ungestüme Privatisierungspolitik der letzten Jahre hat sich nicht selten als teurer Irrweg erwiesen. Wir widersprechen Privatisierungen insbesondere, wo sie den Zugang zu den öffentlichen Gütern behindern und das Gewaltmonopol des Staates infrage stellen. Privatisierungen dürfen nicht gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger durchgeführt werden. Die SPD steht für einen leistungsfähigen und bürgernahen öffentlichen Dienst mit einem modernen Berufsbeamtentum.

Öffentliche Sicherheit und öffentliche Dienstleistungen sind die Basis für ein gutes und sicheres Leben der Bürgerinnen und Bürger. Um seine Leistungen zu sichern, wollen wir den öffentlichen Dienst weiterentwickeln. Der öffentliche Dienst soll weiter demokratisiert und modernisiert werden. Die Sicherung von stabilen Flächentarifverträgen und die Begrenzung des Auseinanderdriftens der Einkommen, auch im öffentlichen Dienst, sind Ausdruck bundesstaatlicher Solidarität.“

FDP

„Ein funktionsfähiger öffentlicher Dienst ist eine wichtige Säule unseres demokratischen Rechtsstaats. Wir bekennen uns zum Berufsbeamtentum, weil damit für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben Vorteile verbunden sind, zu denen beispielsweise besondere Loyalitätspflichten und Streikverbot von Beamten gehören. Wir setzen uns für Verbesserungen bei der Mitnahme erworbener Versorgungsansprüche ein, für eine Flexibilisierung des Ruhestandseintritts und für eine Stärkung des Leistungsgedankens. Im Laufbahnrecht soll das Absolvieren einer Station bei einer europäischen oder internationalen Organisation deutlich stärker gewichtet werden als bisher.“

Bündnis 90/DIE GRÜNEN

„Es gibt viel zu tun. Aber der ökologische Umbau, der Bildungsaufbruch und der soziale Ausgleich können nur mit einem handlungsfähigen Staat gelingen. Dazu braucht der Staat eine solide und solidarische Finanzierung, denn eine Politik auf Pump können wir uns nicht mehr leisten. Eine funktionierende öffentliche Infrastruktur, eine gut ausgebildete Bevölkerung und ein funktionierendes Gemeinwesen sind Voraussetzungen für unternehmerischen Erfolg und den Aufbau privaten Vermögens. Der private Reichtum in Deutschland ist in den letzten 20 Jahren extrem stark angewachsen.

Die Steuern auf hohe Einkommen sowie Vermögen und Erbschaften sind in den letzten zwei Jahrzehnten gesunken. Gleichzeitig ist die öffentliche Hand auf allen Ebenen verschuldet und strukturell unterfinanziert. Es ist an der Zeit, dass wir dieses Missverhältnis beenden. Wir können bei der Finanzierung öffentlicher Güter nicht mehr auf grenzenloses Wachstum oder neue Schulden setzen. Wir müssen daher die Einnahmen des Staates maßvoll erhöhen.“

Die Linke

„Die LINKE wird sich an keiner Regierung beteiligen, die Privatisierungen der Daseinsvorsorge oder Sozialabbau betreibt oder deren Politik die Aufgabenerfüllung des öffentlichen Dienstes verschlechtert.

Der öffentliche Dienst und die öffentlichen Unternehmen müssen sich am gesellschaftlichen Bedarf orientieren. Unter anderem heißt das: Es wird kein Personal mehr abgebaut. Verwaltungen werden entsprechend dort umgebaut oder aufgestockt, wo der Bedarf sich geändert hat. Der öffentliche Dienst ist Vorbild in Sachen Ausbildung. Der Anteil von Beschäftigten mit Migrationshintergrund soll erhöht werden, auch um dort, wo es den Bedarf gibt, die Mehrsprachigkeit in der Verwaltung zu gewährleisten.

Die Beschäftigten in der Verwaltung, in öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen müssen Einfluss auf deren Entwicklung nehmen können, also an Entscheidungen in den Einrichtungen und Unternehmen direkt beteiligt werden.“


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