Deutscher Gewerkschaftsbund

10.02.2022
Unsere Betriebsräte

Betriebsrätin Susanne Kielkowski: "Ohne eine starke Gewerkschaft geht es nicht"

Wenn das Kaffetrinken zum Test für neue Führungskräfte wird

Mobile Arbeit nur nach "Nasenprinzip"? Das darf nicht sein. Dafür engagiert sich Susanne Kielkowski im Betriebsrat eines Bahnbetriebs. Gemeinsam mit ihren Kolleg*innen kämpft sie auch dafür, dass alle Arbeitsplätze beim angedachten Konzernumbau erhalten bleiben. Klar, dass sie bei den Betriebsratswahlen 2022 wieder antritt.

Betriebsrätin Susanne Kielkowski, junge Frau mit dunklen Haaren und Blazer am Bahnsteig am Berliner Hauptbahnhof

Susanne Kielkowski ist Betriebsrätin beim Bahnbetrieb "DB Station&Service AG Zentrale". DGB/Christian Plambeck

Wenn demnächst bei der Bahn das Personal von "DB Station&Service AG Zentrale" das Home Office verlässt und wieder ins Büro geht, dann wird die ein oder andere neu angeworbene Führungskraft erst mal ein besonderes Büro aufsuchen: Das von Susanne Kielkowski im achten Stock. Die 35-jährige Kauffrau für Bürokommunikation ist eine von zwei freigestellten Betriebsratsmitgliedern bei dem Bahnbetrieb: "Ich lade Führungskräfte immer gleich ein, damit man sich persönlich kennenlernt. Ich lasse mir den Arbeitsplatz erklären, wir trinken Kaffee. Bei solchen Treffen sieht man sofort: Das ist jemand, der macht Probleme, oder nicht."

"Ich bin ein echtes Bahnerkind."

Die Arbeit von "DB Station&Service AG Zentrale" kennt jede und jeder in Deutschland: Der Bahnbetrieb betreut 5.400 Bahnhöfe, an denen pro Tag rund 400.000 Züge halten und 21 Millionen Menschen aus- und einsteigen. Allein am Berliner Hauptbahnhof sorgen insgesamt 550 Mitarbeitende dafür, dass das jeden Tag funktioniert. Eine von ihnen: Susanne Kielkowski, die von sich selbst sagt: "Ich bin ein echtes Bahnerkind." Sie hat 2003 bei der Bahn die Ausbildung angefangen. Und nicht nur das: Sie engagierte sich sehr schnell bei der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV). Die JAV hatte sie angesprochen. "Ich bin sehr sozial eingestellt, immer schon. Also habe ich mich in die Themen eingearbeitet und mitgemacht."

Nach der Ausbildung hatte sie die Wahl: Eine Festanstellung – oder Zeitarbeit, und drei neue Auszubildende bekommen eine Chance. Was wählt ein Mensch, der sehr sozial eingestellt ist? Die Zeitarbeit. "Das war eine bewusste Entscheidung. Ich konnte so durch den Konzern tingeln. Und ja, Zeitarbeit war nicht nur super, an manchen Stellen wird man nicht gut behandelt. Aber sie kann auch ein Sprungbrett sein", erklärt sie ihre Entscheidung.

Zwei Frauen lachend vor einem Computer

Schon während ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau wurde sie Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung. DGB/Christian Plambeck

Susannes Tipp fĂĽr Betriebsratskandidat*innen: "Learning by doing"

2008 kam dann doch die Festanstellung bei "DB Station&Service AG Zentrale". Da geht es um Gebäude, Infrastruktur, Vermietung, Bahnsteige, und selten um Menschen. Als der Betriebsrat sie 2014 bat, zu kandidieren, sagte sie zu – und ist seitdem Mitglied in dem 13-köpfigen Gremium und seit 2016 freigestellt.

"Ich bin einfach sehr gerne im Austausch mit Menschen, mit Mitarbeitenden. Und das kann ich nun beruflich ausüben! Das ist ein echter Mehrwert", sagt sie und gibt Tipps für Betriebsratskandidat*innen: "Ein großes Interesse an Menschen ist wichtig. Dass man sich auch an Gesetzestexte rantraut und keine Angst vor Führungskräften hat – aber das lernt man. Man muss es einfach machen, learning by doing. Als ich meinem ehemaligen Chef als Betriebsrätin zum ersten Mal gegenübersaß, hatte ich eine extreme Blockade, aber wir verstehen uns gut und haben eine Lösung gefunden. Glücklicherweise läuft die Zusammenarbeit mit der Betriebsleitung auch auf Augenhöhe."

Mann und Frau im Gespräch bei einem Kaffee

Betriebsrätin Susanne Kielkowski im Gespräch mit einem Kollegen. Ein großes Interesse an Menschen sei wichtig für die Arbeit im Betriebsrat. DGB/Christian Plambeck

Betriebsrat im Einsatz für alle: mobile Arbeit nicht nur nach "Nasenprinzip" 

Das erste große Projekt ihres Gremiums war mobiles Arbeiten, und das weit vor der Corona-Pandemie. Schon 2014 testete der Betrieb mit einem Pilotprojekt, was möglich ist. "Man darf sich große Projekte nicht einfach überstülpen lassen", rät Kielkowski. "Immer Schritt für Schritt vorangehen." Für das Projekt wurden Kaffeerunden auf den Etagen durchgeführt und Umfragen: "Ein Votum stärkt das Vorhaben!" Für das mobile Arbeiten müssen auch weiterhin noch viele Fragen gelöst werden: "Jeder kann, genehmigt von der jeweiligen Führungskraft, seinen Bürostuhl oder auch Monitor nach Hause mitnehmen. Aber damit gilt das Nasenprinzip – und das wollen wir nicht. Da müssen wir ran."

Wenn die Berlinerin keine Großprojekte stemmt, prägt die normale Betriebsratsarbeit ihren Alltag: Sitzungen mit sehr vielen Tagesordnungspunkten, Gespräche, Meetings, Seminare. Außerdem ist Susanne die Zusammenarbeit mit ihrer Gewerkschaft, der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), wichtig: "Ohne eine starke Gewerkschaft geht es nicht. Mit ihr hat man einen Blick über den Tellerrand." Sie ist daher auch im EVG-Landesvorstand und stellvertretende Vorsitzende beim EVG-Ortsverbandsvorstand.

"Ohne eine starke Gewerkschaft geht es nicht."

Junge, braunhaarige Frau in Blazer mit verschränkten Armen und Tättowierung am linken Arm vor Bahn

Im Betriebsrat setzt sich Susanne Kielkowski dafür ein, dass alle Arbeitsplätze in ihrem Bahnbetrieb erhalten werden. DGB/Christian Plambeck

Als Betriebsrätin aktiv für sichere Arbeitsplätze

Dieser Alltag ist alles andere als langweilig, sagt sie. "Jeder Tag ist anders, und man lernt den Konzern ständig neu kennen. Das gefällt mir." Bei der nächsten Betriebsratswahl wird Susanne Kielkowski wieder kandidieren. Sie weiß auch schon, um welches Thema es in den nächsten Monaten gehen wird: Die Zusammenlegung der Infrastruktur, wie es der Koalitionsvertrag der Ampel vorsieht. Dazu liefen schon jetzt sehr viele Gespräche, auch mit Abgeordneten, aber vor allem im Betrieb. "Die Belegschaft kennt das oft nur aus den Medien. Also wollen und müssen wir viel erklären. Da stecken viele Ängste hinter: Was wird mit mir? Wo geht die Reise hin? Wir werden darauf achten, dass bei allen Plänen keine Arbeitsplätze abgebaut werden." Mit der Wahl wird es auch Zuwachs im Betriebsrat geben und damit Unterstützung – es kann ein weiterer Betriebsrat freigestellt werden, dann sind sie zu dritt.

>> Mehr Informationen von Susannes Gewerkschaft EVG zu den Betriebsratswahlen


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