Während der Corona-Krise treffen Regierungen, Parlamente und Unternehmen in kurzer Zeit und mit hoher Schlagzahl Entscheidungen von enormer Tragweite. DGB, Gewerkschaften sowie Betriebs- und Personalräte müssen deshalb wachsam sein und schnell handeln, um Verschlechterungen für die Kolleg*innen zu verhindern und Verbesserungen durchzusetzen. Unsere gemeinsame Bilanz kann sich sehen lassen.
DGB/rawpixel/123rf.com
Was wir in einem Jahr Corona-Krise für unsere Kolleg*innen erreicht haben.
Ohne Kurzarbeitergeld wären die Arbeitslosenzahlen explodiert wie in den USA. Wir haben dafür gesorgt, dass dieses bewährte Kriseninstrument noch verbessert wird: Bis Ende 2021 gibt es ein höheres Kurzarbeitergeld von bis zu 80 bzw. 87 Prozent des normalen Lohns.
Auch tarifpolitisch haben wir gehandelt. In vielen Tarifverträgen wird Kurzarbeitergeld zusätzlich aufgestockt und in vielen Branchen, die stark unter den Auswirkungen der Pandemie leiden, hat tarifpolitisch die Sicherung der Jobs höchste Priorität.
Insolvenzen verhindern und Arbeitsplätze sichern – das ist neben der Pandemiebekämpfung das alles überragende Ziel. Mit Schuldenbremsen und schwarzen Nullen geht das nicht. Wir haben uns von Anfang an für umfangreiche Hilfsprogramme stark gemacht, um Unternehmen, die durch die Pandemie in eine Krise gerutscht sind, schnell und unbürokratisch zu helfen. Die Bundesregierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und Geld in die Wirtschaft gepumpt, um eine Pleite- und Entlassungswelle zu verhindern.
Neben den Unternehmen und Beschäftigten leiden vor allem die Soloselbständigen unter der Krise. Um sie besser abzusichern, haben wir durchgesetzt, den Hartz IV-Zugang für sie deutlich zu erleichtern. Unter anderem gilt bis Juni 2021, dass bei Soloselbstständigen mit schwankendem Einkommen die abschließenden Prüfungen ausgesetzt werden – damit bleiben den Soloselbständigen, die es schwer genug haben, Rückforderungen der Jobcenter erspart.
Einer Krise kann man nicht hinterhersparen, man muss aus ihr herauswachsen. Wir haben das immer gesagt, Bundesregierung und EU-Kommission haben es jetzt offenbar verstanden. Kinderbonus, Zukunftsinvestitionen, Liquiditätshilfen für Unternehmen – viele unserer Forderungen sind in das milliardenschwere Konjunkturprogramm der Bundesregierung geflossen.
Die Europäische Kommission hat – wie von gewerkschaftlicher Seite gefordert – im Mai 2020 ein umfangreiches Wiederaufbaupaket auf den Weg gebracht. Das europäische Konjunkturpaket will den wirtschaftlichen Aufbau über gemeinschaftliche Schulden finanzieren und das Geld als Zuschüsse und Kredite an die Mitgliedsstaaten weitergeben.
Das ist ein historischer Durchbruch und ein Einstieg in eine solidarische Verteilung der Schuldenlast in Europa, für die der DGB schon lange eingetreten ist. Und auch in Deutschland lösen sich ideologische Blockaden. Wir haben erreicht, dass die Schuldenbremse für 2020 und 2021 ausgesetzt wurde. Der Vorstoß des Kanzleramtsministers, die Schuldenbremse zu überarbeiten, ist ein erster Schritt zu einer sachlichen, ideologiefreien Debatte über die Zukunft dieser Investitionsfessel.
Endlich ist Schluss mit Ausbeutung durch Leiharbeit und Werkverträge bei Tönnies und Co.. Über Corona lässt sich wirklich nichts Gutes sagen, aber immerhin hat die Corona-Krise es ermöglicht, den unhaltbaren Zuständen in der Fleischwirtschaft einen Riegel vorzuschieben. Im Kampf gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen ist das ein historischer Durchbruch, für den die Gewerkschaften lange gekämpft haben.
Vom Klatschen wird niemand satt. Alten- und Krankenpflege ist auch jenseits von Corona eine verantwortungsvolle Arbeit, die Respekt, Wertschätzung und vor allem eine anständige Bezahlung verdient. Die Kolleginnen und Kollegen in der Alten- und Krankenpflege bekommen eine steuerfreie Sonderzahlung von bis zu 1.500 Euro – ein erster Schritt zu einer angemessenen Bezahlung dieser wichtigen Arbeit. Diese ‚Corona-Prämie‘ ist eine Anerkennung für den unermüdlichen Einsatz der Beschäftigten in der Pflege, ohne die wir aufgeschmissen wären.
Sie werden in der Corona-Krise oft vergessen: junge Menschen in Ausbildung und Studium. Wir haben sie im Blick. Für die Auszubildenden haben wir einen 500 Millionen Euro-Schutzschirm durchgesetzt. Dazu kommen Ausbildungsprämien für Unternehmen, die das Ausbildungsniveau halten oder anheben sowie Übernahmeprämien für Firmen, die Auszubildende oder dual Studierende aus Insolvenzbetrieben übernehmen. Außerdem wird die Ausbildungsvergütung gefördert, um Kurzarbeit bei Auszubildenden zu vermeiden.
Viele Studierende haben ihre Nebenjobs verloren und erhalten keine staatlichen Hilfen wie das Kurzarbeitergeld. Auch sie werden unterstützt: Das BAföG wurde für sie geöffnet und wird länger gezahlt. Und wenn sie in systemrelevanten Bereichen arbeiten, wird ihr Einkommen für die Dauer der Pandemie nicht auf das BAföG angerechnet.
Die Corona-Krise trifft Arbeitslose hart und die Jobsuche wird durch die Pandemie erheblich erschwert. Wir haben gefordert, dass es bei Arbeitslosengeld und Grundsicherung Verbesserungen geben muss und die gibt es. Bis zum Jahresende 2020 wurde das Arbeitslosengeld drei Monate länger ausgezahlt. Auch bei der Grundsicherung gibt es Erleichterungen: Keine Vermögensprüfungen für Hartz IV-Bezieher*innen bei Anträgen bis Ende 2021 und es werden die tatsächlich anfallenden Wohnkosten übernommen.
Homeoffice, Homeschooling und hoffen, dass der Job nicht der Pandemie zum Opfer fällt: Familien setzt die Krise sehr stark zu, das ist in den vergangenen Monaten deutlich geworden. Zum Stress des Corona-Alltags kommen finanzielle Einbußen. Da haben wir angesetzt. Viele berufstätige Eltern müssen wegen Kita- bzw. Schulschließungen die Kinder betreuen,
können nur eingeschränkt arbeiten und müssen deshalb Lohnausfälle hinnehmen. Seit März 2020 haben sie einen Anspruch auf Entschädigung. Wer sein Kind zu Hause betreuen muss, kann verlängertes Kinderkrankengeld beziehen: pro Elternteil im Jahr 2021 bis zu 30 Tage ab dem ersten Kind, für Alleinerziehende 60 Tage.
Arbeit darf nicht krank machen, das ist der Leitgedanke aller Gewerkschaften. Die Unternehmen müssen ihre Arbeitnehmer*innen in Büro und Betrieb umfassend vor einer Corona-Infektion schützen – dafür haben wir uns erfolgreich eingesetzt. Es gibt seit August 2020 neue und verbindliche Regeln für den Schutz vor einer Corona-Infektion. Abstände einhalten, Kontakte vermeiden, die Arbeitsumgehung dem Infektionsrisiko anpassen – das ist nun klar geregelt. Wir haben außerdem erreicht, dass die Gefährdungsbeurteilung für jeden Arbeitsplatz überprüft und ggf. angepasst werden muss. Corona hat uns ins Homeoffice gezwungen und damit einen Trend beschleunigt, der sich vorher schon abzeichnete. Das Thema wird uns auch nach Corona beschäftigen, denn die Arbeit zuhause darf kein arbeitsrechtsfreier Raum sein. In der Krise war uns wichtig, den Arbeitnehmer*innen kurzfristig zu helfen bei den Zusatzkosten, die zum Beispiel bei Stromverbrauch und neuem Mobiliar angefallen sind. Unseren praktischen Vorschlag einer Steuerpauschale hat die Bundesregierung umgesetzt: Bis zu 600 Euro (5 Euro x max. 120 Tage) können als abzugsfähige Werbungskosten angerechnet werden.
Krise als Chance – den Spruch kennen die Arbeitgeber auch. Vor allem die Arbeitszeitregelungen sind ihnen ein Dorn im Auge und gerne hätten sie sie dauerhaft gelockert. Das konnten wir verhindern. Zwar wurden vorrübergehend die tägliche Arbeitszeitgrenze erhöht und die Mindestruhezeiten gesenkt. Aber wir haben durchgesetzt, dass diese Lockerungen nicht verlängert wurden – bei der Arbeitszeit wird nach Corona wie vor Corona sein. Die Corona-Krise ist leider noch nicht vorüber. Aber die Gewerkschaften bleiben dran, damit die Arbeitnehmer*innen weiterhin gut durch die Krise kommen: Gewerkschaft hilft – Tarifverträge schützen – Mitbestimmung wirkt!