Deutscher Gewerkschaftsbund

05.04.2022
Unsere Betriebsräte

Betriebsrätin Elke Schütz: "Mir macht kein Arbeitgeber mit einem Arbeitsvertrag etwas vor"

Von Gehörschutz bis Massagen: Betriebsrat verbessert Arbeitsbedingungen in Kita

Elke ist Erzieherin und Betriebsrätin bei einem Berliner Träger von Kindertagesstätte. Für sie steht fest – man kann nur etwas ändern, wenn man anpackt. Deshalb möchte Elke bei der diesjährigen Betriebsratswahl wiedergewählt werden.

Betriebsrätin Elke Schütz vor Klettergerüst in Berlin

Elke Schütz ist seit 2016 Betriebsratsvorsitzende bei "Kinder im Kiez" in Berlin, einem privaten Träger von Kindertagesstätten. DGB/Christian Plambeck

Wer jemals einen Kindergarten betreten hat, weiß, was da los sein kann – Energie pur, großer Lärm, kleine Stühle, kleine Tische und immer Action. Mittendrin Erzieherinnen und Erzieher, die nicht nur aufpassen sollen, dass sich die Kinder nicht verletzen. Sie sollen vor allem die kleinen Menschen pädagogisch begleiten. Und sie müssen den Lärm aushalten und auf den kleinen Stühlen sitzen. Es gibt viel zu oft zu wenige Erzieher*innen in den Kitas.

 

"Da wurde auf dem Balkon beim Kaffeetrinken gemeckert, aber nichts gemacht."

Elke Schütz kennt das sehr gut. Denn die Erzieherin ist seit 2012 Betriebsrätin bei "Kinder im Kiez", einem privaten Träger von Kindertagesstätten in Berlin mit 20 Kitas, 2.500 Kindern und 560 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Seit 2016 ist sie freigestellte Betriebsratsvorsitzende das heißt, sie arbeitet nicht mehr als Erzieherin und kann sich voll und ganz um die Betriebsratsarbeit kümmern. Schütz wollte einfach nicht mehr zuschauen: "Da wurde auf dem Balkon beim Kaffeetrinken gemeckert, aber nichts gemacht", erzählt sie. Sie kandidierte 2012 zum ersten Mal.

Frau steht neben Glasscheibe und wird darin gespiegelt

Die Arbeit in der Kita ist körperlich anstrengend. Dank Betriebsrat gibt's Entlastung zum Beispiel durch Gehörschutz oder Massagen. DGB/Christian Plambeck

Betriebsrat hat viel für Kita-Beschäftigte erreicht: Vom Gehörschutz bis zur Massage

Seitdem hat sich viel geändert. Nicht nur, weil die damals zwei Betriebsratslisten mittlerweile fusioniert sind, man an einem Strang zieht – und der Arbeitgeber mitzieht. "Wir haben eine sehr konstruktive und wertschätzende Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber", freut sich Elke Schütz. Auch die Liste der erreichten Verbesserungen ist lang: Der individuell angepasste Gehörschutz, für den man nur 30 Euro Eigenanteil zahlen muss, und für den gleich 160 Anträge vorlagen. Der Gesundheitsstuhl, den Beschäftigte bestellen können, weil die winzigen Kinderstühle so schlecht für den Rücken sind. Die Tragehilfe, weil Kindertragen nun mal schwer ist, vor allem wenn es jeden Tag gemacht wird. Spezielle Brillen für Bildschirme, weil immer viel dokumentiert werden muss. Und nicht zu vergessen die Massagen und der Gutschein zum Geburtstag.

 

"Ich habe viele Schulungen bekommen, in denen man lernt, so was durchzusetzen. Man muss sich durchbeißen, aber die Arbeit als Betriebsrat bietet mir echten Mehrwert."

Sowas durchzusetzen, erfordert viel Wissen über Rechte und Strategien. "Ich brauche was für den Kopf", sagt Elke Schütz. "Ich habe viele Schulungen bekommen, in denen man lernt, so was durchzusetzen. Man muss sich durchbeißen, aber die Arbeit als Betriebsrat bietet mir echten Mehrwert." Und es ist klar: "Mir macht kein Arbeitgeber mehr mit einem Arbeitsvertrag etwas vor.

Erzieherin Elke Schütz steht hinter einer Rutschbahn auf einem Spielplatz

Der Fachkräftemangel ist für Elkes Kolleg*innen in der Kita spürbar. Mit Betriebsvereinbarungen schützt der Betriebsrat die Erzieher*innen vor noch stärkerer Überlastung. DGB/Christian Plambeck

"Soziale Berufe neigen ohnehin dazu, sich auszubeuten, das darf man nicht fördern."

Dabei sind die Bedingungen, unter denen der Betriebsrat hier arbeitet, nicht einfach: "Kinder im Kiez" orientiert sich zwar am Branchen-Tarifvertrag, hat aber keinen. Deswegen kann nicht einfach gestreikt werden, wenn dazu von Gewerkschaften aufgerufen wird. Umso besser, dass Betriebsrat und Kita-Leitung in zentralen Fragen kooperieren.

Wie beim Fachkräftemangel, der jetzt schon groß ist und in Zukunft noch wachsen könnte. Bei dem Träger werden dafür – in begrenzter Zahl – Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter eingesetzt. "Ohne diese Kita-Helfer wären wir aufgeschmissen", sagt Elke Schütz. Und "Kinder im Kiez" hat eine eigene Fachschule für die Ausbildung. "Die Azubis werden zwar voll auf den Personalschlüssel angerechnet, aber wir bekommen dafür Ausgleichsstellen."

Alles also immer in Butter? Natürlich nicht. So hat das Gremium auch erreicht, dass die Dokumentation und der Papierkram zuhause gemacht werden durfte. Doch diese Verlagerung wuchs sich aus, die Beschäftigten verbrachten zu viel Zeit damit. "Das haben wir zurückgeholt, und jetzt wird das in der Arbeitszeit gemacht. Denn Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps – soziale Berufe neigen ohnehin dazu, sich auszubeuten, das darf man nicht fördern."

 

Frau mit braunen Haaren vor weißer Wand

Dass viele Beschäftigte der Branche glauben, dass Gewerkschaften nichts für sie tun können, ist aus Elkes Sicht falsch: "Wir zeigen doch, dass sich viel bewegt." Sie ist Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). DGB/Christian Plambeck

Elke zählt auf ihre Gewerkschaft bei der Arbeit im Betriebsrat

Die Erfolge werden begleitet vom Alltag als Betriebsrätin: Alle zwei Wochen gibt es Sitzungen, immer wieder Schulungen im Arbeitsrecht oder anderen Bereichen. Für die Beschäftigten ist die Betriebsrätin zudem telefonisch den ganzen Tag erreichbar. "Das wird gut genutzt: Mensch, Elke, wann gibt es eine Gehaltserhöhung, fragen sie, oder: Was bedeutet diese Betriebsvereinbarung? Es geht auch um Mobbing oder um Beschwerden", schildert sie die Anfragen. "Die Aufgaben sind vielschichtig und nie langweilig. Ich mache mir immer eine To-Do-Liste – dann kommt ein Anruf, und der Tag verläuft ganz anders als geplant." Dass viele Beschäftigte der Branche glauben, dass Gewerkschaften nichts für sie tun können, sei falsch: "Wir zeigen doch, dass sich viel bewegt."

Braunhaarige Frau in karierter Winterjacke auf Spielplatz

Auch bei den Betriebsratswahlen 2022 tritt Elke wieder an: Denn Arbeitsbedingungen verbessern sich nun mal nicht von selbst. DGB/Christian Plambeck

Die erfahrene Betriebsrätin hofft auf frischen Wind 

Natürlich kandidiert sie auch bei der nächsten Betriebsratswahl – mit dem Ziel, wieder im vorderen Drittel der Stimmen zu landen. Das ist nicht unwahrscheinlich, schon in der vergangenen Wahl bekam die engagierte Betriebsrätin die meisten Stimmen. Und das Gremium sucht nach neuen Kandidatinnen und Kandidaten. "Wir bieten Workshops an, wo alle Fragen gestellt werden können." Es sei nicht ganz einfach, neue Betriebsrätsmitglieder zu finden. "Wer zu einer Betriebsratssitzung geht, muss für eine paar Stunden aus der Betreuung raus. Das fällt vielen Kolleginnen schwer – Kinder sind ja keine Akten, die man mal weglegen kann." Doch Arbeitsbedingungen verbessern sich nun mal nicht von selbst. Und Elke Schütz hat für die nächsten vier Jahre auch schon Projekte vor: Ein besseres Gesundheitsmanagement und Schulungen im guten Führen. Die Ideen und die Energie gehen nicht nur den Kindern der "Kinder im Kiez" nicht aus – auch den Betriebsrät*innen nicht.

>> Mehr Informationen zu Elkes Gewerkschaft der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

>> Auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist für den Bereich Kitas zuständig und informiert hier


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