Auch über ein Jahr nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns verdienen immer noch Millionen Menschen weniger als 8,50 Euro in der Stunde. Das schadet nicht nur den Beschäftigten selbst, sondern auch den Steuer- und Sozialversichungskassen - und den Unternehmen, die sich an die Regeln halten. Der DGB-klartext fordert mehr Kontrollen und strengere Dokumentationspflichten.
DGB/Claudia Falk
Die DIW-Studie „Mindestlohn noch längst nicht für alle“ belegt einmal mehr: Mindestlohnverstöße sind noch immer an der Tagesordnung! Mindestens 1,8 Millionen Beschäftigte bekamen im ersten Halbjahr 2016 – also über ein Jahr nach Einführung des Mindestlohns – weniger als 8,50 Euro pro Stunde. Legt man nicht nur die vertraglichen, sondern die von ArbeitnehmerInnen angegebenen tatsächlichen Arbeitszeiten zugrunde, sind es sogar 2,6 Millionen. Am schlimmsten trifft es MinijobberInnen, Frauen, ostdeutsche und ausländische Beschäftigte sowie ArbeitnehmerInnen in kleineren Betrieben.
Mindestlohnverstöße schaden vor allem den Beschäftigten, führen zu Einnahmeausfällen in der Sozialversicherung und den Steuerkassen, bedeuten aber auch Schmutzkonkurrenz für die Unternehmen, die sich korrekt verhalten. Es sollte daher das Interesse aller Redlichen in dieser Gesellschaft sein, diesem Betrug wirksam einen Riegel vorzuschieben.
DGB
Um die Arbeitsmarktkriminalität aufzudecken, müssen die Rahmenbedingungen für Kontrollen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) verbessert werden. Nötig ist mehr Personal: Der DGB fordert die Aufstockung der Beamtinnen und Beamten auf 10 000 Stellen. Die Dokumentationspflichten sind der Dreh- und Angelpunkt für Prüfungen der FKS. Sie müssen ausgebaut werden! Überlegenswert wären Vorschriften, wonach die Arbeitszeitaufzeichnung tagesaktuell zu erfolgen hat und die Unterlagen am Ort der Beschäftigung zu verwahren sind. Die bisherigen Regelungen bieten viele Einfallstore für Manipulationen bei den Dokumentationspflichten.
Wer immer noch von vermeintlichen Bürokratielasten im Zusammenhang mit dem Mindestlohngesetz fabuliert, hat offenbar kein Interesse an der korrekten Durchsetzung des Mindestlohns, öffnet Verstößen Tür und Tor und fördert damit Schwarzarbeit.
Auch die zahlreichen Ausnahmen beim Mindestlohn erschweren die Prüfungen. Je weniger Sonderregelungen es gibt, umso effektiver können die Kontrollen sein.
Beschäftigte, die um den Mindestlohn gebracht werden, sollten sich wehren! Sie können Beweise sichern, indem sie ihre geleisteten Arbeitsstunden selbst dokumentieren und von KollegInnen gegenzeichnen lassen. Das Mindestlohngesetz erlaubt es noch drei Jahre nach dem Mindestlohnbetrug, die Ansprüche einzuklagen. Gut, wer dabei gewerkschaftlichen Rechtsschutz genießt.
Egal, wie die aktuelle Regierungsbildung ausgeht: Die Politik muss die große sozialpolitische Reform Mindestlohn vor Angriffen schützen, diskriminierende Ausnahmen beseitigen und die Rahmenbedingungen für effektivere Kontrollen sowie deutliche Anhebungen des Mindestlohns schaffen. Mindestlohnbetrügern muss das Handwerk gelegt werden!
Auch über ein Jahr nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns verdienen immer noch Millionen Menschen weniger als 8,50 Euro in der Stunde. Das schadet nicht nur den Beschäftigten selbst, sondern auch den Steuer- und Sozialversichungskassen - und den Unternehmen, die sich an die Regeln halten. Der DGB-klartext fordert mehr Kontrollen und strengere Dokumentationspflichten.